Sehr geehrter Fragensteller,
sicherlich ein dramatische Lage. Zu den Teilfragen:
a) Auf Basis des geschilderten Sachverhalts müsste Sie das Jugendamt in Kenntnis setzen und eine Entziehung des Kindes aus Gründen des Kindswohls anstreben.
b) Eine unterlassene Hilfeleistung ist ein technischer Begriff im Sinne des § 323c StGB
. Das kann sein, wenn der Mitarbeiter das Kind nachweisbar bewusst gefährdet. Dann käme sogar eine Aussetzung nach § 221 StGB
in Frage.
c) Dies ist wegen Verletzung der Amtspflichten uU ein Fall für die Dienstaufsichtsbeschwerde.
d) Die Stellung des Verfahrenspflegers ist in § 276 FamFG
geregelt.
Da er keine Entscheidungen im Verfahren trifft, ist seine Befangenheit im Gegensatz zu der des Richters kein Ablehnungsgrund wegen Befangenheit.
e) Ein befangener Richter kann hingegen nach § 6 FamFG
abgelehnt werden iVm § 42 ZPO
. Die Hürden des Nachweises der Befangenheit sind aber nicht zu unterschätzen. Ein fehlendes rechtliches Gehör ihrerseits kann aber durchaus den Verdacht der Befangenheit begründen. Beispielsweise sei FamFG § 6
Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen, Pabst, Münchener Kommentar zum FamFG
2. Auflage 2013 Rn. 14-17 zitiert:
"Abs. 1 S. 1 verweist auch hinsichtlich der Besorgnis der Befangenheit auf die Regelungen der ZPO (§ 42 Abs. 2 ZPO
)
15 Die Besorgnis der Befangenheit wurde bejaht, wenn im Umgangsverfahren der Vater vom Richter stets als „Erzeuger" bezeichnet wird.21 Evident unsachliche oder unangemessene sowie herabsetzende oder beleidigende Äußerungen des Richters in der mündlichen Verhandlung oder der dienstlichen Äußerung zum Befangenheitsantrag sind grundsätzlich geeignet, die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen. Hierzu ist die richterliche Äußerung, der Verfahrensbevollmächtigte sei unverschämt aufgetreten und entsprechend zurechtgewiesen worden, zu zählen, wenn dieser allen die ihm zustehenden Verfahrensrechte wahrgenommen hat.22 Macht sich der Richter ohne Anhörung des Betroffenen die Sichtweise eines anderen Beteiligten zu Eigen und gibt daraufhin Hinweise in drastischer Form, so besteht eine Besorgnis der Befangenheit unabhängig davon, dass der Richter betont, dass es ihm allein um das Kindeswohl ginge; bereits die Wortwahl („Sabotage des Umgangsrechts") als auch der Zeitpunkt (richterliche Reaktion umgehend nach Eingang der Mitteilung des anderen Beteiligten) des Hinweises kann eine einseitige Parteinahme nahelegen.23
16 Allein dem Verfahrensbevollmächtigten gegenüber getätigten Äußerungen genügen, um beim Beteiligten die Besorgnis der Befangenheit auszulösen, wenn dieser sie miterlebt hat oder sie ihm zur Kenntnis gebracht werden.24 In einer Kindschaftssache wiegt bei Beantragung der Inobhutnahme des Kindes durch das Jugendamt im einstweiligen Verfahren die Nichtanhörung und damit Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs bei Kenntnis der besonderen und schwierigen Lebensumstände aus einem Parallelverfahren hinsichtlich eines Geschwisterkindes verbunden mit einer fehlenden Beschlussbegründung so schwer, dass sich daraus ausnahmsweise doch die Besorgnis der Befangenheit ableiten lässt.25
17 Die Besorgnis der Befangenheit wurde verneint, wenn der Umgangspfleger im Beschluss lediglich einmal (wohl versehentlich) als Verfahrenspfleger bezeichnet wurde.26"
f) Sachwidrige und in sich unschlüssiger Vortrag eröffnet uU Rechtsmittel wie den Befangenheitsantrag und / oder Rechtsmittel gegen Beschlüsse.
g) Diese Folge ist sicher nicht hinzunehmen.
Fazit: Am besten beauftragen Sie einen Fachanwalt / eine Fachanwältin für Familienrecht mit der Wahrnehmung ihrer Interessen.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Saeger
- Rechtsanwalt -
Antwort
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Vielen Dank für die schnelle Antwort.
Ich versuche noch tiefer auf den Kern zu kommen:
a) Es stellt sich nicht nur die Frage der "Befangenheit, Parteilichkeit, unterlassene Hilfeleistung" einzelner. Es stellt sich die Frage, ob bei Nachweis eines unrechtmässigen Richterspruchs, und dazu gehört, wie der Richterspruch zustande gekommen ist, der gesamte Beschluss nicht komplett rechtsungültig ist.
Meinend: nicht allein 5 Klagen gegen 5 Beteiligte, sondern: Eine Klage zur Aufhebung des Beschlusses ...
Wenn ja: Welcher Rechtsbezug wäre das? Wo und wie wäre hier anzusetzen? Amtsgericht, Antrag auf ...?
(Erinnerung: Denn es kommt ja hinzu: in diesem absurden Verfahren - lagen dem Richter (Beweis wurde erbracht) die Anträge nicht vor. Die wurden 3 Monate später verschickt. Die waren - falsch einsortiert beim OLG.)
b) Damit der zweite Punkt:
Inzwischen ging die Sache ja weiter zum OLG. Das OLG befand den Beschluss Amtsgericht - in heller Aufregung, den Fall so schnell wie möglich los zu werden - es sei alles ok.
Heisst: OLG hat Beschluss Amtsgericht "bestätigt".
Nun aber ergibt sich - durch die Akteneinsicht erst jetzt - dass der Beschluss Amtsgericht rechtswidrig zustande gekommen ist ...
Kann man dann den Beschluss Amtsgericht aufheben, ohne dass das Bezug zum OLG hat?
Sorry der Nachfrage ...
.-)
Sehr geehrter Fragensteller,
ein Beschluss muss normalerweise mit Rechtsmitteln binnen einer bestimmten Frist angefochten werden, sonst bleibt er im Grundsatz wirksam.
Diese Fristen richten sich nach § 63 FamFG
:
"(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:
1. Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2. Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.
(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses."
Ferner muss die Beschwerde nach § 64 FamFG
eingelegt und nach § 65 FamFG
begündet werden.
Anscheinend geschah dies bereits, da die Sache zum OLG ging. Dies ist das Beschwerdegericht nach § 68 FamFG
.
Eine Beschwerde gegen die Entscheidung des OLG selber wäre aber nur statthaft nach § 70 FamFG
, wenn sie zugelassen worden ist durch das OLG.
Im Endeffekt bleibt hier nur die Möglichkeit aufgrund neuen Sachvortrags eine erneute Entscheidung des Ausgangsgerichts anzustrengen.
Eine Verfassungsbeschwerde dürfte wegen der enormen Länge des Verfahrens vorm BVerfG eher nicht zielführend sei.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Saeger
- Rechtsanwalt -