Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Jedem Elternteil stehen nach der Trennung und/oder Scheidung die hälftigen Freibeträge für das gemeinsame Kind zu. Diese werden als Zähler 0,5 auf der Lohnsteuerkarte eingetragen. Eine freiwillige Übertragung der Freibeträge für Kinder auf den anderen Elternteil ist grundsätzlich nicht möglich.
Erfüllt jedoch ein Elternteil seine Unterhaltsverpflichtung für das gesamte Kalenderjahr zu weniger als 75 %, kann der andere Elternteil bei seiner Steuererklärung in der Anlage Kind beantragen, dass die halben Freibeträge des "säumigen" Elternteils auf ihn übertragen werden und er somit die vollen Freibeträge erhält (§ 32 Abs. 6 Satz 6 EStG
).
Ausweislich des von Ihnen geschilderten Sachverhalts ist dies vorleigend einschlägig (kein Unterhalt seitens Ihres Ex-Ehemannes). Dies sollten Sie dem Finanzamt kommunizieren und einen entsprechenden Antrag stellen.
Ausnahmen gelten nur dann, wenn Ihr Ex-Ehemann mangels eigener Einkünfte aufgrund von Arbeitslosigkeit gar nicht unterhaltspflichtig ist oder infolge Zahlung einer Abfindung oder durch Prozessvergleich von der Unterhaltspflicht freigestellt wurde (BFH-Urteil vom 27.10.2004, VIII R 11/04
, BFH/NV 2005 S. 343
) oder das Kind aufgrund ausreichend eigener Einkünfte nicht unterhaltsbedürftig ist (BFH-Urteil vom 24.10.1997, VI R 13/97
, BFH/NV 1998 S. 689
).
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Traub
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Dr. Holger Traub, Dipl. Kfm.
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70173 Stuttgart
Tel: 0711/7586610
Web: https://www.dr-traub.legal
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Hallo,
vielen Dank für die rasche Antwort.
Was Sie geschrieben haben ist mir ja bekannt. Mein Ex-Mann wäre ja zahlungsfähig, aber da mein Sohn aufgrund seiner Behinderung Grundsicherung bekommt ist ja mein Ex-Mann nicht mehr zahlungspflichtig.Aber wenn er keinerlei Verpflichtungen gegenüber seines behinderten Sohnes hat kann er doch auch nichts absetzen, denn die Betreuung usw. übernehme ja ich mit meinem Mann .Und es steht nirgendwo geschrieben was ist wenn der Ex nicht zahlen muss... obwohl er leistungsfähig wäre. Was meinten Sie mit "einem Antrag beim Finanzamt stellen?
Vielen Dank
Sehr geehrte Fragenstellerin,
der Antrag ist in der Anlage "Kind" zu stellen. Darüber hinaus sollten Sie den Sachverhalt noch schriftlich gesondert niederschreiben und dem Finanzamt als Anlage übersenden.
Ich würde die vorgeannten Argumentation ggü. dem Finanzamt anbringen. Zwar erhält Ihr gesundheitlich eingeschränkter Sohn Grundsicherung. Gleichwohl wird diese wohl kaum vollumfänglich seinen Unterhalt und seine Lebenshaltungskosten decken. Da diese von Ihnen getragen werden, ist es nur rechtens, Ihnen auch die gesamten Kinderfreibeträge zuzugestehen. Dies hat auch das Finanzamt in seiner Ermessenentscheidung sodann zu berücksichtigen, sodass eine Entscheidung zu Ihren Gunsten nicht ausgeschlossen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Traub
Rechtsanwalt