Sehr geehrter Fragesteller,
bitte beachten Sie, dass im Rahmen dieser Beratung zunächst nur eine erste Orientierungsmöglichkeit anhand Ihrer Angaben gegeben werden und eine persönliche Beratung wohl nicht ersetzen kann, da es in Ihrem Fall sehr auf die konkreten Umstände bzw. tatsächlichen Gegebenheiten ankommt. Im Grunde genommen kann man Ihnen nur mit der typischen Juristenaussage antworten - es kommt darauf an!
1. Mit Ihrer Schlussrechnung von Dez. 2003 könnte möglicherweise bereits ein Verjährungsproblem gegeben sein. Sollten Sie diesbezüglich keine verjährungshemmenden Maßnahmen getroffen haben, könnte Ihr Auftraggeber sich wohl erfolgreich auf Verjährung berufen.
2. Unterstellt, es ist noch keine Verjährung eingetreten, war vereinbarte Bedingung für die Ihrerseits abgegebene Verzichtserklärung, die vollständige Zahlung des jetzigen Honorars. Diese Bedingung ist bisher nicht erfüllt, so dass Sie sich an den Verzicht dann nicht gebunden fühlen müssen, wenn dem Auftraggeber kein Zurückbehaltungsrecht zusteht.
Hier kommt es also darauf an, ob die von dem Bauherren behaupteten Mängel berechtigt sind und ob dieser die Mängel nachweisen kann. Ebenfalls müssten Sie für die Mängel verantwortlich sein.
Daher wäre zunächst zu klären, ob der Bauherr sein Zurückbehaltungsrecht zu Recht geltend macht, bevor über Hinfälligkeit der Verzichtsabrede entschieden werden kann.
Letztlich lassen sich auch Ihre weiteren Fragen nur danach beantworten, ob der Bauherr die Mängeleinrede berechtigt erhebt.
3. Ist Ihr Werklohnanspruch fällig, d.h. haben Sie das Werk soweit vertragsgemäß (mängelfrei) erstellt, ist die Zurückhaltung des Lohns durch den Auftraggeber treuwidrig. In diesem Fall steht auch Ihnen ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich der restlichen Arbeiten, bis zur Bezahlung des fälligen Werklohns zu. Sie sollten daher dem Auftraggeber unbedingt schriftlich mitteilen, dass Sie von Ihrem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen und für den ordnungsgemäßen Zugang dieses Schreibens Sorge tragen.
4. Lässt der Auftraggeber die Arbeiten durch Dritte ausführen, kann er Ihnen diese Arbeiten nur im Wege des Schadensersatzes in Rechnung stellen bzw. Ihre Rechnung kürzen, sofern Sie Ihr Leistungsverweigerungsrecht nicht hätten ausüben dürfen. Auch hier kommt es also wieder darauf an, ob der Bauherr die Mängel zurecht behauptet hat oder nicht und ob Ihnen das Leistungsverweigerungsrecht zustand.
5. Hinsichtlich eines Vergleichs ist folgendes anzumerken: letztlich ist auch ein Vergleich nichts anderes als ein Vertrag. D.h. die Ausgestaltung obliegt den daran beteiligten Parteien. Es ist daher möglich, einen Vergleich zu schließen und die Zahlung der "alten" Forderung von dem Vergleich auszunehmen. Aber Vorsicht: Verjährung!
Sollte es tatsächlich zu einem Rechtsstreit kommen, rate ich Ihnen, sich auf jeden Fall anwaltlich vertreten zu lassen - sofern dies nicht aufgrund des Streitwertes ohnehin erforderlich ist. Ein Anwalt wird sich dann auch hinsichtlich einer vernünftigen vergleichsweisen Regelung für Sie einsetzen.
Ich bedaure, Ihnen keine konkreteren Auskünfte geben zu können, hoffe jedoch, Ihnen zunächst eine Orientierung vermittelt zu haben. Gerne stehe ich Ihnen im Rahmen der kostenfreien Nachfrage zur Verfügung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Stefanie Helzel
- Rechtsanwältin -
Ansbacher Str. 11b
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Tel.: 09831/8908-0
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Bitte beachten Sie, dass diese Antwort die von Ihnen geschilderten, wesentlichen Aspekte des Falles umfasst, jedoch weitere Tatsachen relevant sein könnten, die möglicherweise zu einem anderen Ergebnis führen würden.
Nachfrage:
1.
Wegen der von Ihnen angesprochenen Verjährung interessiert mich, ob durch die ausdrückliche Vereinbarung über die offene Restzahlung aus dem ersten Vertrag, dadurch nicht automatisch die Verjährung gehemmt wird, da explizit auf das Ende des zweiten Vertrages Bezug genommen wurde.
