Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihre Fragen beantworte ich Ihnen unter Berücksichtigung Ihrer Schilderung und des gewählten Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung gerne wie folgt.
Die Anhörungsrüge ist statthaft, soweit kein anderes Rechtsmittel zur Verfügung steht.
In dem von Ihnen geschilderten Fall kommt hier lediglich die Berufung in Betracht. Da Sie angeben, dass die Beschwer aus der Verurteilung unter 600,00 € liegt, ist eine Berufung nur möglich, soweit sie ausnahmsweise in dem erstinstanzlichen Urteil zugelassen worden ist. Hiervon gehe ich anhand Ihrer Angaben nicht aus.
Zu rügen ist eine Verletzung rechtlichen Gehörs, die sich auf die Entscheidung ausgewirkt hat.
Rechtliches Gehör kann dadurch verletzt werden, das gar nicht die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt aber auch dann vor, wenn das Vorbringen und die Argumente einer Partei des Rechtsstreits, also einer Seite, nicht berücksichtigt werden, eine Auseinandersetzung mit ihnen nicht stattfindet. Andernfalls wäre der Anspruch inhaltsleer und wertlos.
Nach Ihrer Darstellung kann eine Verletzung rechtlichen Gehörs und damit auch eine Anhörungsrüge begründet werden. Eine nähere Einschätzung, insbesondere auch zu den Erfolgsaussichten, sofern eine solche überhaupt seriös möglich ist, kann natürlich nur dann und erst erfolgen, wenn der gesamte Akteninhalt bekannt ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Entscheidung über die Anhörungsrüge von dem selben Richter getroffen wird, der bereits das Urteil verfasst hat. Da die Anhörungsrüge kein echtes Rechtsmittel ist, entscheidet nicht etwa ein anderes Gericht.
Sollte die Anhörungsrüge nicht zu dem gewünschten Erfolg führen, bleibt eine Verfassungsbeschwerde. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist grundgesetzlich verankert und geschützt. Vor einer solchen wiederum ist die Anhörungsrüge zwingend vorgeschrieben, da nur durch sie der Rechtsweg vollständig erschöpft wird. Dies ist Voraussetzung für die Erhebung einer zulässigen Verfassungsbeschwerde.
Wenn im Zeitpunkt der Urteilszustellung ein wirksames Mandatsverhältnis und eine wirksame Prozessbevollmächtigung vorliegen, wird für die zweiwöchige Frist zur Erhebung der Anhörungsrüge auf die Zustellung beim bevollmächtigten Anwalt abzustellen sein. Dies ist dann der Zeitpunkt, in dem er das Empfangsbekenntnis abgegeben hat. Jedenfalls ist man so auf der sicheren Seite. Eine Fristberechnung nach diesen Grundsätzen ist daher zu empfehlen.
Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben. Eine Tätigkeit in dem konkreten Einzelfall kann und will dieser Beitrag nicht ersetzen. Er dient dazu, einen ersten rechtlichen Überblick zu erhalten. Hierbei sind insbesondere die Eingeschränktheit der Information und der Zeit, sowie die Höhe des Honorars zu berücksichtigen. Für weitere Unterstützung stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Für den Fall, dass eine Unklarheit im Hinblick auf Ihre ursprünglichen Fragen besteht, darf ich sie freundlich auf die kostenlose Nachfragemöglichkeit hinweisen.
Antwort
vonRechtsanwalt Christoph M. Huppertz
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Rechtsanwalt Christoph M. Huppertz
Nachfrage :
Vielen Dank für sehr schnelle und umfassende Antwort.
Der wichtige Satz aus Ihrer Antwort ist für mich:
"Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt aber auch dann vor, wenn das Vorbringen und die Argumente einer Partei des Rechtsstreits, also einer Seite, nicht berücksichtigt werden, eine Auseinandersetzung mit ihnen nicht stattfindet."
Woraus leitet sich das ab – aus eine Rechtsvorschrift, einem Urteil … , falls ja welcher(m)?
Sehr geehrte Ratsuchende,
gerne beantworte ich Ihnen Ihre Nachfrage wie folgt.
Wie bereits ausgeführt, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht nur einfachgesetzlich geregelt, nämlich in dem von Ihnen geschilderten Fall in § 321a ZPO
, sondern auch im Grundgesetz verankert, Art. 103 Abs. 1 GG
.
Wenn der Vortrag einer Partei im Prozess übergangen wird, verletzt dies nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deren Anspruch auf rechtliches Gehör (BVerfGE 22, 274).
Mit freundlichem Gruß
-Huppertz-
Rechtsanwalt