Sehr geehrte Fragestellerin,
ich bedanke mich für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme:
Gemäß § 240
Abs . 4 Satz 3 SGB V können Veränderungen der Beitragsbemessung in der freiwilligen Krankenversicherung erst zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises der Einkünfte folgenden Monats wirksam werden. Dies bedeutet, dass nach einer erfolgten endgültigen Beitragsfestsetzung eine Änderung der Beitragshöhe für die Vergangenheit ausgeschlossen ist. Eine Aufhebung der bestandskräftigen Beitragsfestsetzung kommt dann grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 44 SGB X
in Betracht, d.h. soweit bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.
Da eine einkommensgerechte Beitragseinstufung bei Beginn einer selbstständigen Tätigkeit mangels Vorlage eines Einkommenssteuerbescheides nicht erreicht werden kann, erfolgt in der Regel keine endgültige Beitragseinstufung auf Grund einer Schätzung der zu erwartenden Einnahmen. Vielmehr wird die Beitragshöhe regelmäßig durch einstweilige Regelung nur vorläufig festgesetzt. Falls die Beitragsbescheide für die Jahre 2005/2006 /2007 bislang nur vorläufige Festsetzungen enthalten, wird eine vergangenheitsbezogene Korrektur unter Berücksichtigung des Existenzgründerzuschusses möglich sein.
Sind die Beitragsbescheide hingegen bereits bestandskräftig, kann eine rückwirkende Korrektur der Beitragsbescheide ggf. aufgrund des sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs hergeleitet werden. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruchs hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 15
, 14 SGB I
), verletzt hat. Darüber hinaus muss zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang bestehen und der durch pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil muss durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur muss also mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang stehen.
Da der sozialrechtliche Herstellungsanspruch allein im Falle des Unterlassens bestimmter Aufklärungsmaßnahmen grundsätzlich nicht in Betracht kommt, wird es entscheidend darauf ankommen, ob Ihnen fehlerhafte oder missverständliche Allgemeininformationen zur Verfügung gestellt wurden. Ob insofern allein die nicht gestellte Frage nach dem Bezug eines Existenzgründerzuschusses ausreichend ist, wird letztlich erst nach Einsichtnahme des kompletten Fragebogens sowie der hierzu bestehenden Ausfüllhinweise beurteilt werden können. Ggf. läßt sich der sozialrechtliche Herstellungsanspruch auch mit einem Beratungsanspruch begründen. Denn immer dann, wenn sich im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ein konkreter Anlass ergibt, den Versicherten spontan auf klar zutage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich als zweckmäßig aufdrängen, besteht eine Beratungspflicht. Ein solcher Anlass wird allerdings dann nicht angenommen können, wenn keine Sachbarbeitung durch einen Mitarbeiter erfolgt, sondern lediglich eine Abarbeitung durch die EDV. Sind die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erfüllt, kann der Betroffene von dem Leistungsträger verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne die Pflichtverletzung gestanden hätte, so dass auch eine Beitragsrückerstattung in Betracht kommt.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Petry-Berger
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Jutta Petry-Berger
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