Insolvenz bei Unterschrift eines befristeten Mietvertrags?

4. Juni 2013 07:21 |
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Vereinsrecht


Beantwortet von


09:53

Wir sind ein eingetragener Verein und derzeit auf der Suche nach Räumen zur Miete, in denen wir als Verein täglich kleinere Veranstaltungen durchführen können und in denen zusätzlich eine kleine Gaststätte betrieben werden soll, die von einer Einzelperson oder GbR geführt wird, d.h. nicht Teil des Vereins ist.

Derzeit sind wir in Verhandlungen für ein Objekt, und uns wurde ein auf 5 Jahre befristeter Mietvertrag angeboten. Voraussichtlich möchte der Vermieter nur einen Mietvertrag/Ansprechpartner. Mieter wäre deswegen der Verein, der an die Gaststätte untervermietet und die Miete anteilig zum gleichen qm-Preis "weiterreicht".

Mein Verständnis des Gewerbemietrechts ist aber, dass bei Unterschrift eines befristeten Mietvertrags eine Verbindlichkeit in Höhe von (Miete + Nebenkosten) * (Monate bis zum Vertragsende) entsteht. In diesem Fall wären das bei 5 Jahren rund EUR 200.000,00 (EUR 3.500,00 pro Monat).

Der Verein finanziert sich primär durch freiwillige Beiträge, die in den letzten Jahren durchschnittlich rund EUR 2.000 pro Monat ausgemacht haben. Die Fläche für die Gaststätte würde einen Anteil von rund EUR 1.500,00 ausmachen. Damit wären durch Vereinsbeiträge und Untervermietung an die Gaststätte die Mietkosten gedeckt. Da die Beiträge aber freiwillig sind, sind die EUR 2.000 keine garantierte Einnahme (anders als der Mietanteil der Gaststätte, für den es einen entsprechenden Vertrag zwischen Verein und Gaststättenbetreiber geben würde). Der Verein hat zwar Rücklagen, aber nur ca. EUR 10.000,00 (nach Abzug von Umzugskosten wie Kaution, Umbau und Provision), d.h. im (unwahrscheinlichen) Fall eines Komplett-Ausfalls der freiwilligen, monatlichen Vereins-Beiträge, könnte der Verein die Miete nur noch 5 Monate lang bezahlen. Bei einem Ausfall von Vereins-Beiträgen und Miete der Gaststätte sogar nur 3 Monate. Wenn nichts Unvorhergesehenes geschieht aber natürlich ohne Probleme die vollen 5 Jahre.

Die Frage ist also: Kann der eingetragene Verein überhaupt einen auf 5 Jahre befristeten Mietvertrag unterzeichnen, ohne sofort insolvent zu werden? Oder wäre in dieser Konstellation nur ein unbefristeter Mietvertrag mit entsprechend kurzer Kündigungsfrist möglich, die auch im schlimmsten (und sehr unwahrscheinlichen) Fall sicherstellt, dass die aus dem Vertrag entstehende Verbindlichkeit bezahlt werden kann?

4. Juni 2013 | 08:44

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


der eingetragene Verein ist ja insolvenzfähig (§ 42 BGB i.V.m. den Regelungen der InsO).

Gründe für eine Insolvenz kennt das Gesetz in dem Fall nur 3: Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung.

a) Zahlungsunfähig ist ein Verein, wenn dieser nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Entgegen Ihrer Meinung ist bei Abschluss des Mietvertrags keine Schuld fällig, die über die fällige Mietzinsen hinausgeht. Daher ist dieser Grund nicht vorhanden;

a) Drohende Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn der Verein voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Drohende Zahlungsunfähigkeit ist also gegeben, wenn sich aus einem Vergleich zwischen den bestehenden und den mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit neu entstehenden Verbindlichkeiten, sowie den voraussichtlichen Einnahmen im Rahmen eines aufzustellenden Finanzplans ergibt, dass der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit. Dies ist auch Ihren Angaben nach nicht gegeben.

c) Letzte Möglichkeit ist die Überschuldung. Dies ist der Fall, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Aufgrund der Tatsache, dass keine Schuld iHv 200.000 € entstanden ist (s.o.) erachte ich den Grund auch als nicht gegeben.

Im Ergebnis ist kein Insolvenzgrund zu erkennen.-

Ich hoffe, Ihnen geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen

Ernesto Grueneberg, LL.M.
Abogado
Mitglied der Rechtsanwaltskammern Berlin & Madrid

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Rechtsanwalt Ernesto Grueneberg, LL.M.
Fachanwalt für Migrationsrecht

Rückfrage vom Fragesteller 4. Juni 2013 | 09:12

Vielen Dank für Ihre Antwort - das ist sehr erfreulich! Das bedeutet, dass in dieser Konstellation eine Insolvenz nur dann auftreten würde, wenn die monatlichen Beiträge sich derart reduzieren würden und keine alternativen Einnahmequellen gefunden werden können, so dass absehbar wird, dass die Miete in naher Zukunft nicht mehr gezahlt werden kann. D.h. der Vorstand muss lediglich auf den Fall "drohende Zahlungsunfähigkeit" aufpassen.

Ist das korrekt?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 4. Juni 2013 | 09:53

Nein, man kann dies so nicht sagen. Es müsste immer alle 3 Gründe kontrolliert werden.

Aber was Sie sagen stimmt für die drohende Überschuldung.-

Beachten Sie aber, dass nicht jede Art von Verbindlichkeit "getrennt" zu beachten ist.

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