Unterhalt des unehelichen Vaters (Süddeutsche Leitlinien)

| 20. Mai 2012 22:27 |
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Familienrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Andre Stämmler

Sehr geehrte/r Anwalt/Anwältin,

mein Bruder ist unehelicher Vater eines 11 Jährigen in Süddeutschland, Bayern, Zuständigkeitsbereich OLG München, somit Süddeutsche Leitlinien (SüdL).

Trotz seiner (seit Geburt pünktlich geleisteten) Unterhaltszahlungen, ist die Kindsmutter der Meinung, es würde ihr mehr Unterhalt zustehen. Welche Ansprüche hat die Kindsmutter gegen meinen Bruder:

Seine Daten:
1. Einkommen aus Anstellung in seiner Firma über netto 6.000 Euro/Monat.

2. Ca. 1.000 Überschuss aus Vermietung/Monat

3. Eigene Kosten von ca. 600 für Krankenversicherung.

Daten der Kindsmutter:
1. Einkommen aus Anstellung ca. 2.500 Euro
2. zweites Kind mit neuem Partner, mit der sie zusammenlebt

Frage 1: Was ist überschlägig Unterhalt, der von meinem Bruder zu zahlen ist.

Frage 1a: Muss er bei diesem (vermutlich) Höchstsatz überhaupt seine Einkommensverhältnisse offenlegen?

Frage 2: Muss er sich an der privaten Krankenversicherung für das Kind beteiligen?

Frage 3: Muss er sich an den Kosten der Privatschule für seinen Sohn ca. 350 Euro/Monat beteiligen, die er weder ausgewählt, noch gewollt hat. Oder an den Hortkosten?

Frage 4: Mein Bruder zahlte getrennt vom Unterhalt 4 Jahre lang 100 Euro zusätzlich für einen Sprachkurs des Kindes. Das Kind hat den Kurs aber nur 2 Monate besucht. Kann mein Bruder dieses Geld zurückfordern?

Frage 5: Erhöht sich der Unterhaltsanspruch der Kindsmutter, wenn sie arbeitslos wird? Sie plant "sich kündigen zu lassen", da ihr der AG nicht mehr gefällt.

Frage 6: Muss mein Bruder es hinnehmen, dass die Mutter dem Kind beibringt, ihren neuen Partner "Papa" zu nennen?

Mein Bruder hat monatlich mit dauerhaften freiweilligen Zuzahlungen zum bisherigen Höchstsatz und in Sonderfällen sich als großzügig gezeigt, wird aber jetzt meiner Meinung nach mit ungerechtfertigten Ansprüchen konfrontiert. Und da sollte mein Bruder einfach mal seine Rechte und Pflichten kennen, bevor er (wieder) glaubt, es müsse das Doppelte etc. zahlen, was er ohnehin vorhat.

Nennen Sie gerne ein paar Paragraphen, damit mein Bruder nachlesen kann.

Danke und

mit besten Grüßen

der ratsuchende Bruder

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


1. Unterhaltsanspruch

Auch bei Anwendung der Süddeutschen Leitlinien verweisen diese bei der Höhe des Unterhalts auf die Düsseldorfer Tabelle. Nach dieser liegt das Einkommen über der Höchstgrenze von 5.100 Euro. Es muss demnach eine Berechnung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls erfolgen. Der Höchstsatz unter Anrechnung des Kindergeldes endet hier bei 491 €. Da Ihr Bruder offensichtlich nur für ein Kind unterhaltsverpflichtet ist, ist von einer Erhöhung auszugehen (die Düsseldorfer Tabelle geht von 2 Unterhaltsberechtigten aus, vgl. Anmerkung 1 der Düsseldorfer Tabelle).

1a. Offenlegung der Vermögensverhältnisse

Wie Sie bereits festgestellt haben überschreitet Ihr Bruder hier die max. Einkommensgrenze. Da hier eine individuelle Berechnung erfolgt müssen die Einkommensverhältnisse offen gelegt werden.

2. Private Krankenversicherung

Die Kosten einer privaten Krankenversicherung sind zu tragen, wenn das Kind bei keinem Elternteil mitversichert ist oder bereits vor der Trennung privat versichert gewesen ist. Die Kosten sind vom Barunterhaltspflichtigen allein zu tragen. (Vgl. auch mit weiteren Nachweisen Brudermüller in Palandt, § 1610 BGB , Rz. 12). Die Kosten einer privaten Krankenversicherung sind vom Einkommen abzuziehen.

Eine Ausnahme kann auch hier gelten, wenn die Möglichkeit besteht das Kind in die Familienversicherung aufzunehmen.

3. Privatschule

Die Kosten für eine Privatschule könne einen sog. Mehrbedarf des Unterhalts darstellen. Dies aber nur, wenn gewichtige Gründe für den Besuch einer Privatschule sprechen, z.B. weil nur so sichergestellt werden kann, dass ein Hauptschulabschluss erreicht wird oder eine öffentliche Schule nicht zu erreichen ist. Allein bessere Fördermöglichkeiten an einem Privatgymnasium reichen nicht aus (OLG Sachsen Anhalt vom 09.09.2008)

Der Mehrbedarf (Privatschule), sofern berechtigt, ist grundsätzlich anteilig nach dem Einkommen der Eltern zu tragen.

