Sehr geehrter Ratsuchender,
gern beantworte ich Ihre Frage anhand Ihrer Sachverhaltsdarstellung wie folgt.
1) Ist diese Klausel wirksam?
Diese Frage ist anhand Ihrer Angaben und ohne Einsicht in die betreffenden Unterlagen nicht oder nur eingeschränkt möglich.
Wie Sie schon richtig bemerkt haben, entsteht die Frage der Wirksamkeit von Vertragsklauseln bei Individualvereinbarungen NICHT. Nun besteht aber auch bei einer separat verwendeten Vereinbarung neben dem Hauptvertrag die Möglichkeit, dass es sich bei dieser losgelösten „Vereinbarung", welche sich zudem auf den Hauptvertrag bezieht, dass es sich hierbei um sogenannte AGB handelt und diese entsprechend der §§ 305 ff. BGB
einer Prüfung standhalten müssen.
Soweit eine Prüfung der Vereinbarung durchführbar ist, weil die separate Vereinbarung KEINE Individualvereinbarung darstellt, dann dürfen Sie geflissentlich davon ausgehen, dass diese unwirksam ist.
Für eine Individualvereinbarung könnte insoweit die separate Abfassung sprechen. Dies allein reicht jedoch nicht aus. Nach § 305 Abs. 1 S. 2 BGB
ist es gleichgültig, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Nach Satz 3 dieser Vorschrift handelt es sich nicht um AGB, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt wurden.
Nach Ihren Ausführungen gehe ich davon aus, dass dies vorliegend nicht geschehen ist, so dass wie oben schon kurz dargestellt, die Vereinbarung/Klausel unwirksam ist.
Nun ist es nicht ganz einfach dies auch entsprechend nachzuweisen. Indiz für eine AGB ist, dass weitere Aussagen zu diesem Thema nicht im Mietvertrag enthalten sind, ggf. ist auch die separate Vereinbarung vorgefertigt gewesen und eben nicht handschriftlich verfasst. Ggf. ist es Ihnen auch möglich nachzuweisen, dass Ihr Vermieter diese Art der Vereinbarung mehr als nur bei Ihnen verwendet hat. In diesem Fall kann man geflissentlich von AGB ausgehen.
2) Ich möchte daher die Schönheitsreparaturen verweigern.
Dabei sind Sie frei, Sie können es bereits ankündigen, oder einfach die Wohnungsübergabe abwarten. Das Ergebnis dürfte gleich ausfallen, soweit Ihr Vermieter sich Ihrer Argumentation verschließt, dieser wird sich an der hinterlegten Kaution gütlich halten, ggf. noch den überschießenden Betrag von Ihnen einfordern und Sie werden gezwungen sein, die Rückgewähr Ihrer Kaution nach Ablauf der Behaltensfrist von 6 Monaten einklagen müssen. Bevor Sie den Klageweg bestreiten stellen Sie zuvor die befristete Forderung und mahnen diese mit einer weiteren Fristsetzung an. Stellen Sie sicher, dass die jeweilige Frist 10 Werktage nicht unterschreitet und ein konkretes Enddatum enthält, damit die Forderung zu diesem Tag fällig wird und Sie danach Ihre Rechtsverfolgungskosten und weiteren Verzugsschäden hinzurechnen dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle
Rechtsanwalt
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Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Da mir die Klausel im laufenden Text einseitig zur Unterschrift vorgelegt wurde und es auch keine "Aushandlung" gab, handelt es sich wohl nicht um eine Individualklausel.
Ist es richtig, dass der Vermieter nachweisen muss, dass es sich im Zweifel doch um eine Individualklausel handelt, selbst wenn ich die Herausgabe der Kaution einklagen will? Wie könnte ein solcher Beweis aussehen?
Vielen Dank für Ihre Mühe und mit freundlichen Grüßen!
Sehr geehrter Ratsuchende,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage.
Auch ich möchte nach Ihrer Darstellung davon ausgehen, dass es sich hier um AGB des Vermieters handelt.
Den Nachweis über etwas muss jemand führen, der eine Behauptung aufstellt, welche seinen Anspruch stützt UND die Bestritten wird. So in etwas ergibt es sich aus § 138 ZPO
. Grundsätzlich ist also erst einmal der Anspruchsteller, also Sie selbst gefragt. Sie stellen einen Anspruch und behaupten, dass dieser sich aus verschiedenen Gründen zu Ihren Gunsten ergibt und bieten für den Fall des Bestreitens durch den Anspruchsgegner entsprechend Beweis an. Das ist natürlich das Schriftstück selbst und darüber hinaus der Mietvertrag (wegen der fehlenden Regelung zu Schönheitsreparaturen darin, deren Form im Verhältnis zu der separaten Vereinbarung). U.U. haben Sie Zeugen, die bei der Vertragsunterzeichnung zugegen waren oder finden einen Mitmieter, dem auch eine solche Vereinbarung untergeschoben wurde. Zuallerletzt reicht auch eine überzeugende rect ausführliche Darstellung der Umstände, die zur Unterzeichnung der fraglichen Vereinbarung geführt haben.
Soweit der Vermieter Ihre Behauptung bestreitet und Sie hierfür Beweis angeboten haben, kann er versuchen einen Gegenbeweis zu führen.
Nach den vorliegenden Informationen kann er sagen, dass doch gerade die Art und Weise der Vereinbarung auf eine Individualvereinbarung hindeutet und Sie ja diese nicht unterschreiben hätten müssen. Auch er kann eventuelle Beteiligte oder Anwesende bei den Vertragsverhandlungen als Zeugen heranziehen.
Im Grunde können sie beide die Urkunde selbst heranziehen und mit entsprechender Argumentation den entscheidenden Richter von der jeweiligen Ansicht überzeugen.
Ich würde Ihre Lage, wie sie sich jetzt darstellt, als recht vorteilhaft bezeichnen und dem Vermieter mit seinem Ansinnen nahezu auf verlorenem Posten angesichts der diesbezüglichen gefestigten Rechtsprechung sehen. Dennoch möchte ich zu bedenken geben, dass es sich immer um eine Individualentscheidung handelt.
Mit freundlichen Grüßen
RA A. Wehle