Gaspreiserhöhung per einfachen Brief nicht erhalten

| 3. Juli 2012 15:28 |
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Vertragsrecht


Beantwortet von

Zusammenfassung

Hat ein Gaslieferant Anspruch auf Nachzahlung aufgrund einer Preiserhöhung, obwohl der Kunde keine Mitteilung darüber erhalten hat?

Ob der Versorger Anspruch auf die Nachzahlung hat, hängt von den Allgemeinen Versorgungsbedingungen des Vertrags ab. Wenn die Bedingungen vorsehen, dass der Kunde schriftlich über Preiserhöhungen informiert werden muss und der Zugang dieser Information Wirksamkeitsvoraussetzung ist, muss der Versorger den Zugang beweisen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe mit Wirkung vom 1.4.2011 einen Gasliefervertrag über 1 Jahr Laufzeit mit jährlicher Vorauszahlung ohne Preisgarantie nach Ablauf von 3 Monaten bei der Firma flexgas abgeschlossen. Diesen Vertrag habe ich fristgerecht gekündigt zum 31.3.2012, weil ich seit dem 1.4.2012 einen neuen Versorger habe.

Bereits vor Beginn der Belieferung habe ich auf der HP von flexgas ein persönliches Account mit Dokumenten-Postfach eingerichtet und meine email-Adresse hinterlegt, weil dies auch von flexgas in deren AGB zum Thema Kommunikation so gewünscht wird ( man weist ausdrücklich darauf hin, dass wichtige Dokumente wie z.B. Rechnungen per email und/oder online zur Verfügung gestellt werden und fordert die Kunden dazu auf, sich diese Infos auf elektronischem Wege zu beschaffen, weil sie so als zugestellt gelten).

Jetzt bekomme ich die Schlussrechnung zum 31.3.2012 per Post mit dem Hinweis, dass ab 1.7.2012 - also pünktlich nach Ablauf der 3-monatigen Preisgarantie - der Preis um 85 % gestiegen ist und ich eine Nachzahlung fast in Höhe meiner Jahresvorauszahlung leisten soll.

Ich habe jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Mitteilung über eine Preisanhebung erhalten, weder auf dem Postweg noch per email und auch nicht in meinem Postfach auf der HP von flexgas.

Dies habe ich per Kontaktformular dem Servicecenter von flexgas mitgeteilt und bekam als Antwort, dass man mir am 2.5.2011 ( also gerade mal 1 Monat nach Vertragsbeginn )ein entsprechendes Schreiben per Post (einfacher Brief)zugestellt habe. Da dieses nicht zurückkam, ist man von einer erfolgreichen Zustellung ausgegangen.

Auf meine Frage, warum man mir weder eine email-Benachrichtigung zukommen ließ noch ein entsprechendes Dokument in mein Postfach auf der HP hinterlegt hat, wurde nicht eingegangen.

Tatsache ist, dass ich von meinem Sonderkündigungsrecht wegen der Preisanhebung während der Vertragslaufzeit nicht Gebrauch machen konnte, weil ich davon keinerlei Kenntnis hatte. Es wird von mir seit jeher täglich der Postbriefkasten geleert, der email-Briefkasten kontrolliert und auch die online-Postfächer auf diversen HP werden in regelmäßigen Abständen durchgesehen.

Ein Schreiben mit derart wichtigem Inhalt wäre mir nicht entgangen. Ich habe nunmehr flexgas gebeten, mir eine Kopie des Preiserhöhungsschreibens zuzuschicken und erkenne die Nachzahlung wegen der Preisanhebung selbstredend nicht an.

Jetzt meine Fragen:

Hat flexgas trotz meiner Einlassung, dass ich keine Post mit einer Preisanhebung erhalten habe, Anspruch auf den erhöhten Preis?

Wer muss was beweisen? Muss ich beweisen, dass der Postbote mir das Schreiben nicht zugestellt hat oder muss flexgas beweisen, dass mir das Schreiben erfolgreich zugestellt worden ist?

Wie können die Beweise jeweils geführt werden?

Welche juristischen Auswirkungen ( z.B. Prozessrisiko meinerseits ) sind jeweils damit verbunden?

Wie soll ich mich ab sofort verhalten?

Vielen Dank für Ihre Hilfe und

mit freundlichen Grüßen





3. Juli 2012 | 17:42

Antwort

von


(531)
Schönbornstr. 41
60431 Frankfurt
Tel: 069 - 523140
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwaeltin-Jutta-Petry-Berger-__l102476.html
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Sehr geehrter Fragesteller,

ich bedanke mich für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme:

Ob für die Wirksamkeit der Gaspreiserhöhung der Zugang einer entsprechenden schriftlichen Erklärung bei dem Kunden Voraussetzung ist, wird sich maßgeblich nach den dem Energielieferungsvertrag mit der flexstrom zugrunde liegenden Allgemeinen Versorgungsbedingungen beurteilen. Für den Grundversorger ist in § 5 Abs. 2 GVV geregelt, dass Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss. Der Grundversorger ist verpflichtet, zu den beabsichtigten Änderungen zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Diese schriftliche Mitteilung ist hier aber nicht Vorraussetzung für eine wirksame Preisänderung.

