Vertragsrecht Tanzschul Clubvertrag nicht Bezahlung wegen Corona

17. April 2020 10:57 |
Preis: 80,00 € |

Vertragsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Dame und Herren,
ich besitze eine Tanzschule.

Wir haben so genannte Clubverträge mit Monatlicher Zahlung. Der Kunde hat hier einen festen Tag und Uhrzeit gebucht für einen Speziellen Club z.B. Discofox.

Unter 3.1. in unseren AGB ist die Zahlung festgelegt.
Der Kunde kann seine Vertragslaufzeit in ¼ jährlich = 54,-€ / ½ jährlich= 48,-€ oder jährlich mit 39,-€ pro Person wählen. Er hat dabei das Anrecht auf 33 Stunden Unterricht im Jahr.

Wir haben dieses Jahr schon 9 Unterrichtstunden erbracht, somit besteht noch Anrecht auf 24 Stunden für dieses Jahr.

Rein rechnerisch, würden wir ab den 3.5.2020 die Ferienzeit voll durchunterrichten, könnten wir noch 44 Stunden leisten. Somit einen wäre ein Puffer von 20 Stunden vorhanden.

Des Weiteren haben wir kostenfrei für die Kunden Online Videos und Live Stream Videos seit den 16.3.2020 aufgeschaltet.

Wir haben alle Clubkunden auf diese Tatsache schon informiert.

Nun schreiben uns die Kunden an:
Bis auf weiteres widerrufe ich nun aufgrund der derzeitigen Situation die Einzugsermächtigung meines Kontos.
Aus gesetzlicher Sicht liegt derzeit eine Vertrag Störung vor und somit sind beide Vertragspartner von ihrer Leistungspflicht befreit.
Eine erneute Abbuchung werde ich widerrufen.

Meine Frage:
1. Ist meine Argumentation das wir unsere Leistung noch erbringen können richtig?
2. Darf der Kunde die Gebühr zurückhalten?
3. Hat der Kunde eine Aussetzung oder Kündigungsrecht?
4. Was ist für uns noch zu berücksichtigen zur Erbringung unserer Leistung?

Auszug aus unseren AGB Clubvertrag:

Clubsystem Allgemein

1. Allgemeines

1.1. Rechtsgültigkeit / Vertragsbestandteile Die Anmeldung ist ein Abschluss eines Tanzschulvertrages der für die Anmeldenden bis zum Tag des Clubbeginn bindend ist. Die Rechtsgültigkeit dieses Vertrages kommt mit der Unterschrift oder der Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen zustande. Die aushängende Hausordnung und die Preise, Angaben und Bedingungen des aktuellen Prospektes sind Bestandteile der allgemeinen Geschäftsbedingungen und des Vertrages. Sie werden mit der Unterschrift anerkannt. Eine schriftliche Bestätigung der Clubanmeldung erfolgt nicht

1.2. Auskünfte / Zusagen Den Anordnungen des Personals ist Folge zu leisten. Mündliche Auskünfte und Zusagen des Personals begründen eine rechtliche Verpflichtung nur dann, wenn sie von der Tanzschule schriftlich bestätigt werden

1.3. Unterrichtsfreie Zeiten Während der gesetzlichen Feiertage, der Schulferien Baden Württemberg findet grundsätzlich kein Clubunterricht statt. Veranstaltet die Tanzschule einen Ball oder eine sonstige größere Tanzveranstaltung, findet an diesem Tag ab 18:00 Uhr kein Unterricht mehr statt. Ausnahmen werden gesondert angekündigt. Für versäumte Stunden oder vorzeitiges Ausscheiden des Tanzschüler/der Tanzschülerin aus einem Club kann keine Rückzahlung erfolgen

1.4. Lehrpersonal / Räumlichkeiten / Unterrichtsgestaltung Die Auswahl des Lehrpersonals für die Kurse und Clubs, die Auswahl der Veranstaltungsräume am Ort sowie die Gestaltung des Unterrichts sowohl im Programm, als auch im zeitlichen Ablauf bleibt ausschließlich der Tanzschule vorbehalten.

