Nachbarrecht

| 27. September 2011 21:01 |
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Nachbarschaftsrecht


Beantwortet von

Ich erbitte Rechtsauskunft zu nachfolgendem Sachverhalt mit der Fragestellung vorweg:
Was ist von mir zu veranlassen, damit der Fachbetrieb die Arbeiten vom benachbarten Grundstück aus durchführen kann?
Hat die gegnerische Verzögerung Konsequenzen für mich bzgl. Schadensersatz, falls ein behaupteter Schaden (angeblich erste Anzeichen von Setzung des Pflasters, Durchfeuchtung Wohngebaüde udgl.) geltend gemacht werden sollte.

Fakten:
Genehmigungsfreies Nebengebäude nach BayBO; Befreiung (von den Festsetzungen des Bebauungsplanes)aus 2009 liegt vor
Abmessungen beantragt:
Länge 9,00m x Tiefe 2,50m mit Traufhöhe an der Grundstücksgrenze 3,00 m, Pultdach 13° (steigend)
Ergibt das max. zul. Volumen für genehmigungsfreie Gebäude von 75 m3

Gebaut: Oktober 2010
Länge 8,00m x Tiefe 3,50m, Traufhöhe und Dachneigung wie beantragt.
Problem: Volumen ist größer 75 m3, Behörde weiss dank Nachbar Bescheid; erste (ergebnislose) Kontaktaufnahme diesbezüglich erfolgt.

Fall:
Nebengebäude an der Grundstücksgrenze errichtet direkt hinter gemeinschaftlichem Mauersockel (Betonsteinmauer, 24 cm stark, ehem. Maschendrahtzaun vom Nachbarn entfernt und Pressstabgitterzaun erstellt.) Abstand der Mauer des Nebengebäudes zur Grenze beträgt also ca. 10 cm. Dieses Maß reicht, um die Regenrinne noch auf dem eigenen Grundstück an der Traufe befestigen zu können. Also kein Überbau.
Kastenregenrinne an der Traufe ist angeblich zu klein bemessen (lt. Gutachten eines Bausachverständigen der gegn. Partei)und sitzt zu tief. Wasser läuft, vor allem bei Starkregen, über die Rinne auf das benachbarte Grundstück.
Das Gelände dort ist eine gepflasterte Zufahrt.
Gegnerisches rechtsanwaltliches Schreiben weißt auf den Missstand hin und setzt Frist zur Beseitigung unter Hinweis, dass das Grundstück nicht betreten werden darf.
Antwortschreiben erstellt mit Bereiterklärung zur Beseitigung (Aufhöhung der Rinne) und Berufung auf das Hammerschlags- und Leiterrecht wegen Zutrittserlaubnis.

Keine Reaktion von der Gegenseite

Zwischenzeitlich Angebot eingeholt mit dem Ergebnis, dass eine fachgerechte Ausführung und Montage nur vom benachbarten Grundstück aus durchführbar ist für die Dauer von ca. 1-2 Stunden (technische und arbeitsschutzrechtliche Gründe)

Mit zweitem Schreiben (Einschreiben + e-mail + Fax)von mir erneute Aufforderung das Grundstück betreten zu dürfen, unter Hinweis auf § 904 BGB (Notstand), wonach der Zutritt dem Fachbetrieb gewährt werden muss. Zeitgleich Schilderung, was gemacht werden soll und Zusicherung der schonenden und zügigen Behandlung des Eigentums. Bisher keine Reaktion

Nachbar ist größtenteils zuhause. Hat Hunde. Ist streitbar, gütliche Einigung scheidet leider aus. Wir haben Hausverbot.

