Volontariat/Traineeship, Probezeit-Kündigung nach vier Monaten

17. März 2015 22:10 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Ich habe im November ein Traineeship bei einer PR-Agentur begonnen, der unterzeichnete Vertrag ist als "Ausbildungsvertrag" benannt. Zum Vertragszweck steht darin, die Traineephase sei ein befristetes Ausbildungsverhältnis mit dem Ziel der Vorbereitung auf den Beruf.

Die vereinbare Probezeit liegt bei sechs Monaten. Mir ist nach viereinhalb Monaten das "Arbeitsverhältnis" (so in der Kündigung) unter Berufung auf die Probezeit zum Monatsende gekündigt worden.

Ist diese Kündigung (etwa gemäß BBiG) wirksam, und welche Handlungsmöglichkeiten/-pflichten bestehen? Der Arbeitgeber hat mir eine sofortige Freistellung bei Weiterzahlung der Bezüge und ein gutes Praktikumszeugnis angeboten, das die Arbeitssuche leichter machen würde als ein womöglich mittelmäßiges Traineezeugnis, aus dem die Kündigung im fünften Monat hervorgeht.

Ich suche eine kluge Strategie, mit der ich meine Rechte möglichst wahre, aber nicht zum Preis einer Schlammschlacht beziehungsweise einer deutlich erschwerten Jobsuche. Eine friedliche Trennung mit einem brauchbaren Arbeitszeugnis wäre mir lieb.

18. März 2015 | 06:50

Antwort

von


(363)
Tannenweg 17
72654 Neckartenzlingen
Tel: 07127/349-1208
Web: https://www.rechtsanwalt-kromer.de
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Nach Ihren Schilderungen kommt meines Erachtens eine Unwirksamkeit der Kündigung nur nach dem BBiG in Betracht. Dessen § 20 regelt, dass die Probezeit höchstens vier Monate betragen darf. Außerhalb der Probezeit wäre im Berufsausbildungsverhältnis vom Arbeitgeber nur aus einem wichtigen Grund (umgangssprachlich: fristlose Kündigung) gekündigt werden, § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG).

Die entscheidende Frage ist daher, ob Sie unten den Anwendungsbereich des BBiG fallen. Ihren Schilderungen entnehme ich, dass es sich jdf. Nicht um ein Berufausbildungsverhältnis handelt.
Allerdings sieht § 26 BBiG noch weitere Fälle vor, in denen § 22 BBiG Anwendung findet, nämlich für Personen die angestellt wurden um „berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen" zu erlangen. Dabei kommt es nicht auf die Vertragsgestaltung und Bezeichnung an, sondern darauf, ob tatsächlich „in einem systematischen Ausbildungsgang berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten" vermittelt werden (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.12.2009 - 20 Sa 1682/09 ).

Bei Trainee –Programmen ist dies regelmäßig zu verneinen, da letztendlich ein „learning by doing" im Vordergrund steht und so keine besondere Abgrenzung zu einem üblichen Beschäftigtenverhältnis vorliegt.
Da in diesem Fall das BBiG nicht anwendbar wäre, bliebe es bei der gesetzlichen Regelung des § 622 Abs.3 BGB , wonach eine Probezeit sechs Monate betragen kann. Während der Probezeit ist auch kein Kündigungsgrund im engeren Sinne erforderlich, so dass Sie bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung meines Erachtens eher geringe Erfolgschancen hätten.
Vor diesem Hintergrund ist das Angebot Ihres Arbeitgebers grundsätzlich als fair einzustufen.

Nach § 38 Abs. 1 SGB III sind Sie verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Da bei Ihnen zwischen Kenntnis des Beendigungszeitpunkts und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate liegen, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Zur Wahrung der Frist gemäß der beiden vorstehenden Sätze reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, wenn die persönliche Meldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Johannes Kromer

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