1.5. Teilnehmer / Teilnehmerzahl Clubs werden grundsätzlich nur ab einer Teilnehmerzahl von mindestens 8 Personen durchgeführt. Die Tanzschule behält sich das Recht vor, Clubs mit einer zu kleinen Teilnehmerzahl zusammenzulegen oder abzusagen ohne das dadurch Verpflichtungen für die Tanzschule entstehen. Die Teilnehmer und die Teilnehmerzahl des Clubs werden ausschließlich von der Tanzschule bestimmt, die Clubteilnehmer haben diesbezüglich kein Mitspracherecht. Wird die Mindest-teilnehmerzahl nicht erreicht, so werden die Teilnehmer von uns Informiert. Die Möglichkeit der Aufzahlung auf die Mindestteilnehmerzahl wird hingewiesen.

1.6. Singles Alle Clubs sind für Singles. Die Tanzschule ist nicht verpflichtet, Clubteilnehmer, die sich als Single anmelden, einen Hospitanten zur Verfügung zu stellen, sie kann lediglich bei der Vermittlung eines Tanzpartners unverbindlich behilflich sein. Die Tanzpartnerbörse ist ebenfalls ein für die Tanzschule unverbindliches Instrument zur Tanzpartnersuche. Das "Nichterscheinen" und / oder das tänzerische Können eines Tanzpartners entbindet nicht von der Zahlung des Clubbeitrages und stellt kein außerordentliches Kündigungsrecht dar.

1.7. Zahlungsbedingungen Alle im Prospekt angegebenen Preise gelten nur in Verbindung mit den dazugehörigen Zahlungsbedingungen. Clubhonorare werden in der Regel zum 1. des Monats im Lastschriftverfahren eingezogen, dies gilt auch für die Ferien und sonstige veranstaltungsfreie Zeiten. Bei Vereinbarung abweichender Zahlungsmodalitäten wird wegen des höheren administrativen Aufwandes eine Bearbeitungsgebühr von 4,- € / Pers. erhoben. Auch eine unverschuldete Nichtteilnahme am Club oder an einer sonstigen Veranstaltung entbindet nicht von der Zahlungspflicht. Der Anspruch auf das Honorar entfällt nicht bei unverschuldeten Tanzschulausfällen, die Tanzschule verpflichtet sich, dafür Sorge zu tragen, dass unverschuldet ausfallende Tanzstunden innerhalb angemessener Zeit nachgeholt werden können.

1.8. Zahlungsverzug Bei verspäteter Zahlung (Verzug) werden, unbeschadet weitergehender Ansprüche, Mahnkosten in Höhe von 2,50 € und Verzugszinsen in mindestens gesetzlicher Höhe berechnet. Bankgebühren und / oder sonstige Auslagen aufgrund von Rücklastschriften, die der Clubteilnehmer zu vertreten hat, sind der Tanzschule zu erstatten.

1.9. Gefahren Die Teilnahme an allen Clubs und Veranstaltungen erfolgt auf eigene Gefahr. Die Unfallversicherung ist Sache des Kursteilnehmers. Für Garderobe wird nicht gehaftet.

3.1 Das ausgewiesene Monatshonorar entspricht 1/12 des Jahreshonorars für 33 Wochen mit je 1 Stunde Unterricht. Der Clubunterricht findet einmal pro Woche zu dem von der Tanzschule festgesetzten Termin statt.

3.2. Das Clubmitglied kann nur an dem Clubunterricht teilnehmen, zu dem es angemeldet und für den es seinen Clubbeitrag gezahlt hat. Beabsichtigt ein Clubmitglied, an einem weiteren oder an mehreren Clubs teilzunehmen, muss es sich für diesen Club gesondert anmelden und hierfür einen ermäßigten Beitrag bezahlen.


Wir bedanken uns für Ihre Auskunft

17. April 2020 | 12:43

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben wie folgt beantworte:



1. Ist meine Argumentation das wir unsere Leistung noch erbringen können richtig?

Ihre Argumentation wird jedenfalls von den Vertragsbestimmungen in Ziffern 1.3 (Unterrichtsfreie Zeiten) und 1.4 (Unterrichtsgestaltung) gestützt.

Auf der anderen Seite steht die Bestimmung in Ziffer 3.1 nach der jedenfalls einmal pro Woche Unterricht stattfindet.

Daher würde ich bei der Vertragsgestaltung davon ausgehen, daß Sie grundsätzlich dazu verpflichtet sind die vertraglichen Leistungen in Anbetracht der monatlichen Zahlungsweise auch zumindest teilweise in dem jeweiligen Monat zu erbringen und nicht einfach einseitig bestimmen können alle Kurse im Herbst o.ä. abzuhalten.