4. Rückforderung

Hier wird es darauf ankommen ob Ihr Bruder vom Abbruch des Sprachkurs wusste. Sofern dies nicht der Fall ist, besteht ein bereicherungsrechtlicher Anspruch (§ 812 BGB ). Sofern er vom Abbruch wusste entfällt der Anspruch regelmäßig (§ 814 BGB )

5. Anspruch der Kindesmutter

Die Kindesmutter hat an sich keinen eigenen Unterhaltsanspruch gegen den Vater bei einem 11 jährigen Kind. Ein solcher besteht nur kurz vor der Geburt bis ggf. 3 Jahre nach der Geburt. IN seltenen Einzelfällen kann sich dieser auch verlängern, wenn die Umstände des Einzelfalles dies erfordern (Pflegebedürftigkkeit des Kindes). Hiervon gehe ich nicht aus, da nach Ihren Angaben die Mutter berufstätig ist.

Etwas anderes kann gelten, wenn es sich um Nachehelichen Unterhalt handelt. Ich gehe nach den vorliegenden Informationen nicht davon aus, dass die Eltern verheiratet waren.

Hinsichtlich des Mehrbedarfs (z.B. ggf. die Privatschule) trifft die Mutter eine Erwerbsobliegenheit. Sie kann also nicht aus purer Lust und Laune die Erwerbstätigkeit aufgeben und dann vom Kindesvater einen erhöhten Unterhalt fordern.

6. Kindeswohl

Hier kommt es darauf an wie sich die Situation auf das Kindeswohl auswirkt. Wenn keinerlei Kontakt zwischen Kind und Vater besteht, das Kind den Vater ggf. nicht kennt, ist dies sicherlich unschädlich. Der Vater hätte dann auch keinen Anspruch. Etwas anderes gilt, wenn eine gute Beziehung zwischen Kind und Vater besteht. Hier ist davon auszugehen, dass ein derartiges Vorgehen dieses Verhältnis erschüttert und damit das Kindeswohl negativ beeinflusst. Der Vater kann dann vor dem Famieliengericht (örtliches Amtsgericht) dagegen vorgehen.

Im Hinblick auf das Kindeswohl sind die Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge zum Konsens verpflichtet (§ 1671 BGB ).

Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls sind in § 1666 BGB geregelt. Ein entsprechendes Verfahren, ebenso wie Unterhaltsverfahren, richten sich nach dem FamFG.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass dies Plattform eine umfassende Rechtsberatung nicht ersetzen kann und die Antworten maßgeblich von den zu Verfügung gestellten Informationen abhängig sind. In Anbetracht der offensichtlich angespannten Situation rate ich dazu einen Anwalt des Vertrauens zu kontaktieren.

Mit freundlichen Grüßen

André Stämmler

Rückfrage vom Fragesteller 21. Mai 2012 | 10:42

Sehr geehrter Herr RA Stämmler,

könnten Sie mir die Berechnung des Höchstsatzes von 491 € (Einzelkind, bzw. mein Bruder ist nur für 1 Kind unterhaltspflichtig) kurz erläutern.

Wie hoch ist "Zuschlag" für "nur einem Kind zu unterhalt verpflichtet" nach ständiger Rechtssprechung pie mal Daumen?

Zu 2. "Private Krankenversicherung"
Die Trennung der Eltern war noch vor der Geburt. Die Mutter hat das Kind ohne absprache Privatversichert. Ist somit mein Bruder verpflichtet, diese private Versicherung mitzuzahlen?

Danke für die kurz Präzisierung.


der Ratsuchende (Männlich)

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 21. Mai 2012 | 11:41

Sehr geehrter Ratsuchender,

die Düsseldorfer Tabelle können Sie hier einsehen

http://www.olg-duesseldorf.nrw.de/07service/07_ddorftab/07_ddorf_tab_2011/Duesseldorfer_Tabelle_2011.pdf

Auf der Tabelle auf Seite 1 sehen Sie links die Einkommensstufen, dann 4 Spalten für das Kindesalter. Die Zahlbeträge ergeben sich unter Anrechung des Kindergeldes (Vgl. hierzu S. der Tabelle).

Sofern weniger Berechtigte vorhanden sind, erfolgt regelmäßig die Einstufung in die nächst höhere Gehaltsstufe, also zB. von 1. in 2.

Dies ist hier jedoch nur hypothetisch, da aufgrund des Verdienstes eine individuelle Berechnung erfolgen muss.

Ggf. kann hier versucht werden sich auf einen Unterhalt im Bereich 550 € zu einigen. Dies wäre bei linearem Fortschritt des Düsseldorfer Tabelle der zu erwartende Betrag (1 Stufe wegen erhöhtem Einkommen, 2. Stufe wegen geringerer Anzahl an Unterhaltsberechtigten).

Sofern die Mutter selbst privat versichert ist und eine Mitversicherung des Kindes ausscheidet (was regelmäßig der Fall ist) ist der Vater verpflichtet. Etwas anderes gilt, wenn die Familienversicherung des Kindes möglich ist.

Ich hoffe ich konnte Ihre Nachfrage zufriedenstellend beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

A. Stämmler

Bewertung des Fragestellers 21. Mai 2012 | 13:58

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