2.
Muss denn der Bauherr beweisen, ob es sich um Planungsfehler handelt, oder muss ich beweisen, dass es sich nicht um Planungsfehler handelt?
(Der Bauherr wurde z.B. ausdrücklich mündlich auf das Risiko der Aufstellung eines Fassadengerüstes im Herbst insofern hingewiesen, dass es wegen der Witterung möglicherweise schon zu spät ist, Fassadenarbeiten durchzuführen. Das Gerüst wurde dann trotzdem auf seinen Wunsch hin aufgestellt.
Er versucht nun im Nachhinein, dies als einen Planungsfehler hinzustellen und verlangt Schadenersatz für die unnötigen Gerüstkosten.)
3.
Der Bauherr hat einige planerische Festlegungen und Bauarbeiten zunächst bewusst hingenommen und weiter arbeiten lassen.
(So hat er z.B. nach bei einer Besprechung den Entwässerungsplan mit der geänderten Lage einer Regenwasserzisterne zunächst als Vorabzug bekommen, später wurde ihm auch das genehmigte Entwässerungsgesuch ausgehändigt. Anschließend wurde die Zisterne dann wie geplant eingebaut.)
Im Nachhinein versucht er nun, die nun viel höheren Kosten auf mich abzuwälzen, im obigen Beispiel die Zisterne auf meine Kosten an eine andere Stelle umlegen zu lassen.
Selbst wenn es, was nicht der Fall ist, mein Fehler gewesen wäre, hätte der Bauherr dann nicht viel früher zu einem Zeitpunkt vor der Ausführung der Arbeiten die Änderung veranlassen müssen und nicht erst nach der Fertigstellung dies als Mangel reklamieren dürfen?
4.
Kann ein Bauherr im Nachhinein behaupten, ich hätte ihn nicht umfassend informiert und er hätte nicht gewusst wie ein Detailpunkt ausgeführt wird, da ihm nicht bewusst war, was die ihm vorher übergebene Zeichnung bedeutet?
5.
Da ich vom Bauherrn mit derartigen falschen und zum Teil absurden Behauptungen und Unterstellungen in Streitigkeiten hineingezogen werde, stellt sich noch die Frage der mir dadurch entstehenden Kosten.
Durch die Vielzahl der einzelnen Punkte liegt mein Zeitaufwand bereits jetzt bei mehreren Arbeitstagen. Der mir dadurch entstehende Aufwand steht teilweise in keiner Relation zu dem jeweiligen angeblichen Mangel.
Muss man sich diesen "Zeitdiebstahl" gefallen lassen?
Oder ist es möglich, dem Bauherrn den Zeitaufwand für die zu schreibenden Stellungnahmen zu den von mir als schikanös empfundenen Vorwürfen in Rechnung zu stellen, wenn ich ihm diese vorher ankündige und die Forderungen des Bauherrn sich dann als unberechtigt herausstellen.
Für die Beantwortung danke ich Ihnen sehr!
Sehr geehrter Fragesteller,
1. Auch der neue Vertrag kann als verjährungshemmende Maßnahme angesehen werden, da der Begriff Verhandlung des § 203 BGB
weit auszulegen ist und der Bauherr sich offensichtlich nicht geweigert hat, diese Verhandlungen zu führen. Sollte der Vertrag also vor Ablauf der Verjährungsfrist (halbes Jahr nach Rechnungsstellung?) geschlossen worden sein, ist die Forderung noch durchsetzbar. Im Übrigen bleibt es bei obigen Ausführungen.
zu 2. - 4. Behauptet der Auftragnehmer Mängel, hat er sie darzulegen bzw. zu beweisen, wobei eine hinreichende Darlegung -genaue Bezeichnung der Mängelsymptome - ausreicht. Will er von Ihnen Mehrkosten ersetzt haben, muss er ebenfalls beweisen, dass Sie Ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen sowie fehlerhaft geplant haben und ihm aufgrund Ihrer Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist.
zu 5. Für eine Rechnungsstellung bzgl. der Stellungnahmen sehe ich keine Rechtsgrundlage. Die Abwehr von behaupteten Mängeln gehört zum allg. Unternehmerrisiko. Dieser Zeitaufwand wird einem leider nicht ersetzt, da es auch der eigenen Entlastung dient.
Für die Zukunft kann ich Ihnen nur den wirklich gut gemeinten Rat geben, nehmen Sie keine Aufträge mehr von säumigen Auftraggebern an, die Ihre Rechnungen noch nicht vollständig beglichen haben.
Freundliche Grüße
Stefanie Helzel
- Rechtsanwältin -