Verantwortlichkeit für die Zustellung von Steuerpost

10. Juli 2019 23:45 |
Preis: 50€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Steuerrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Wir haben hier das Problem, dass die Post sehr unzuverlässig ist. Manche Post kommt gar nicht, manche erst nach einigen Wochen und ja, manchmal kommt auch was pünktlich. Die Post redet sich raus mit Personalengpässen, deswegen wird nur noch 2-3 Mal die Woche ausgetragen. Die Post empfiehlt die Nutzung von Einschreiben, die kommen pünktlich. Die Bundesnetzagentur meinte zur Beschwerde: Ist zur Kenntnis genommen, wir werden in der Statistik berücksichtigt.

Jetzt habe ich das mehrmals dem Finanzamt mitgeteilt (geht seit Jahren) und um eine Zustellung per Einschreiben oder Fax gebeten. Das Finanzamt kommt der Bitte nicht nach. Meisstens kommen die Briefe ja an, letztlich aber mal wieder eine grosse Forderung eben nicht. Ich habe davon erfahren als die Mahnkosten hoch waren, es kurz vor der Pfändung stand und die Einspruchsfrist für den Steuerbescheid vorbei war.

Das Finanzamt sagt "interessiert uns nicht" und verweist darauf, dass ich meinen Briefkasten richtig beschriften soll. Witzig sind die ja schon manchmal.

Einfamilienhaus, 1 Briefkasten, sichtbar, sauber beschriftet.

Drum nun die Fragen:
Wer ist für die Zustellung verantwortlich?
Muss ich die Mahngebühren akzeptieren?
Muss ich den Ablauf von Einspruchsfristen akzeptieren?
Was kann ich dagegen machen? (Also gegen die Haltung des Finanzamtes)

11. Juli 2019 | 00:49

Antwort

von


(59)
Tackheide 74a
47804 Krefeld
Tel: 02151 4467408
Web: https://www.steuerrecht-krefeld.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen und des Einsatzes für eine Ersteinschätzung verbindlich wie folgt beantworten:

Die Rechtslage ist grundsätzlich klar. Nach der Rechtsprechung trägt das Finanzamt die Beweislast dafür, dass der Brief bekanntgegeben worden. Es ist also so, dass nicht Sie dem Finanzamt beweisen müssen, dass der Brief nicht angekommen ist, sondern das Finanzamt Ihnen beweisen muss, dass der Brief angekommen ist. Hat das Finanzamt den Brief nicht mit Einschreiben bekanntgegeben, kann es diesen Beweis nicht führen. Es ist daher davon auszugehen, dass Ihnen der Bescheid nicht zugegangen ist. Folglich ist bis heute kein Bescheid ergangen, wenn er Ihnen nicht nachträglich bekanntgegeben wurde, so dass Sie bis heute keine Einspruchsfrist versäumt haben und auch keine Mahnkosten entstanden sind. Auf die fehlende Bekanntgabe des Bescheides sollten Sie hinweisen.

Bei dieser Beurteilung gehe ich davon aus, dass Sie durch eine Mahnung von der Höhe der Mahnkosten erfahren haben, so dass sich daraus keine Rückschlüsse darauf ergeben können, dass der Bescheid vielleicht doch zugestellt worden sein könnte.

Damit ist Ihnen vielleicht vorliegend, aber nicht für die Zukunft geholfen.

Grundsätzlich könnte das Finanzamt davon ausgehen, dass die Post relativ zuverlässig zustellt. Wenn Sie ständig Post nicht oder zu spät erhalten, könnte das daher vom Finanzamt als Schutzbehauptung ausgelegt werden. Aus diesem Grund sollten Sie vorbeugen.

Daher sollte Schriftverkehr mit der Post geführt und darauf bestanden werden, dass die Post Ihnen schriftlich antwortet, so dass Sie nachweisen können, dass die Zustellung an Sie unzuverlässig ist.

Sie sollten - wie Sie es bereits getan haben - dem Finanzamt schriftlich mitteilen, dass bei Ihnen Zustellprobleme bestehen, und zwar nachweisbar durch Einschreiben, FAX oder ähnliches.

Wenn bei Ihnen Zustellprobleme bestehen, dürften diese auch bei Ihrem Nachbarn oder im gesamten Zustellbezirk bestehen. Daher könnten Sie Zeugen dafür aufführen, dass Zustellprobleme bestehen.

Bei den vorgeschlagenen Maßnahmen handelt es sich um nichts anderes als um vorbeugende Maßnahmen, die nichts daran ändern, dass grundsätzlich das Finanzamt die Zustellung beweisen muss. Das könnte bei ständigen Problemen je nach Sichtweise auch anders beurteilt werden.

Verhindern können Sie die Probleme, wenn Sie mit der Abgabe der elektronischen Erklärung die Übermittlung des Bescheides per E-Mail beantragen. Dann erhalten Sie auf jeden Fall Kenntnis von dem Bescheid und können sich darauf einrichten.

Sie können das Finanzamt nicht zwingen, per Einschreiben oder FAX zuzustellen. Dann hat das Finanzamt aber den Nachteil zu tragen, dass es Ihnen die Bekanntgabe des Bescheides nicht nachweisen kann.

Für dieses Mal sollte Sie aber um die zu hohe Steuernachforderung herumkommen. Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen geholfen zu haben und wäre für eine 5-Sterne-Beurteilung (ansonsten besser keine) dankbar. Gerne stehe ich Ihnen für eine erforderliche Korrenspondenz mit dem Finanzamt zur Verfügung.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Franz Meyer
Rechtsanwalt
Steuerrecht Steuerstrafrecht


Rechtsanwalt Franz Meyer

Ergänzung vom Anwalt 11. Juli 2019 | 01:04

Sehr geehrter Herr Fragesteller,

es ist noch eine kurze Ergänzung für den Fall erforderlich, dass der Brief (nur) verspätet angekommen ist.

Für diesen Fall müssen Sie substantiiert Umstände darlegen, aus denen auf die mehr als bloß theoretische Möglichkeit geschlossen werden, dass der Bescheid nicht innerhalb der Dreitagesfrist des § 122 Abgabenordnung zugegangen ist. Ein einfache Bestreiten dergestalte, es sei häufiger in diesem Zustellbezirk zu Unregelmäßigkeiten gekommen, reicht nicht aus. Um überhaupt eine atypische Postlaufzeit darzulegen, ist nach der Rechtsprechung des BFH die Aufbewahrung des Briefumschlages und die sofortige Ermittlung der Postlaufzeit sowie die ebenfalls sofortige telefonische (ggfs. auch per FAX) Benachrichtigung des Finanzamts erforderlich. Diese Rechtsprechung wird zwar ernsthaft kritisiert. Aber im Zweifel ist die Rechtsprechung am längeren Hebel.

MIt freundlichen Grüßen
Franz Meyer

ANTWORT VON

(59)

Tackheide 74a
47804 Krefeld
Tel: 02151 4467408
Web: https://www.steuerrecht-krefeld.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Haftungsrecht der StB, Steuerstrafrecht, Sozialversicherungsrecht, Steuerrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...
FRAGESTELLER