27. September 2011 | 22:34

Antwort

von


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Sehr geehrte Fragesteller/Ratssuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie des Einsatzes gerne wie folgt beantworte:

1. Was ist von mir zu veranlassen, damit der Fachbetrieb die Arbeiten vom benachbarten Grundstück aus durchführen kann?

a.) Können am eigenen Haus oder Grundstück Reparatur- oder Wartungsarbeiten ohne das Betreten des nachbarlichen Grundstücks nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand ausgeführt werden, dann hat der Nachbar das Betreten seines Grundstücks zu dulden.
Dieses als "Hammerschlags- und Leiterrecht" bekannte Nachbarrecht ist in zahlreichen Nachbargesetzen der Länder, nicht in Bayern, ausdrücklich normiert. Wo eine gesetzliche Regelung fehlt, ergibt sich das Hammerschlags- und Leiterrecht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis.

Die Inanspruchnahme des nachbarlichen Grundstücks ist nur dann gestattet, wenn andere Lösungen technisch unmöglich sind oder einen unverhältnismäßig hohen Aufwand hervorrufen würden. Zur Erhaltung eines Bauwerkes notwendige Unterhaltungs-, Instandsetzungs- und Bauarbeiten, die nur vom Nachbargrundstück aus durchgeführt werden können, muss der Nachbar also danach dulden. Die Duldungspflicht gilt nur für die Teile des Nachbargrundstücks, auf welche die genannten Voraussetzungen zutreffen.

Der betroffene Nachbar kann für mögliche Schäden durch die fremde Nutzung seines Grundstücks die Stellung einer Sicherheitsleistung durch den Nachbarn verlangen.

Die Nutzung des Nachbargrundstücks muss weiter verhältnismäßig sein und darf nicht zu Schäden oder wesentlichen Beeinträchtigungen am Nachbargrundstück führen.

Wenn die Störung allerdings zu lange dauert, kann der Nachbar nach den meisten Landesbestimmungen sogar eine Geldrente verlangen.

Für Schäden, die dem Nachbarn kausal durch Ausübung des Hammerschlags- oder Leiterrecht entstehen, muss der Schädiger aufkommen.

b.) Bevor jedoch das Grundstück des Nachbarn beansprucht wird, müssen Sie ihm also ihr Vorhaben schriftlich anzeigen. Übersenden Sie ihm mit diesem weiteren Schreiben überprüfbare schriftliche Nachweise, dass andere Lösungen technisch unmöglich sind oder einen unverhältnismäßig hohen Aufwand hervorrufen, um die Arbeiten sach- und fachgerecht durchzuführen. Setzen Sie ihm im Schreiben eine angemssene Frist sein schriftliche Zustimmung zu erteilen und weisen ihn darauf hin, dass Sie nach Ablauf der Frist gezwungen sind, seine Duldung gerichtlich durchzusetzen und auch für evtl. durch seine Weigerung weiter entstehenden Schäden am Grundstück nicht aufkommen müssen.

Erklärt er weiterhin nicht seine Zustimmung bzw. reagiert, dürfen Sie das Nachbargrundstück nicht betreten! Das Hammerschlags- und Leiterrecht gibt kein Selbsthilferecht zur Betretung des nachbarlichen Grundstücks. Das dem Betreten des benachbarten Grundstücks ohne das Einverständnis des Nachbarn erfüllt in aller Regel den Tatbestand des Hausfriedensbruchs.

Verweigert der Nachbar den Zutritt, müssen Sie das Hammerschlags- und Leiterrecht folglich mit gerichtlicher Hilfe geltend machen und durchsetzen. In diesem Fall ist also die einzige Möglichkeit, Ihr Recht durchzusetzen und den Nachbarn zu einer Kooperation zu zwingen, den Nachbarn gerichtlich auf Duldung zu verklagen. Diese würde jedoch nur Erfolg versprechen, wenn Sie, wie oben ausgeführt, ein Recht hätten, auf das Sie Ihren Anspruch stützen könnten. Die Voraussetzungen des Hammerschlags- und Leiterrechts könnten vorliegend nach Ihrer Schilderung allerdings gegeben sein. Sie müssten also darlegen und nachweisen/beweisen, dass Sie zur Durchführung der Arbeiten zwingend auf das Nachbargrundstück müssen.

