Beamtenbeleidigung

25. Februar 2008 12:24 |
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Strafrecht


Beantwortet von


in unter 1 Stunde

Hallo, ich wurde am Wochenenende von der Polizei in eine Verwahrungsstelle mitgenommen, mir wird vorgeworfen, dass ich in einer Imbissbude ein Getränk kostenlos erhalten wollte, was ich nicht bekam. Dann hätte ich von der Theke einen Servittenständer gestoßen. Daraufhin hat der Wirt die Polizei gerufen. Ich bin anscheindend ohne dass ich zu dem Vorfall befragt wurde festgenommen worden. Ich habe mich auch nicht gewehrt. Zuvor sind wir an einer Ansammlung von Polizisten und Bürgern vorbeigegangen, ich hätte anscheinend frech gefragt, was denn hier los sei. Daraufhin habe mich ein Polizist, mit sehr gestresstem Ton, des Platzes verwiesen. Dieser Polizist nahm mich dann auch wenige Minuten später fest. Er sagte angeblich: So schnell sieht man sich wieder, was meine anwesenden Bekannten als eine Art Genugtuung seinerseits empfanden. Im Polizeiauto hätte ich angeblich zu dem Polizisten gesagt, ob er sich jetzt darauf einen runterholen wolle, dass er mich festgenommen hat. Auf der Wache habe ich angeblich einen Alkoholtest verlagt, welcher dann 1,5 Promille ergab. Ich kann mich an diese angebliche Beamtenbeleidigung nicht erinnern.
Was erwartet mich nun? (Geldstrafe von...bis...) Sollte ich versuchen auf Unzurechnungsfähigkeit abzielen? Solle ich mich entschuldigen, wenn ja, wie? Was raten Sie mir? Danke im voraus

25. Februar 2008 | 12:53

Antwort

von


(67)
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10555 Berlin
Tel: 030 / 397 492 57
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Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),

Ihre Fragen beantworte ich Ihnen gerne wie folgt:

Nach Ihrer Schilderung haben Sie sich möglicherweise wegen Beleidigung strafbar gemacht, die gemäß § 185 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden kann.

Wenn ich Ihre Schilderung richtig verstehe, wissen Sie aber bisher noch nicht, ob Sie von dem Beamten, den Sie (möglicherweise) beleidigt haben, auch tatsächlich angezeigt worden sind. Nicht alle Beamten schreiben sofort eine Anzeige, insbesondere auch deswegen, weil dies mit zusätzlicher Arbeit und ungeliebten „Schreibkram“ verbunden ist. Natürlich wird auch dem Beamten aufgefallen sein, dass Sie nicht unerheblich alkoholisiert waren (nach dem Test hatte er es dann ja auch „schwarz auf weiß“). Vielleicht sieht er deshalb von einer Anzeige ab.

Wenn es also nicht zu einer Strafanzeige durch den Polizeibeamten kommt, wird auch kein Ermittlungsverfahren gegen Sie eingeleitet werden.

Wenn ein Ermittlungsverfahren aufgrund einer Anzeige eingeleitet worden ist, werden Sie bald einen Anhörungsbogen zur schriftlichen Stellungnahme erhalten, auf den Sie antworten können, aber nicht müssen.

Ich empfehle Ihnen, alles zu versuchen, um eine Anzeige (wenn diese nicht schon erfolgt ist) zu verhindern. Dazu sollten Sie so schnell wie möglich an die Polizeidienststelle ein Schreiben verfassen, den Sachverhalt schildern und sich dafür entschuldigen (wenn Sie ein Aktenzeichen oder den Namen des Polizeibeamten haben, geben Sie dies an). Schreiben Sie aber auch, dass Sie sich aufgrund der starken Alkoholisierung nicht mehr an die angebliche Beleidigung erinnern. Vielleicht haben Sie Glück und der Beamte sieht aufgrund der Entschuldigung von einer noch geplanten Anzeige ab.

Sollte eine Anzeige schon erfolgt sein, so ist das Schreiben aber immer noch zu empfehlen. Erstens hat eine solche schriftliche Entschuldigung natürlich Auswirkungen auf die Strafhöhe (evtl. kann das Verfahren dann auch eingestellt werden), zum anderen ist die Beleidigung ein sogenanntes Antragsdelikt (§ 194 StGB ). Dies bedeutet, dass Sie deswegen nur bstraft werden können, wenn ein förmlicher Strafantrag gestellt wurde. Wurde dieser schon gestellt, kann er noch zurückgenommen werden (vgl. § 77d StGB ).

Sollte trotz Ihres Entschuldigungsschreibens das Ermittlungsverfahren eingeleitet bzw. nicht eingestellt werden, so müssen Sie sich nach Erhalt des Schreibens von der Polizei (s.o.) entscheiden, ob Sie einen Anwalt mit Ihrer Verteidigung beauftragen möchten oder nicht. Dabei spielen natürlich zum einen auch wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle (Anwaltshonorar). Zum anderen ist aber auch entscheidend, wie wichtig Ihnen eine möglichst geringe Bestrafung bzw. eine Einstellung des Verfahrens ist. Bei einer Geldstrafe ab 91 TS würde es in jedem Fall zu einem Eintrag in Ihr Führungszeugnis kommen. Wenn Sie schon vorbestraft sind, aber nur eine Geldstrafe von weniger als 90 TS erhalten haben, erolgt ein Eintrag beider Geldstrafen bei jeder Neuverurteilung zu einer Geldstrafe. Dann würde also nur eine Einstellung des Verfahrens helfen.

Zu der konkret zu erwartenden Strafhöhe kann ohne Kenntnis der Ermittlungsakte nur gemutmaßt werden, weil nicht genau bekannt ist, was Sie zu dem Polizeibeamten gesagt haben sollen. Sie müssen jedenfalls mit einer Geldstrafe rechnen, wobei bei einer Beleidigung von Polizeibeamten immer ein gewisser Aufschlag vorgenommen wird. Ohne Vorstrafe müssen Sie mit mind. 50 TS rechnen, es können aber auch durchaus (deutlich) mehr werden. Ein Tagessatz entspricht Ihrem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen geteilt durch 30.

Der Versuch, auf „Unzurechnungsfähigkeit“ zu plädieren, wird leider aussichtslos sein, weil eine verminderte Schuldfähigkeit erst ab ca. 2 Promille angenommen wird, eine fehlende Schuldfähigkeit erst ab ca. 3 Promille (vgl. §§ 20 , 21 StGB ).

Ich hoffe, dass ich Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage und Ihre Möglichkeiten verschaffen konnte. Gerne können Sie eine kostenlose Nachfrage stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Björn Cziersky-Reis
Rechtsanwalt


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