Franchisevertrag jetzt noch kündigen?

30. September 2019 14:51 |
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Vertragsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Hallo, es geht um folgendes:
Ich habe einen Franchisevertrag als Franchisenehmer und bin mir nicht ganz sicher bei der Kündigungsfrist:

Auszug aus dem Vertrag:

"(Abs.1) Der vorliegender Franchisevertrag wird für die Dauer vom 01.04.2019 bis zum 31.10.2019 geschlossen. Zum 01.10.2019 verlängert sich der Franchisevertrag um weitere fünf Jahre, sofern der Franchisenehmer weiterhin gewillt ist mit Firma "XYZ" Standorte zu betreiben. Er tritt mit seiner Unterzeichnung (01.03.2019) in Kraft.

(Abs. 2) Wird der Vertrag nicht mindestens drei Monate vor seinem Ablauf von einer der Parteien gekündigt, so verlängert er sich automatisch um ein weiteres Jahr."

Folgende Frage: Kann der Vertrag nun noch bis zum 30.09.2019 (also heute) gekündigt werden, oder gilt die dreimonatige Kündigungsfrist auch für die erste Phase vom 01.04.-31.10.?

Vielen dank schon jetzt!

30. September 2019 | 15:54

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Grundsätzlich richten sich die Kündigungsfristen bei Franchiseverträgen nach vertraglichen Regelungen. Oftmals läuft so ein Vertrag auf bestimmte Zeit und ist dann vor dem Ablauf der Laufzeit nur kündbar, wenn etwas entsprechendes im Vertrag vereinbart ist. Ohne die Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit ( bei Ihnen nach Ablauf von 5 Jahren jeweils 3 Monate vor dem Vertragsjahresende möglich ). Sie binden sich nach dem 01.10. 2019 also zunächst für 5 Jahre.

Ist eine ordentliche Kündigungsfrist im Vertrag nicht erwähnt bleibt nur das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 314 BGB , wenn im Vertragspartner schwerwiegende Gründe , die trotz Abmahnung nicht abgestellt wurden, oder sonstige wichtige Gründe vorliegen, die ein festhalten Am Vertrag unzumutbar machen. Dieses Recht nach § 314 BGB kann auch bei Laufzeitverträgen nicht ausgeschlossen werden.

Ebenfalls für den Vertrag gilt der § 89 HGB , wenn vertragliche Regelungen zu Laufzeit und Kündigung nicht getroffen wurden.

In Ihrem Fall wurde zwar eine Regelung zur Kündigung getroffen, diese ist für das erste halbe Jahr jedoch meines Erachtens sehr intransparent. Denn man könnte vermuten, dass die dreimonatige Kündigungsfrist auch hier gilt oder dass es reicht- unabhängig von einer Frist- den Willen kundzutun, nicht mehr mit dem Partner zusammenzuarbeiten. Ich tendiere zu der Auslegung, dass es fristunabhängig genügt, den Willen kundzutun ( natürlich in nachweisbarer Schriftform), nicht mehr mit dem Franchisegeber an den Standorten XY arbeiten zu wollen. Denn die erste Vertragsverlängerung ab 01.11.2019 steht unter der Bedingung, dass Sie weiter mit dem Franchisegeber arbeiten wollen. Hier bedarf es also einer Willensäußerung von Ihnen , ob sie gewillt sind oder nicht. Bei Unwillen endet der Vertrag am 31.10. 2019. Eine Kündigung erscheint hier nicht erforderlich. Die Bekundung zum Thema nicht weiter zusammen arbeiten zu wollen, sollte aber in jedem Fall schriftlich und nachweisbar erfolgen (E-Mail, FAX und Einwurfeinschreiben).

Fazit: Ich sehe es so, dass der Vertrag heute noch "gekündigt" ( = Unwillen äußern, weiter als Franchisenehmer zu arbeiten) werden kann, und der Absatz 2 sich nur auf eine Zeit nach den 5 Jahren beziehen kann.

Für vollends verständlich halte ich die Regelung jedoch nicht, da sie einen eigenen Absatz erhalten hat. Somit könnte man systematisch und nach dem Wortlaut auch davon ausgehen, dass sie sich auf den gesamten ersten Absatz bezieht, womit Sie aber für die 5 Jahre unklar bleiben würde.
Damit ist diese Regelung meines Erachtens unklar und intransparent, so dass § 89 HGB zumindest ergänzend betrachtet werden sollte.

Dieser besagt:

(1) Ist das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, so kann es im ersten Jahr der Vertragsdauer mit einer Frist von einem Monat, im zweiten Jahr mit einer Frist von zwei Monaten und im dritten bis fünften Jahr mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Die Kündigung ist nur für den Schluß eines Kalendermonats zulässig, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen ist.
(2) Die Kündigungsfristen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 können durch Vereinbarung verlängert werden; die Frist darf für den Unternehmer nicht kürzer sein als für den Handelsvertreter. Bei Vereinbarung einer kürzeren Frist für den Unternehmer gilt die für den Handelsvertreter vereinbarte Frist.
(3) Ein für eine bestimmte Zeit eingegangenes Vertragsverhältnis, das nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit von beiden Teilen fortgesetzt wird, gilt als auf unbestimmte Zeit verlängert. Für die Bestimmung der Kündigungsfristen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 ist die Gesamtdauer des Vertragsverhältnisses maßgeblich.

Ihr Vertrag ist zunächst auf bestimmte Zeit geschlossen ( bis 31.10. 2019), so dass Abs. 1 auf Sie nicht passt. Ohne Bekundung weiter arbeiten zu wollen kommt es nämlich nicht zu dem Vertrag auf unbestimmte Zeit (unbestimmt deshalb, weil er sich beliebig oft verlängert, wenn keine Kündigung eingeht). Grundsätzlich endet Ihr Vertrag also automatisch am 31.10.2019, wenn es nicht Ihrem Willen entspricht, weiterzuarbeiten. Die Kündigungsfristen sind danach für 5 Jahre ausgeschlossen und dann tritt eine jährliche Kündbarkeit ein.
Auch nach § 89 HGB ist also eine Kündigung nicht erforderlich, da der Vertrag zunächst auf bestimmte Zeit geschlossen ist, und danach eine Bedingung ( Ihr Wille zur Weiterführung) vorliegen muss. Der Vertrag endet automatisch, wenn die Bedingung nicht vorliegt.

Fazit 2: Der Vertrag ist derzeit auf bestimmte Zeit geschlossen und endet automatisch mit dem Ablauf des 31.10.2019, wenn er nicht mit Ihrem Willen fortgesetzt wird. Dennoch würde ich, wenn Sie Ihre Entscheidung heut schon fest getroffen haben, den Franchisegeber heute noch Anschreiben, um nachweisbar mitzuteilen, dass Sie nicht weiterarbeiten wollen.

Gesamtergebnis: Eine Kündigung ist nicht erforderlich, wohl aber die Kundgabe des Willens, nicht mehr mit dem Franchisegeber an den Standorten XY arbeiten zu wollen. Dies sollten Sie möglichst schnell erledigen.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwältin Doreen Prochnow

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