2. Aufgrund der behördlichen Anordnungen zur Corona-Epidemie wird ihre Leistungspflicht zumindest für die laufenden Monate während der Anordnung unmöglich.

Dies bedeutet diese Leistung kann derzeit nicht mehr erbracht werden.


In diesem Fall verlieren Sie nach § 326 BGB den Anspruch auf die Gegenleistung, d.h. das Entgelt für diese Leistungen kann nicht verlangt werden, selbst wenn Sie kein Verschulden an diesem Zustand trifft.

Nach dieser bisher geltenden Rechtslage wären Sie aller Voraussicht nach verpflichtet, die Erhebung der Monatsbeiträge einzustellen bzw. für die Zeit der Schließung zu erstatten.

Ein Kündigungsrecht wird im Regelfall eher abgelehnt, man könnte hier stattdessen an eine Aussetzung der beiderseitigen Verpflichtungen denken.


3. Allerdings ist die Regierung aufgrund der schwierigen Lage von Veranstaltern und Betreibern gerade dabei eine gesetzliche Lösung für Freizeitveranstaltungen zu erarbeiten, die vermutlich auch auf ihren Betrieb Anwendung finden dürfte.

Vom Bundesministerium der Justiz heißt es dazu wie folgt:

„Veranstalter sollen berechtigt sein, der Inhaberin oder dem Inhaber einer Eintrittskarte statt der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein in Höhe des Eintrittspreises auszustellen. Dieser Wertgutschein kann dann entweder für die Nachholveranstaltung oder alternativ für eine andere Veranstaltung des Veranstalters eingelöst werden. Entsprechend wird dem Betreiber einer Freizeiteinrichtung das Recht gegeben, der oder dem Nutzungsberechtigten einen Gutschein zu übergeben, der dem Wert des nicht genutzten Teils der Berechtigung wie einer Jahreskarte entspricht."

Mit anderen Worten: Nach dieser Gesetzesänderung wären Sie berechtigt den jeweiligen Teilnehmern bzw. Mitgliedern einen Gutschein für die veranstaltungsfreie Zeit auszustellen.

Die Mitglieder wären aufgrund dieser Gutscheine berechtigt, die Veranstaltungen bis Ende 2021 nachzuholen und Sie haben die Berechtigung die Mitgliedsbeiträge weiterhin einzuziehen.

Da sich der ganze Vorgang zurzeit im Gesetzgebungsverfahren befindet und hochaktuell ist bitte ich um Verständnis, daß man eine endgültige Einschätzung wohl erst abgeben kann, wenn die Verfahren abgeschlossen sind und ggf. eine gerichtliche Überprüfung bzgl. der sogenannten Gutschein-Lösung vorliegt.



Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen


Thomas Mack
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 17. April 2020 | 16:18

Ich Danke Ihnen für die schnelle Antwort.

Zu Ihrer Frage: 1. Ist meine Argumentation das wir unsere Leistung noch erbringen können richtig?
JA

unter:

3.1 Das ausgewiesene Monatshonorar entspricht 1/12 des Jahreshonorars für 33 Wochen mit je 1 Stunde Unterricht. Der Clubunterricht findet einmal pro Woche zu dem von der Tanzschule festgesetzten Termin statt.

lest sich dies hieraus ableiten das wir die Leistung noch erbringen können?

Die Clubs würden am gleichen Wochentag und Uhrzeit wie gewohnt nach der Wiederaufnahme stattfinden.


Mit freundliche Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 17. April 2020 | 17:00

Sehr geehrter Ratsuchender,

gerne möchte ich Ihre Nachfrage wie folgt beantworten:

Wenn die oben erwähnte gesetzliche Neuregelung so umgesetzt wird wie angekündigt, dann gehe ich ebenfalls davon aus, daß Sie sich mit ihrem Kursprogramm darauf berufen können.

Die betreffenden Kurse würden dann nach der Aufhebung des Veranstaltungsverbots nachgeholt.
Die Begründung wäre dann jedoch eher die o.g. Neuregelung – die von der Bundesregierung bereits angekündigt ist – in Kombination mit der Möglichkeit der Nachholung und nicht alleine die Vertragsbestimmung in Ziffer 3.1.

Die Nachholung soll wie zuvor erwähnt bis Ende des Jahres 2021 möglich sein.


Ich hoffe ich konnte Ihre Nachfrage zufriedenstellend beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Mack
Rechtsanwalt


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