Für den Vertrag mit Flexstrom findet § 5 Abs. 2 GVV jedoch keine unmittelbare Anwendung. Enthalten die Versorgungsbestimmungen der Flexstrom eine Klausel, wonach der Zugang der schriftlichen Preiserhöhungserklärung Wirksamkeitsvoraussetzung ist, dann hat Flexstrom den Zugang zu beweisen. Nachdem das Schreiben offenkundig nicht per Einschreiben versandt wurde, wird der Zugangsbeweis praktisch nicht gelingen. Ist in den Bedingungen hingegen festgehalten, dass der Zugang der brieflichen Preiserhöhungserklärung bei dem jeweiligen Kunden nicht Wirksamkeitsvoraussetzung ist, dann werden die bedingungegemäßen Erhöhungsvoraussetzungen zwar ggf. erfüllt sein. Die Vertragsbedingungen dürfen den Kunden jedoch nicht unangemessen benachteiligen, so dass die Preiserhöhungsklausel je nach konkreter Ausgestaltung gemäß § 307 I 1, 2 BGB unwirksam sein kann. Abschließend weise ich darauf hin, dass aktuell eine Entscheidung des EUGH im Vorlageverfahren des BGH zu dem Aktenzeichen VIII ZR 162/09 ausssteht, die für Ihren Fall dann bedeutsam sein wird, wenn die Preiserhöhungsklausel mit § 5 GVV wortgleich ist.

Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe

mit freundichen Grüßen
J. Petry-Berger
Rechtsanwältin


Rückfrage vom Fragesteller 3. Juli 2012 | 19:59

Sehr geehrte Frau Petry-Berger,
vielen Dank für die erste Orientierung. Leider haben Sie mir keine Verhaltensempfehlung geben,denn Flexgas wird mit Sicherheit mahnen und am Ende ein Inkassounternehmen einschalten, wie in vielen Fällen bereits geschehen. Kann ich es im Zweifel ruhig auf einen Gerichtsprozess ankommen lassen?

Flexgas schreibt in ihren AGB: FlexGas wird Sie über die Preisänderung schriftlich mindestens 6 Wochen vor deren Wirksamwerden informieren. Die Preisänderung gilt als genehmigt, wenn Sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Mitteilung den Vertrag schriftlich kündigen; auf diese Folge wird FlexGas Sie besonders hinweisen.

Somit ist für das Wirksamwerden der Preiserhöhung eine schriftliche Mitteilung erforderlich, wenn ich Ihre Ausführungen recht verstehe. Da kein Schreiben bei mir ankam und die Zustellung nicht bewiesen werden kann, wie Sie ausführen, ist diese Anforderung nicht erfüllt.

Bin ich also auf der sicheren Seite?

Vielen Dank für Ihre Hilfe.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 4. Juli 2012 | 16:16

Sehr geehrter Fragesteller,

soweit nach der von Ihnen zitierten Klausel der Kunde schriftlich informiert werden muss, wird Flexgas im Bestreitensfall den Zugang des Schreibens beweisen müssen, so dass für diesen Fall das Prozessrisiko gering sein dürfte. Allerdings weise ich darauf hin, dass Ihr Zitat mit der Klausel unter Ziffer 10.2. der auf der Seite http://www.flexgas.de/agb_spezial.php abgedruckten Klausel identisch ist und diese Klausel für Geschäftskunden gilt. Für Kunden, die keine Geschäftskunden sind, besteht nach 10.1. nicht das Erfordernis der schriftlichen Mitteilung. Da Ziffer 10.1. jedoch überhaupt keine bestimmte Form der Mitteilung vorsieht und somit allein die Veröffentlichung im Internet ausreichend sein könnte, spricht einiges für die Unwirksamkeit der dieser Klausel. Weiterhin weise ich darauf hin, dass für den Verbraucher die Möglichkeit der Einleitung eines Schlichtungsverfahrens vor der Schlichtungsstelle Energie besteht. Das Verfahren ist für den Verbraucher kostenfrei - die Verfahrensvoraussetzungen können Sie der Seite http://www.schlichtungsstelle-energie.de/index.php?id=23 entnehmen.

Mit freundlichen Grüßen

RA Petry-Berger

Bewertung des Fragestellers 6. Juli 2012 | 12:01

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Ich habe Verständnis dafür, wenn sich Anwälte hinsichtlich eventueller Prozessrisiken nicht festlegen wollen. Ein bisschen mehr Konkretheit hinsichtlich einer angemessenen Verhaltensweise meinerseits im aktuellen Fall hätte ich mir dennoch gewünscht.

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 6. Juli 2012
3,6/5,0

Ich habe Verständnis dafür, wenn sich Anwälte hinsichtlich eventueller Prozessrisiken nicht festlegen wollen. Ein bisschen mehr Konkretheit hinsichtlich einer angemessenen Verhaltensweise meinerseits im aktuellen Fall hätte ich mir dennoch gewünscht.


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