Verjährung StGB

22. März 2022 22:58 |
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Strafrecht


Beantwortet von

Zusammenfassung

Es geht um die sog. absolute Höchstdauer der Verjährungsfrist, die allerdings durch das Ruhen gem. § 78b verlängert werden (Abs. 3 S. 3) kann.

Folgende Situation. Mir wird eine Straftat vorgeworfen, die im Januar 2017 verübt wurde. Zu dieser Zeit war das Strafmaß Geldstrafe bis zu drei Jahren Haft.
Bis heute hat keine Verhandlung statt gefunden.
Ein Termin wurde auf den Juli 2022 gelegt. Nun ist es ja so, dass eine Verfolgungsverjährung maximal das doppelte der Zeit des maximal zu erwartenden Strafmaß andauern darf, was im Januar 2023 der Fall ist.
Frage: Falls es vor Ablauf der Verjährung zu einem ersten Urteil beim Amtsgericht kommt, dieses aber nicht Rechtskräftig wird, da ich in Berufung gehe, diese Berufungsverhandlung aber erst nach dem Januar 2023 statt finden würde, gilt die Sache dann als verjährt, da ja bis zu diesem Zeitpunkt keine rechtskräftige Verurteilung vorliegt?
Falls ich zum Termin im Juli aufgrund einer attestierten Prozessunfähigkeit nicht erscheine, ein weiterer Termin ebenfalls nicht statt findet, weil z.B. der RA nicht kann, usw. Welche Möglichkeiten obliegen dem Gericht, sehr kurzfristig eine Verhandlung anzuberaumen, wo z.B. eine Zwangsvorführung (z.B. durch die Polizei) statt findet (z.B. um zu verhindern das ich auf dem Weg zum Gericht unglücklich falle)?
Besten Dank und Gruß, Ihr Fragesteller

23. März 2022 | 01:18

Antwort

von


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Gerne zu Ihrer Frage:

Bis Januar 2023 ist Ihre Strategie grobsichtig (das Verjährungsrecht ist ziemlich komplex) OK.

Die Crux beginnt mit Ihre Frage "zu einem ersten Urteil beim Amtsgericht" das nicht rechtskräftig würde und die "Berufungsverhandlung aber erst nach dem Januar 2023 statt finden würde."

Denn mir liegen keine Angaben zu Zeiten des Ruhens (78 b) oder Unterbrechung (78 c) des Fristenlaufs vor. Dazu muss man vollständige Akteneinsicht des bisherigen Ermittlungsverfahrens bzw. die Anklageschrift vor.

§ 78b Abs. 3 StGB regelt den Fall, dass vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen ist. Wenn ja, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

Gem. § 78 c Absatz (3) gilt zwar:

1Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. 2Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. 3 § 78b bleibt unberührt.

Dieser (78 b) lautet:

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

Die in Abs. 3 S. 2 normierte Höchstdauer der Verjährungsfrist ist insofern „absolut", als ihr Eintritt durch Unterbrechungshandlungen nicht verhindert werden kann. [b]Allerdings kann sie durch das Ruhen gem. § 78b verlängert werden (Abs. 3 S. 3; das gilt gleichermaßen für die übrigen bei § 78b genannten Ruhensregelungen).[/b]

Ansonsten endet der Lauf der Verfolgungsverjährung mit der Rechtskraft des (freisprechenden oder verurteilenden) Urteils (BGHSt 20, 198 (200) = NJW 1965, 1146). Allerdings genügt der Schuldspruch nicht, vielmehr bedarf es des Strafausspruchs (OLG Bremen NJW 1956, 1248), ggf. einschließlich der Entscheidung über die Strafaussetzung (BGHSt 11, 393) Wird das rechtskräftige Urteil später durch die Wiederaufnahme beseitigt, ist die Frist so zu berechnen, als ob die Frist nicht geendet hätte und eine Hemmung des Fristablaufs gem. § 78b Abs. 3 nicht stattgefunden hätte


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

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