2. Hat die gegnerische Verzögerung Konsequenzen für mich bzgl. Schadensersatz, falls ein behaupteter Schaden (angeblich erste Anzeichen von Setzung des Pflasters, Durchfeuchtung Wohngebaüde udgl.) geltend gemacht werden sollte.

Aufgrund Ihrer Schilderung vermag ich bereits das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht dem Nachbarn gegenüber nicht festzustellen.

Selbst unterstellt des Falles, es lägen die Voraussetzungen eines irgendwie gearteteten Schadensersatzanspruches vor wegen Schäden, die am Nachbargrundstück durch die verweigerte Zustimmung des Nachbarn entstehen, so verstieße deren Geltendmachung seinerseits gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, da sich der Nachbar hierdurch widersprüchlich verhalten würde. Eine gegen diesen Grundsatz verstoßende Rechtsausübung ist unzulässig.

Der Grundsatz von Treu und Glauben ist eine Generalklausel und gilt als der allgemeine Rechtsgrundsatz, nach dem im Rechtsleben gegenseitiges Vertrauen geschützt, aber auch vorausgesetzt wird und seine Verletzung u. U. zum Rechtsverlust führt.

Aus § 242 BGB ergibt sich über die §§ 226 , 826 BGB hinaus der allgemeine Grundsatz, dass jede gegen Treu und Glauben verstoßende Rechtsausübung unzulässig ist. Der Berechtigte darf nicht ein Recht geltend machen, wenn er sich dadurch mit seinem früheren Verhalten in Widerspruch setzen würde (venire contra factum proprium).

Bitte beachten Sie, dass meine Ausführungen nur eine erste rechtliche Einschätzung auf der Grundlage Ihrer Angaben darstellen können. Der Umfang meiner Beratung ist dabei durch die zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 4 RVG begrenzt.

Ich weise darauf hin, dass die Beantwortung Ihrer Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung erfolgt. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.

Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen als erste Orientierung im Rahmen der Erstberatung weitergeholfen.

Für eine weitergehende Beratung stehe ich gerne zur Verfügung. Bitte kontaktieren Sie mich dazu über die unten genannten Erreichbarkeiten.


Mit freundlichen Grüßen
Mathias F. Schell, Rechtsanw


Rechtsanwalt Mathias F. Schell

Rückfrage vom Fragesteller 29. September 2011 | 21:13

Wenn ich Sie recht verstehe muss ICH den Nachbar auf Duldung der Ausbesserungsarbeiten verklagen, um mir Zutitt zum Gelände verschaffen zu können und um einen Mangel fachgerecht zu beseitigen, dessen Beseitigung der Nachbar fordert, aber mit allen Mitteln (Verweigerung der Betretungserlaubnis) zu verhindern sucht?
Anmerkung: Was passiert mir denn, wenn ich nichts mache, weil ich in der Ausübung der Arbeiten derart behindert werde? Der Nachbar verklagt mich dann auf Unterlassung und ich bringe meine Argumente dagegen (wie geschildert). Dann habe ich wohl die schlechteren Karten?
Übrigens: Herzlichen Dank für die ultraschnelle und ausführliche Beantwortung.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 30. September 2011 | 09:44

zu 1.: Ja, Sie müssten den Nachbar aud Duldung verklagen.

zu 2.: Grundsätzlich haben Sie auch insoweit recht. Doch gilt auch hier der allgemeine Grundsatz, dass jede gegen Treu und Glauben verstoßende Rechtsausübung unzulässig ist. Der Berechtigte darf nicht ein Recht geltend machen, wenn er sich dadurch mit seinem früheren Verhalten in Widerspruch setzen würde (venire contra factum proprium).

Mit freundlichen Grüßen
Mathias F. Schell, Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 29. September 2011 | 21:15

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