Urheberrecht bei eigenständig entwickelter Software nach Arbeitgeberwechsel

| 7. Juni 2015 20:41 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Silke Meeners

Zusammenfassung

Ein Software-Entwickler verliert den Schutz seiner Urheberrechte nicht dadurch, dass er die Software auch in einem späteren Arbeitsverhältnis zum Einsatz bringt.

Hallo,

Bezüglich den Themenbereichen Arbeits- und Urheberrecht habe ich eine konkrete Frage:

Ich habe im Rahmen einer Selbstständigkeit (bis 2011) eine Software als Beratungshilfe für meine damaligen Kunden entwickelt und diesen auch zur Benutzung zur Verfügung gestellt. Eine spezielle Lizenzierung oder Vergütung wurde mit den Benutzern nicht vereinbart, da sie aus der Beratungsleistung heraus abgegolten war (ca. 10 Kunden).

Seit 2011 bin ich nun in einer Festanstellung (ca 10-20 Mitarbeiter) tätig und habe die Selbstständigkeit aufgegeben. Mein primäres Arbeitsgebiet umfasst die firmeninterne Organisation und technische Kundenberatung, aber nicht die Softwareentwicklung! Es wurde eine mündliche Vereinbarung getroffen, dass ich die von mir weiterentwickelte Software auch bei den Kunden des Arbeitgebers aufspielen kann, sobald dies in Einzelfällen nützlich erscheint. Dies wurde aber nicht explizit in den Arbeitsvertrag aufgenommen oder geregelt. Die Software wurde von mir optisch und prozesstechnisch an die Belange meines Arbeitgebers angepasst (UserInterface), der eigentliche Berechnungscode (Kernel) ist aber nach wie vor unverändert. Auch das Thema Lizenzierung wurde wegen des guten internen Vertrauensverhältnis nicht angesprochen. Für diese Weiterentwicklung habe ich von meinem Arbeitgeber eine ‚Zeitkontingent‘ eingeräumt bekommen, dass sich aber auf maximal 1-2 Wochenstunden belaufen hat und somit nur ein Nebenbereich meiner Tätigkeiten darstellte.

Aufgrund von Umstrukturierungen kommt es jetzt aber zu der Situation, dass der Arbeitgeber meine Software von meinem Verantwortungsbereich herauslösen und mit einem Lizenzmodell zu einem Produkt ‚weiterentwickeln‘ möchte. Hier setzt meine konkrete Frage an:
Welche Rechte habe ich noch an der jetzigen Software, die im Wesentlichen noch auf dem Stand vor meiner Einstellung 2011 ist? Ich sehe im Augenblick die Gefahr, dass die neue Geschäftsführung meine Idee vereinnahmt und dadurch neue Tatsachen schafft. Ein erstes Gespräch über die zukünftige Nutzung meiner Idee verlief leider sehr entmutigend (Zitat: ‚Sie besitzen hier keine Rechte!‘).

Welche Vorgehensweise wären im Falle eine Kündigung angebracht um die Software für mich später wieder vollumfänglich zu nutzen? Auf welche konkreten Paragraphen und Beispiele kann ich mich bei einem zu erwartendem Streitfall berufen? Gibt es beispielhafte Vorgaben oder Richtlinien, mit der man solche Eigenentwicklungen rechtlich in den Arbeitsvertrag aufnehmen kann (auch nachträglich)? Und vor allem, deckt eine private Rechtsschutzversicherung einen solchen Fall ab, der ja eigentlich über das private Arbeitsrecht hinausgeht?

Vielen Dank für eine Antwort

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Die Geschäftsführung Ihres aktuellen Arbeitgebers darf Ihre Software nicht vereinnahmen, ohne von Ihnen eine Lizenz hierfür erhalten zu haben und eine hierfür vereinbarte Lizenzgebühr zu zahlen.

Grundsätzlich stehen Ihnen als Entwickler der Software nach wie vor die Urheberrechte daran zu.

