Sehr geehrter Fragesteller,
Ihrer Sachverhaltsschilderung entnehme ich, dass gegen Sie ein Vollstreckungsbescheid erlassen wurde, nachdem sowohl die Widerspruchs- als auch die Einspruchsfrist im Hinblick den Mahnbescheid bzw. den Vollstreckungsbescheid abgelaufen sind. Sie haben Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt und gleichzeitig - im Hinblick auf die abgelaufene Frist - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nach langem Schriftwechsel lehnt das Gericht die Wiedereinsetzung ab; die Ablehnung der Widereinsetzung erfolgte isoliert und in Urteilsform - bitte korrigieren Sie mich, falls meine Sachverhaltswiedergabe an der einen oder anderen Stelle nicht zutreffen sollte.
Gegen diese Ablehnung wollen Sie vorgehen und fragen nach dem Wie, den Kosten und allem, was dabei zu beachten ist.
Gegen die ablehnende Entscheidung ist gem. § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO
grundsätzlich das Rechtsmittel zulässig, welches gegen die Hauptsacheentscheidung, also die Entscheidung, gegen die Sie eigentlich wenden, wenn die Frist nicht versäumt worden wäre - hier der Vollstreckungsbescheid. Allerdings habe ich den Sachverhalt so verstanden, dass das Gericht in diesem Fall nur ein Urteil über die Frage der Wiedereinsetzung erlassen hat. Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung zum Landgericht zulässig.
Hierbei sind die allgemeinen Berufungsgrundsätze zu beachten: Die Berufung ist erst zulässig ab einem Streitwert von mehr als € 600,00 (oder das Gericht hat die Berufung ausdrücklich zugelassen); die Berufung muss von einem Anwalt eingelegt und begründet werden, da bei dem Landgericht Anwaltszwang besteht; es müssen natürlich die Berufungseinlegungs- und -begründungsfrist jeweils beachtet werden (Einlegung: 1 Monat ab Zustellung des vollständigen Urteils, spätestens aber 5 Monate ab der Verkündung (selbst wenn dann immer noch kein schriftlich begründetes Urteil vorliegen sollte); Begründung: 2 Monate ab Zustellung, spätestens aber 5 Monate ab Verkündung) und auch die sonstigen für eine Berufung geltenden Formalia (wenn sie einen Anwalt beauftragen - und wegen des Anwaltszwangs kommen Sie nicht darum herum -, so ist davon auszugehen, dass er diese Formalia in aller Regel richtig beachten wird).
Wurde über den Widereinsetzungsantrag durch gesondertes Urteil entschieden und liegt die Entscheidung in der Hauptsache bereits vor (hier: der Vollstreckungsbescheid), so enthält dieses Urteil in aller Regel einen Ausspruch über die Kostentragungspflicht. Bei einer Berufung gegen dieses Urteil muss das Gericht daher auch über die Kosten des Berufungsverfahrens entscheiden. Hierbei ist § 238 Abs. 4 ZPO
zu beachten: Danach fallen die Kosten der - auch einer erfolgreichen - Wiedereinsetzung grundsätzlich dem Antragsteller zur Last. Die Höhe der Kosten richtet sich dabei grundsätzlich nach der Höhe des Streitwertes sowie danach, welche Anwaltsgebühren im Einzelenen anfallen. Mangels näherer Sachverhaltsinformationen kann ich hierzu aber keine näheren Angaben machen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort behilflich sein.
Mit freundlichen Grüßen
Fenimore v. Bredow
Rechtsanwalt /Fachanwalt für Arbeitsrecht
Sehr geehrter Herr v.Bredow,
besten Dank für Ihre sehr klare und ausführliche Antwort. Den Sachstand haben Sie richtig wiedergegeben: Es liegt mir ein Urteil vor, das (lediglich) den Einspruch und die Wiedereinsetzung ablehnt.
Eine Rückfrage muss ich mir dennoch erlauben, denn bevor ich eine Berufung vor dem LG angehe, wie von Ihnen dargestellt, muss ich in etwa wissen, welches (fin.) Risiko ich damit eingehe und ob es nicht besser ist, jetzt in den sauren Apfel zu beißen?
Der saure Apfel sähe im Augenblick so aus: Ich verfluche das AG sowie den Kläger, zahle die 750€ Streitwert (es handelt sich übrigens um eine völlig unberechtigte Forderung, die vor keinem Gericht der Welt Bestand hätte) sowie die bisherigen Kosten des Verfahrens und versuche alles, schnell zu vergessen.
Oder ich suche mir einen Anwalt, am besten in der Stadt des zuständigen LG und beauftrage ihn mit dem Versuch, Gerechtigkeit herzustellen.
Nachfrage also:
Wie viel könnte er dafür maximal in Rechnung stellen, wie hoch könnten die Gerichtskosten am LG sein, und wird die Gegenseite etwa auch kostenpflichtig tätig?
Sehr geehrter Fragesteller,
bei einem Streitwert von €750,00 liegen die Anwaltskosten im Berufungsverfahren bei rd. € 200,00 bis 240,00 pro Seite, wenn das Verfahren durch ein Urteil entschieden wird (im Falle eines Vergleichs liegen die Kosten noch etwas höher).
Die Gerichtskosten liegen bei rd. € 150,00.
Da im Zivilverfahren der Grundsatz der Kostenerstattung gilt, muss letztlich derjenige alle Kosten übernehmen, der das Verfahren verliert. Das Kostenrisiko liegt also im Berufungsverfahren bei in etwa € 600,00. Angesichts des geringen Streitwertes müssen die Erfolgsaussichten der Berufung also besonders sorgsam abgewogen werden.
Wenn Sie allerdings rechtsschutzversichert sind und die Versicherung eine Deckungszusage fūr das Berufungsverfahren erteilt, spielen diese Überlegungen dann keine Rolle mehr.
Mit freundlichen Grüßen
Fenimore v. Bredow