Videoüberwachung Mehrfamilienhaus in der Schleuse zur Garage

9. Februar 2017 22:43 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


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Zusammenfassung

Ist eine Videoüberwachung des Vorraums zwischen Tiefgarage und Privatkellern in einem Mehrfamilienhaus zulässig?

Nein, die Videoüberwachung des Vorraums zwischen Tiefgarage und Privatkellern ist in einem Mehrfamilienhaus grundsätzlich unzulässig, da sie das Persönlichkeitsrecht der Mieter und Wohnungseigentümer verletzt. Eine Ausnahme könnte nur dann gelten, wenn alle betroffenen Parteien zustimmen und die Videoüberwachung zur Sicherheit beiträgt. Zudem wäre eine Anbringung von Hinweisschildern erforderlich. Ohne Einstimmigkeit wären nur Kameraattrappen zulässig.

Unser Mehrfamilienhaus hat im Keller einen Zugang zur Tiefgarage. Ein kleiner Vorraum trennt mit je einer Tür in jede Richtung Haus und Garage. Diese Türen dürfen nicht verschlossen werden, da sie den offiziellen Fluchtweg aus der Garage darstellen. Eine dritte Tür führt vom kleinen Vorraum zu den Privatkellern.

Sprich: jeder kann ohne Schlüssel von der Tiefgarage in den Hausflur des Mehrfamilienhauses gelangen. In die Tiefgarage zu gelangen, ist nicht besonders schwierig. In der Tiefgarage ist es schon wiederholt zu Diebstählen gekommen.

Frage: ist es möglich, in dem kleinen Vorraum eine Kamera zur Videoüberwachung anzubringen? Natürlich würde man mit einem Schild in der Garage darauf hinweisen. Und natürlich müssten alle sieben Parteien (und in einigen Fällen deren Mieter) zustimmen. Gegebenenfalls auch der Hausmeister.

Hier im Forum und auch anderswo wird in solchen Fällen meist das Persönlichkeitsrecht höher gewertet und von einer Überwachung abgeraten. Ich könnte mir aber vorstellen, dass dieser spezielle Fall anders liegt, da kein öffentlicher Raum gefilmt wird und auch keine Lieferanten, Postboten o.ä. diesen Weg gehen. Auch Gäste kommen in der Regel durch die Haupteingangstür im Erdgeschoss. Ist eine Überwachung in diesem Fall zulässig? Können die Bilder von der Polizei benutzt werden oder kann die Kamera primär nur zu Abschreckunszwecken eingesetzt werden? Welche Probleme könnten auftreten?

Eingrenzung vom Fragesteller
9. Februar 2017 | 22:48
10. Februar 2017 | 00:09

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

In der Tat handelt es sich bei dem von Ihnen geschilderten Fall um eine Abweichung zu den üblichen Überwachungen im Eingangsbereich von Wohnobjekten, welche regelmäßig einer breiten Öffentlichkeit zum Verkehr zustehen können (je nach Kameraüberwachungswinkel).

Gleichwohl gilt auch in dem Tiefgaragenbereich das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Wohnungseigentümer nach Art. 2 Abs. 1 GG . Dieses genießt Vorrang vor einem Schutz bzw. einer Abschreckung ggü. potentiellen Diebstählen.

Das LG München I hat mit Beschluss vom. 11.11.2011 (Az, 1 S 12752/11 WEG) einen vergleichbaren Fall entscheiden. In der Entscheidung ging es darum, dass die WEG mit Mehrheit für eine Anbringung einer Überwachungskamera im Tiefgaragenbereich gestimmt hat und die Anbringung per Beschluss manifestiert hat. Gegen diesen Beschluss ist ein Eigentümer vorgegangen, der mit der Videoüberwachung nicht einverstanden war.

Das LG München hat dem Eigentümer Recht gegeben und eine Videoüberwachung im nichtöffentlichen Tiefgaragenbereich für unzulässig erklärt. Die Begründung lautet wie folgt:

"Eine Kameraüberwachung und Videoaufzeichnung stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der klagenden Miteigentümer dar. Jedes Mal, wenn sie die Tiefgarage betreten oder verlassen, müssen sie damit rechnen, gefilmt zu werden und dass jede ihrer Bewegung festgehalten wird. Sie können sich daher nicht mehr ungezwungen in der Tiefgarage bewegen.

Die Beeinträchtigung entfällt auch nicht dadurch, dass die Aufnahmen nicht jederzeit, sondern nur nach einem Schadensfall eingesehen werden können, denn die Eigentümer können im Vorhinein nicht wissen, wann es eine Schadensmeldung gibt. Auch können sie nicht kontrollieren, ob die Vorgaben für die Einsichtnahme tatsächlich eingehalten werden.

Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist auch nicht durch überwiegende Belange der anderen Eigentümer gerechtfertigt. Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts überwiegt gegenüber dem Schutz des Eigentums der anderen Eigentümer. Um potenzielle Täter abzuschrecken, reicht es aus, Hinweisschilder auf eine Videoüberwachung sowie Kameraatrappen anzubringen."

Im logischen Umkehrschluss würde dies argumentativ bedeuten, dass bei Einstimmigkeit bzgl. der Anbringung von Überwachungskameras eine Anbringung möglich ist. Sofern sodann noch im Tiefgaragen- bzw. Schleusenbereich entsprechende Hinweisschilder auf die Überwachung angebracht werden, dürfte dies rechtskonform sein. Die Bilder können sodann auch auch von den Polizeibehörden im Bedarfsfall benutzt werden. Zur rechtlichen Absicherung können die Eigentümer auch noch eine schriftliche Einverständniserklärung bzgl. der Videoüberwachung und der Bildnutzung im Bedarfsfall durch die Polizeibehörden abgeben.

Sofern keine Einstimmigkeit erreicht wird, wäre gleichwohl - so die Aussage des LG - die Anbringung von Videoüberwachungsatrappen möglich.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Sofenr ich Ihre Frage zufriedenstellend beantworten konnte würde ich mich über die Abgabe einer 5-Sterne-Bewertung freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Traub
-Rechtsanwalt-


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