Das von Ihnen entwickelte Computerprogramm unterliegt dabei gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG i.V.m. §69a UrhG dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes.
Ich gehe nach Ihren Schilderungen zunächst davon aus, dass Sie den Berechnungscode selbst geschrieben und nicht mit Hilfe eines Codegenerators hergestellt haben (mit Codegeneratoren geschriebene Codes stellen keine schutzfähigen individuellen Ergebnisse geistiger Schöpfung im Sinne des Urheberrechts dar, §69a Abs. 3 UrhG ).

Sie genießen als Schöpfer der Software gem. §7 UrhG persönlich den Schutz als Urheber. Die Nutzungs- und Verwertungsrechte sind vorliegend auch nicht auf Ihren Arbeitgeber übergegangen.

Da Sie den Berechnungscode bereits vor der Tätigkeit bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber entwickelt und benutzt haben, liegt eine Abweichung vom gesetzlich beschriebenen „Normalfall" des §69b UrhG vor, der dem Arbeitgeber die Rechte an Computerprogrammen seiner Arbeitnehmer einräumt.

§69b Abs. 1 UrhG lautet:
„Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist."

Hier wurde die Software nachweislich nicht von Ihnen innerhalb des Arbeitsverhältnisses und auf Anweisung des Arbeitgebers geschaffen.
Aber auch die „Weiterentwicklung" (hier nur Anpassung des UserInterface) ist vorliegend nicht von §69b UrhG umfasst, weil dies nicht im Rahmen Ihres eigentlichen Aufgabenbereichs geschah und Ihre Arbeitsvergütung dementsprechend auch nicht dafür gezahlt wurde.

Sie haben die Nutzungsrechte an Ihrer Software durch den Einsatz auch für Ihren aktuellen Arbeitgeber also nicht verloren, bislang aber quasi kostenfrei zur Verfügung gestellt. Wie Sie schreiben, sind keine Lizenzvereinbarungen getroffen worden und keine Vergütung für die Weiterentwicklung / Anpassung der Software gezahlt worden.

Hier besteht nun Handlungsbedarf. Ihr Arbeitsvertrag kann grundsätzlich nur einvernehmlich geändert bzw. ergänzt werden, d.h. wenn Sie und Ihr Arbeitgeber sich einig über die weitere Nutzung und Entwicklung der Software für diesen sind.

Da aber nun bereits ein erster Vertrauensverlust eingetreten ist, wäre es sinnvoll, eine Regelung unabhängig von Ihrem Arbeitsvertrag zu treffen, da Ihr Arbeitsverhältnis ja möglicherweise nicht mehr langfristig Bestand haben wird. Sie sollten Ihre Rechte an der Software so sichern, dass Sie – auch trotz nun vielleicht erfolgender Nutzungsregelung mit Ihrem Arbeitgeber – bei Ihnen verbleiben. Dies kann im Rahmen einer Lizenzvereinbarung geschehen. Dafür müssen Sie in einem ersten Schritt die Rechte gegenüber Ihrem Arbeitgeber schriftlich geltend machen.

Ob Ihre Rechtsschutzversicherung diesen Fall abdeckt, kann leider nicht pauschal beantwortet werden, da dies immer von den im einzelnen Vertrag geltenden Versicherungsbedingungen abhängt.

Bitte berücksichtigen Sie, dass hier zunächst nur eine überschlägige Vorprüfung auf Basis Ihrer Angaben erfolgen kann. Für die nähere Prüfung benötige ich hier Einblick in Ihren Arbeitsvertrag und die Versicherungsbedingungen, bitte laden Sie daher beide Dokumente hier zur Einsicht hoch, ich werde meine Antwort dann entsprechend ergänzen. Daneben steht Ihnen natürlich auch die kostenlose Nachfragefunktion zur Verfügung.

Da Ihr Arbeitgeber in dem ersten Gespräch so negativ reagiert hat, besteht erfahrungsgemäß kurzfristiger Handlungsbedarf zur Sicherung Ihrer Rechte an der Software. Im Zweifel sollten Sie mit Hilfe einer auf IT-Recht spezialisierten Kanzlei bei Ihnen vor Ort einstweiligen Rechtsschutz gem. §10 UrhG in Anspruch nehmen, um die zukünftige Nutzung Ihrer Software durch Ihren Arbeitgeber zu untersagen bzw. nur gegen Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr einzuräumen!

Mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 10. Juni 2015 | 15:57

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