Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zu Ihren Unterhaltsfragen darf ich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage wie folgt Stellung nehmen:
1.
Die Düsseldorfer Tabelle dient der Ermittlung des Barbedarfs Ihrer Kinder und ist in jedem Fall anzuwenden. Auch wenn die Tabelle tatsächlich keine Gesetzeskraft hat, wenden die Gerichte diese durchgehend zur Ermittlung des Barbedarfs an. Eine andere Frage ist jedoch, welcher Elternteil den Barbedarf der Kinder zu decken hat. Im Grundsatz gilt bei einem Residenzmodell, bei welchem ein Elternteil die Hauptbetreuung übernimmt, dass der betreuende Elternteil seinen Unterhalt eben durch die Betreuung erbringt, während der andere Elternteil den Barbedarf deckt.
Von diesem Grundsatz kann in der Tat beim Residenzmodell aber abgewichen werden, wenn der betreuende Elternteil deutlich mehr Einkommen hat als der zum Barunterhalt Verpflichtete. Im Anschluss an eine Entscheidung des BGH vom 10.07.2013 (XII ZB 297/12) ist anzunehmen, dass der betreuende Elternteil voll für den Barunterhalt haftet, wenn er das Dreifache des nicht betreuenden Elternteils verdient. Diese Fallkonstellation ist bei Ihnen nicht gegeben, auch wenn man den Wohnvorteil in angegebener Höhe zugrunde legt.
Auch wenn keine volle Haftung des betreuenden Elternteils für den Barunterhalt angenommen werden kann, kommt aber eine zumindest anteilige, quotale Mithaftung für den Barunterhalt auch bei einem finanziellen Ungleichgewicht zugunsten des betreuenden Elternteils in Betracht.
Die Oberlandesgerichte entscheiden hier uneinheitlich. Im Wesentlichen wird aber darauf abgestellt, ob der barunterhaltspflichtige Elternteil bei höheren Einkommensverhältnissen des anderen Elternteils seinen angemessenen Selbstbehalt von 1.300,00 Euro noch wahren kann nach Abzug der Kindesunterhaltsverpflichtungen.
Bei einer Unterhaltsverpflichtung für zwei Kinder wäre ihr angemessener Selbstbehalt in jedem Fall gefährdet, so dass unter Berücksichtigung dieser Grundsätze durchaus eine quotale Mithaftung der Kindesmutter in Betracht kommt.
Hier wären die genaueren Einkommensverhältnisse noch zu prüfen. Insbesondere müssen Sie bei der Ermittlung eines Wohnvorteils auch die Hauslasten berücksichtigen. Die objektive Marktmiete muss also um die bestehenden Darlehensverbindlichkeiten für das Haus reduziert werden. Sofern dann noch immer ein deutlich höheres Einkommen Ihrer Ehefrau vorliegt, können Sie sich aber gegen die volle Haftung für den Barunterhalt zur Wehr setzen.
2.
Eine Reduzierung der Tabellenbeträge wegen einer Deckung des Wohnbedarfs kommt eher nicht in Betracht, da Sie den Wohnvorteil auf Seiten der Kindesmutter ja bereits beim Einkommen durch Zurechnung eines Wohnvorteils berücksichtigt haben. Reduziert man nun den Tabellenunterhalt um den darin enthaltenen Wohnbedarf, so würde dies zu einer doppelten Anrechnung der Wohnsituation kommen, was unzulässig ist.
3.
Die maßgebliche Entscheidung des BGH habe ich Ihnen hierzu bereits genannt. Im Anschluss daran haben – wie bereits erwähnt -, die verschiedenen Oberlandesgerichte unterschiedlich entschieden. Konsens ist aber, dass bei einem deutlichen finanziellen Ungleichgewicht eine Mithaftung des betreuenden Elternteils angenommen werden kann.
4.
Sofern Sie zukünftig ein Wechselmodell für die Kinder praktizieren werden, ändert sich die Unterhaltssituation grundlegend. In diesem Fall entfällt die grundsätzliche Aufteilung der Unterhaltslasten in Betreuungsbedarf und Barbedarf. Beide Elternteile leisten dann anteilig Betreuungsunterhalt und sind dementsprechend auch zum Barunterhalt verpflichtet. Der Bedarf der Kinder bemisst sich dann nach dem zusammengerechneten Einkommen nach der Düsseldorfer Tabelle. Ebenso werden die Einkommen der Eltern oberhalb des angemessenen Selbstbehalts ins Verhältnis gesetzt, um sodann die jeweiligen Barunterhaltspflichten zu berechnen. Auch das Kindergeld wird aufgeteilt in einen Betreuungs- und einen Barunterhaltsanteil. Die Berechnung im Einzelnen kann hier nicht erfolgen, da im Detail hier zunächst das jeweilige unterhaltsrelevante Einkommen unter Berücksichtigung verschiedener Abzugspositionen zu ermitteln wäre.
Maßgeblich ist für Sie aber zunächst, dass bei einem Wechselmodell eine beiderseitige Barunterhaltspflicht der Eltern im Verhältnis Ihrer Einkommen zueinander begründet wäre.
Die Mehrkosten für Ihre Wohnung können Sie nicht in Abzug bringen, da die Vorhaltung einer größeren Wohnung dem Kindesunterhalt nicht entgegengesetzt werden darf. Mit der Anmietung einer angemessenen Wohnung ermöglichen Sie den Kindern das Wechselmodell, was dann dadurch berücksichtigt wird, dass beide Elternteile barunterhaltspflichtig und auch betreuungsunterhaltspflichtig werden.
5.
Die Tatsache, dass Ihre Frau im Residenzmodell den Barunterhalt für die Kinder von Ihnen fordern kann, führt nicht unbedingt zu einer finanziellen Besserstellung. Zumindest während der Trennungszeit können Sie unter Umständen Ehegattenunterhalt von Ihrer Frau verlangen, da diese über ein höheres Einkommen verfügt. Zwar handelt es sich bei dem Kindesunterhalts nicht um Einkommen Ihrer Frau, da dies den Kindern zuzurechnen ist, sie sind aber durchaus aufgrund des höheren Einkommens Ihrer Ehefrau grundsätzlich unterhaltsberechtigt für Ehegattenunterhalt. Daran ändert sich nichts dadurch, dass Ihre getrennt lebende Ehefrau die Kinder hauptsächlich betreut.
Der Umstand der unterschiedlichen Vermögensschwäche wäre Gegenstand der güterrechtlichen Auseinandersetzung. Hier haben Sie unter Umständen Ausgleichsansprüche aus Zugewinn.
Ich empfehle Ihnen anwaltliche Hilfe zur Durchsetzung und weiteren Berechnung Ihrer Unterhaltssituation in Anspruch zu nehmen. Bei Bedarf stehe ich Ihnen hierfür gern zur Verfügung.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Sascha Steidel
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Fachanwalt für Familienrecht