Kosten Abschleppwagen gerechtfertigt und Frage zu Schadensminderungspflicht

| 19. Mai 2019 12:01 |
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Verkehrsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Ralf Hauser, LL.M.

folgender Fall:

ich - Techniker im Außendienst für Bankenservice - bin in Stuttgart auf einen (in meinen Augen öffentlichen) Parkplatz gefahren, habe einen Parkschein gelöst und bin dann bei der Bank meiner Tätigkeit nachgegangen.
Was mir entgangen ist, dass ein Teil der Parkplätze privat sind, was auch der Parkplatz war, auf den ich meinen Wagen abgestellt habe (war auch mit "Privatparkplatz" gekennzeichnet).
Als ich rund 20 Minuten später wieder zum Wagen zurückgekommen bin, war bereits der Abschleppwagen da und der Wagen hing bereits an der Abschleppkralle.
Der Abschleppwagenfahrer hat den Wagen erst wieder nach der Zahlung von 145,18€ herabgelassen.

meine Fragen:
1.) ist die Höhe der Kosten von 145,18€ für eine LEERFAHRT (Auto war bereits an der Abschleppkralle, wurde dann aber wieder heruntergelassen) für Stuttgart gerechtfertigt?


2.) Das Parkticket habe ich um 10:37 Uhr gelöst, Punkt 11:00 Uhr habe ich mit einem anderen Geschädigten dem es genauso ging (es waren ZWEI Abschleppwagen da), bereits die Telefonnummern ausgetauscht. Sprich es waren vom Verlassen des Parkplatzes bis zum Wieder-Eintreffen gerade einmal 20 Minuten vergangen.
Auf der Homepage der Anwaltsauskunft habe ich folgenden Hinweis gefunden:

https://anwaltauskunft.de/magazin/mobilitaet/auto/was-gilt-beim-abschleppen-von-privaten-parkplaetzen

"Es empfiehlt sich deshalb, das Fahrzeug nicht sofort abschleppen zu lassen, sondern zunächst abzuwarten, ob der Fahrer zurückkehrt. Es gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Bevor man abschleppen lässt, sollt man zunächst alle anderen Mittel prüfen. Wenn man einen Hinweis darauf hat, wo der Fahrer des Fahrzeugs sich aufhält – zum Beispiel, wenn man ihn beim Betreten des Nachbarhauses beobachtet hat – sollte man ihn zunächst aufsuchen und zum Entfernen des Fahrzeugs auffordern."

Es gab seitens des Parkplatzeigentümers keine Wartezeit, keine Suche nach mir, keine Halterabfrage etc. Hier wurde nur stumpf zum Telefon gegriffen und das Abschleppunternehmen angerufen.

kann hier in Bezug auf die Schadensminderungspflicht dagegen vorgegangen werden?


3.) wie erwähnt bin ich Angestellter Techniker im Außendienst. Auf meinem Wagen steht hinten auf dem Kofferraumdeckel der Name der Firma.
aus dem Namen ist ersichtlich dass es sich um eine Firma dreht, die Service für Banken anbietet. Die Bank ist auf der anderen Seite der Straße.

in meinen Augen hätte der Parkplatzeigentümer die Bank aufsuchen müssen/können, und/oder in der Firma anrufen können (Name stand ja auf dem Kofferraumdeckel), um den Schaden abzuwehren, was aber nicht passiert ist.

auch hier die Frage, kann hier in Bezug auf die Schadensminderungspflicht dagegen vorgegangen werden?

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Zu 1.:
Die Kosten für die "Leerfahrt" sind angemessen. Zunächst ist festzustellen, dass die Höhe nicht zu beanstanden ist, da diese üblich ist. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat dies in einem Urteil aus dem Jahr 2002 für einen Betrag von ca. 270 DM festgestellt, so dass der Eurobetrag von ca. 145 Euro nicht zu beanstanden ist. Zeitig nachfolgende Urteile haben die Ansicht bestätigt. Die Grundsätze aus dem verwaltungsgerichtlichen Urteil sind auch auf Ihren Fall anzuwenden, da der Betrag unabhängig davon, ob es sich um eine Behörde oder eine Privatperson handelt, zu bewerten ist. Es handelt sich insofern nämlich um Kosten für das Abschleppunternehmen.

