Sehr geehrter Ratsuchender,
ich befürchte, der bearbeitende Kollege hat mit dem Rat, eine neue Stelle zu suchen, nicht so ganz Unrecht:
Auch die Schwerbehinderung schützt keinesfalls generell vor einer ordentlichen Kündigung, d.h. ein Arbeitgeber kann einem Schwerbehinderten ebenso kündigen wie einem nicht behinderten Arbeitnehmer.
Als Schwerbehinderter haben Sie aber im Ablauf des Kündigungsverfahrens einen besonderen Schutz, da der Arbeitgeber für diese Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes nach § 85 SGB IX
benötigt.
Aber leider liegt diese Zustimmung nach Ihrer Sachverhaltsdarstellung vor, so dass es dann eben keinen weiteren, besonderen Kündigungsschutz aufgrund der Behinderung mehr gibt.
Dass das Amt falsch unterrichtet worden ist oder fehlerhaft entschieden hat, ist nach dem Willen des Gesetzgebers und der Rechtsprechung dabei nicht entscheidend – zwar können Sie gegen diese Entscheidung wiederum gesondert gerichtlich vorgehen; einen spürbaren Nutzen sollten Sie sich davon aber nicht versprechen.
Daher bleibt es bei der grundsätzlichen Kündigungsmöglichkeit des Arbeitgebers, ohne dass wegen der Schwerbehinderung ein weiterer Kündigungsschutz bestehen würde.
Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung haben zugestimmt, so dass Sie dann die fehlerhafte soziale Auswahl als ein Argument vorbringen könnten.
Nach Ihrer Sachverhaltsdarstellung kommen Sie und ein Kollege in Betracht, wobei der Kollege die deutlich längere Betriebszugehörigkeit inne hat. Bei sonstiger Vergleichbarkeit wird das den Ausschlag geben können, so dass eine fehlerhafte Sozialauswahl hiernach zumindest nicht erkannt werden kann (LAG Hamm, Urt.v. 23.03.2009, Az. 8 Sa 313/08
).
Es ist dann darauf abzustellen, dass es keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einen anderen Arbeitsplatz gibt.
Hierbei wird dann § 81
IV SGB IX zu berücksichtigen sein, wonach Schwerbehinderte gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf eine Beschäftigung haben, bei der sie ihre Fähigkeiten voll einsetzen könne; der Arbeitgeber hat zu beachten, dass die zugewiesene Arbeit und der Arbeitsplatz weder eine Unter, noch eine Überforderung hervorrufen.
Sollte – so verstehe ich Ihre Darstellung – die Leistungsfähigkeit nun abgenommen (die Krankheitstage zugenommen) haben, haben Sie einen Anspruch auf einen Schonarbeitsplatz, der dann sogar notfalls vom Arbeitgeber im Rahmen des ihm Möglichen einzurichten wäre.
Alles wird also mit der Möglichkeit, auf einem anderen Arbeitsplatz eine Beschäftigung auszuüben, stehen und fallen.
Wie diese Tatfrage letztlich entschiedet werden wird, kann auch nach Ihrer Sachverhaltsdarstellung nicht abschließend vorhergesagt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Bohle
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Web: https://www.ra-bohle.de
E-Mail:
Hallo Herr Bohle,
ist denn der Arbeitgeber nicht verpflichtet, mir einen angemessenen Platz anzubieten?
Mein Anwalt sagt er hätte gegebenenfalls einen Arbeitsplatz mit der entsprechenden Stundenzahl auf mich anpassen müssen.
Es gab drei Stellenausschreibungen im Bereich Supply Chain die alle auf mich gepasst haben. Mir wurde aber keine angeboten (vollzeitstellen). Auf meine Nachfrage bei HR wurde mir darauf nicht geantwortet, warum mir das Angebot nicht gemacht wurde. Einfach keine Auskunft. Bekommt der AG damit nicht ein Problem vor Gericht?
In einer angrenzenden Abteilung Customer Service arbeiten zwei Zeitarbeitskräfte (Vollzeit) da hab ich ja sogar mal gearbeitet. Wie sieht es mit den Stellen aus?
Schlussendlich die falsche Sozialauswahl. Ein MA wird einfach nicht berücksichtigt als Teamleiter und verschwindet beim Vergleich. Ist da nicht der AG in der Beweispflicht?
Bemerkung: Meine Krankheitstage sind stark gesunken im Vergleich zum Vorjahr.
Ich bin ja kein Jurist, aber ein Gericht muss doch interessieren warum der AG all diese Maßnahmen nicht getroffen hat. Sprechen all die Unterlassungen und das "Verschwinden lassen" eines Teamleiters nicht gegen den AG bzw. ist er da nicht in der Beweispflicht. Bei betriebsbedingten Kündigungen muss der AG, so hab ich es im Gesetz gelesen, ja recht genau begründen, warum gerade meine Tätigkeiten weg fallen und warum man mich nicht in anderen Betriebsteilen beschäftigen kann. (das stimmt ja faktisch nicht)
Sehr geehrter Ratsuchender,
dach, die Pflicht hat Ihr Arbeitgeber, daher hatte ich ja auch schon in der Erstanwort darauf hingewiesen, dass darauf abzustellen ist, dass es keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einen anderen Arbeitsplatz gibt.
Dabei muss - so auch dann die dort nachfolgenden Ausführungen - auf Ihre Besonderheit Rücksicht genommen werden. Vorsorglich hebe ich den Abschnitt nochmals hervor:
"Es ist dann darauf abzustellen, dass es keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einen anderen Arbeitsplatz gibt.
Hierbei wird dann § 81
IV SGB IX zu berücksichtigen sein, wonach Schwerbehinderte gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf eine Beschäftigung haben, bei der sie ihre Fähigkeiten voll einsetzen könne; der Arbeitgeber hat zu beachten, dass die zugewiesene Arbeit und der Arbeitsplatz weder eine Unter, noch eine Überforderung hervorrufen.
Sollte – so verstehe ich Ihre Darstellung – die Leistungsfähigkeit nun abgenommen (die Krankheitstage zugenommen) haben, haben Sie einen Anspruch auf einen Schonarbeitsplatz, der dann sogar notfalls vom Arbeitgeber im Rahmen des ihm Möglichen einzurichten wäre. "
Insoweit stimme ich Ihnen ja zu, so dass es eben allein darauf ankommen wird, ob dieser mögliche Arbeitsplatz bestanden hätte.
Das Gericht wird das sicherlich interessieren, aber eben nur, wenn es diese andere Möglichkeit auch gegeben hätte; insoweit werden Sie aber die Darlegungslast zunächst haben.
Was dann dafür oder dagegen spricht, ist allein der Entscheidung des Richters vorbehalten, kann so nur anhand der Sachverhaltsdarstellung ohne ganz genaue Kenntnis des "weggefallenen" Arbeitsplatzes und der "Weiterbeschäftigungsmöglichkeit" unmöglich im Rahmen einer Onlineberatung erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg