Nachtrag bei Versicherung

| 28. März 2012 15:13 |
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Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Ingo Driftmeyer

Sehr geehrte Damen und Herrn,

am 27.11.2011 habe ich einen kleinen Unfall gemacht. Der gerufene Polizist hat mich für schuldig erklärt. Aber zum Glück hatte das Gegnerauto (mein auch) überhaupt keine Schaden, was in der Protokoll fixiert wurde. Der Gegner hat keine Geldansprüche an meine damalige Versicherung bis Jahresende gestellt und ist meine SFK entsprechend bisherig geblieben. Seit 2012 bin ich bei der anderen Versicherung unter Berücksichtigung meiner alten SFK versichert. Vor kurzem habe ich von der neuen Versicherung einen Nachtrag bekommen, wo sie mir mitteilt, dass die SFK wegen damaliges Unfalls erhöht wird und die Prämie entsprechend auch. Ich habe vorige Versicherung angefragt und die hat mit dem Brief bestätigt, dass es seit dem Unfalltag bis heute keine Ansprüche seitens Gegners gibt. Ich habe neue Versicherung darum benachrichtigt, aber abgesehen davon, sie fordert den Nachtrag zu bezahlen. Ist das richtig? Wenn nicht, kann ich wegen unbegründeter Prämieerhöhung den Vertrag kündigen?

MFG

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage!


Nachfolgend möchte ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung sowie Ihres Einsatzes Ihre Frage wie folgt beantworten:

1. Für die Höherstufung der SF-Klasse ist maßgeblich, ob die Versicherung im Vorjahr einen schadenfreien Verlauf aufweist.

Ein schadenfreier Verlauf liegt nach den Versicherungsbedingungen der meisten Anbieter vor (hier exemplarisch am Beispiel der Bedingungen der HUK24),

„wenn der Versicherungsschutz von Anfang bis Ende eines Kalenderjahres ununterbrochen bestanden hat und uns in dieser Zeit kein Schadenereignis gemeldet worden ist, für das wir Entschädigungen leisten oder Rückstellungen bilden mussten."

Erforderlich ist danach nicht die Regulierung eines Schadens durch Zahlung, sondern bereits die Rückstellung für zu erwartende Schadenzahlungen.

2. Es ist jedoch kein Automatismus, dass der Versicherer für jeden Fall eine Rückstellung vornimmt.

Gerade wenn dem Versicherer mit der Schadenmeldung oder kurz danach mitgeteilt wird, dass kein Schaden eingetreten ist, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine Rückstellung veranlasst wurde.

Der Versicherer hat vielmehr nachzuweisen, dass eine Rückstellung tatsächlich vorgenommen wurde (AG Offenbach, Urteil vom 24.01.2008, Az.: 36 C 246/07 ).

Sie können daher vom Vorversicherer diesen Nachweis verlangen.

3. Sollte sich daraus ergeben, dass der Vorversicherer keine Rückstellung nachweisen kann, können Sie gegenüber dem neuen Versicherer die Zahlung des erhöhten Prämienanteils verweigern.

Ein Sonderkündigungsrecht kann aus § 314 BGB resultieren. Sie müssen dann aber gemäß § 314 Abs. 2 BGB den Versicherer zunächst auffordern, die Prämie richtig zu berechnen.

Beachten Sie dabei aber bitte, dass keinesfalls der Zustand eintreten darf, dass Sie den PKW ohne Haftpflichtversicherungsschutz fahren – dies würde eine Straftat darstellen (§ 6 PflVG ).



Ich hoffe, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute!


Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:

Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann.

Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Driftmeyer
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 29. März 2012 | 13:30

Sehr geehrter Herr Driftmeyer,

Vielen Dank für ihre ausführliche Antwort. Wenn ich richtig verstanden habe, soll ich mich bei dem Vorversicherer erkündigen, ob er wegen des Unfalls eine Rückstellung vorgenommen hat oder nicht. Wenn nicht, dann kann die Forderung des neuen Versicherers verweigern und, benutzt das Sonderkündigungsrecht, den Vertrag kündigen. Wenn ja, soll die Prämieerhöhung bezahlen und entsprechend die neue Einstufung aufnehmen. Aber für welche Dauer darf die Rückstellung gebildet werden und wenn für diese Zeitraum der Unfallbetroffenen keinen Schadenersatz erhebt, muss das Zurückstufen zur Folge kommen.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Dirksen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 29. März 2012 | 15:05

Sehr geehrter Ratsuchender,

Ihre Nachfrage beantworte ich gern wie folgt:

1. Richtig, wenn der Vorversicherer die Rückstellung nicht nachweisen kann, dann teilen Sie dies dem jetzigen Versicherer mit und verlangen Korrektur der Prämie. Wenn er dem nicht nachkommt, können Sie kündigen.

2. Für eine im Nachhinein aufgelöste Rückstellung (d.h. wenn es zu keiner Schadenzahlung kam), sehen die Versicherungsbedingungen regelmäßig vor:

„Trotz Meldung eines Schadenereignisses gilt der Vertrag jeweils als
schadenfrei, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

Wir lösen Rückstellungen für das Schadenereignis in den 3 auf die
Schadenmeldung folgenden Kalenderjahren auf, ohne eine Entschädigung
geleistet zu haben."

Sie sollten beim Vorversicherer also auch nachfragen, ob die Rückstellung aufgelöst wurde und - falls nicht – um Mitteilung bitten, sobald dies innerhalb der nächsten drei Jahre geschieht.

Dann ist dies nach Auflösung der Rückstellung auch für die laufende Prämie zu berücksichtigen.

Eine Senkung der Prämie können Sie jedoch nur verlangen, wenn eine Rückstellung nicht erfolgt ist oder zum jetzigen Zeitpunkt bereits aufgelöst wurde.

Ansonsten hat die Auflösung einer Rückstellung nur Wirkung für den zukünftigen Prämienzeitraum.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Nachfrage hiermit beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Driftmeyer
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 30. März 2012 | 19:51

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