Auch steht dem nicht entgegen, dass es sich um eine "Leerfahrt" handelt, denn die Kosten für das Abschleppunternehmen waren bereits durch die Anfahrt und das Anlegen der Abschleppkralle entstanden und der Auftrag konnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr storniert werden.

Zu 2.:
Richtig ist die von Ihnen gefundene Auskunft bei der Anwaltsauskunft. Jedoch wird auch hier richtigerweise von "empfohlen" gesprochen. Eine Pflicht hierzu wird nicht festgestellt. Die Zeit, die Sie nicht am Fahrzeug waren, spielt hierbei aber nur bedingt eine Rolle. Es sind keine hohen Anforderungen an eine Warte- oder Nachforschungspflicht hinsichtlich des Fahrers zu stellen. Die Schadenminderungspflicht des Parkplatzeigentümers ist daher stark begrenzt. Auch die Anwaltsauskunft weist zutreffenderweise darauf hin, dass andere Umstände hinzutreten müssen. Denn die Erfolgsaussichten dürfen nicht ungewiss sein und die Ermittlung des Fahrers darf keine Verzögerungen mitsichbringen. Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn der Parkplatzeigentümer Sie beim Betreten der Bank beobachtet hat und so eine sichere Erkenntnis darüber hat, dass Sie sich in der Bank befinden. Auch der Name auf dem Fahrzeug ändert hieran nichts, da dieser keine konkreten Angaben zu Ihrem aktuellen Aufenthalt gibt, selbst wenn hieraus ersichtlich ist, dass es sich um eine Firma handelt, die Service für Banken anbietet. Eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist nämlich nur dann in Betracht zu ziehen, wenn der Fahrer des Fahrzeuges ohne Schwierigkeiten und ohne Verzögerung festgestellt und zur Beseitigung des verbotswidrigen Parkens veranlasst werden kann. Auf eine Nachforschungspflicht mit ungewissem Ausgang muss sich der Abschleppende nicht verweisen lassen. Die Rechtsprechung hat in einem Fall, in dem der verbotswidrig Parkende seine Handynummer hinterlassen hat, eine Unverhältnismäßigkeit verneint. Dies gilt dann erst recht, wenn zum Herausfinden der Nummer noch weitere Schritte erforderlich sind.

Ich bedauere, Ihnen keine positivere Auskunft geben zu können.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 19. Mai 2019 | 13:50

Vielen Dank für die Antwort welche mir noch eine Rückfrage zu folgendem Satz aufwirft:

Sie schrieben:
"Die Rechtsprechung hat in einem Fall, in dem der verbotswidrig Parkende seine Handynummer hinterlassen hat, eine Unverhältnismäßigkeit verneint."

Dies bedeutet dass das hinterlassen einer Handynummer im Fahrzeug verhältnismäßig wäre?
habe ich das richtig verstanden?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. Mai 2019 | 14:08

Sehr geehrter Fragesteller,

im Fall mit der Handynummer hinterließ der verbotswidrig Parkende einen Zettel, auf dem seine Handynummer stand. Die Rechtsprechung geht dahingehend, dass trotz Hinterlassens der Handynummer ein sofortiges Abschleppen möglich ist. Das Hinterlassen der Handynummer, so die Rechtsprechung, biete keine konkrete Angabe zu dem Aufenthaltsort des verbotswidrig Parkenden und lässt damit ein sofortiges Abschleppen zu.

Das Abschleppen wurde daher als verhältnismäßig bewertet.

Mit freundlichen Grüßen
Ralf Hauser, LL.M.
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 19. Mai 2019 | 18:34

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