Sehr geehrter Ratsuchender,
zunächst einmal ist es unsinnig, dass sich etwas am Bestandschutz ändern würde, wenn "die Gesetzeslage sich ändert".
Wesen des Bestandschutzes ist auch gerade der Schutz gegenüber nachträglichen Rechtsänderungen, wobei auch nicht erkennbar ist, welche Gesetzesänderung hier Auswirkungen zu Lasten des Bestandschutzes haben sollte.
Diese "Erklärung" der Stadt ist also falsch.
Hinsichtlich der Fotovoltaikanlage gilt die Mitteilung der Aufsichtsbehörde.
Falsch ist auch die Behauptungt der Stadt, der Bestandschutz sei durch die Fundamentunterfangung und der Entfernung der Welleternitdacheindeckung mit dem Holzbalkenlager verloren gegangen:
Der Bestandschutz gewährt nicht nur das Recht, den Bestand zu erhalten und zu nutzen. Vielmehr berechtigt der Bestandschutz auch dazu, die zur ERHALTUNG und ZEITGEMÄßEN NUTZUNG notwendigen Maßnahmen durchzuführen (BVerwG, Urt.v. 17.01.1986, 4 C 80/82
).
Allerdings darf dabei nicht die Identität des ursprünglichen Gebäudes aufgegeben werden: dieses ist immer dann der Fall, wenn das ursprüngliche Gebäude nicht mehr als Hauptsache angesehen wird, man quasi von einem Neubau ausgehen muss.
Aber genau dieses wird man nach Ihrer Sachverhaltsdarstellung eben nicht bejahen können:
Die Fundmentunterfangung dient der Erhaltung; wesentliche Identitätsänderungen liegen dadurch sicherlich nicht vor.
Problematisch könnte allenfalls die andere Dachneigung sein (nicht die Dacheindeckung - BVerwG, a.a.O.), wenn dadurch der Gesamtcharakter derart verändert worden sein sollte, dass eben die Identität nicht mehr vorliegt.
Dieses wäre vielleicht noch gesondert zu prüfen, wobei die obige Entscheidung aber auch recht umfangreiche Maßnahmen zulässt, so dass die Neigungsänderung also schon recht gravierend sein müsste (was ich mir aber kaum vorstellen kann).
Aber wie bereits ausgeführt, könnte dieses (leider) ein Ansatzpunkt sein und sollte weitergehend geprüft werden. Kommt man dabei zu dem Schluss, dass keine Identitätsänderung vorliegt, gilt vielmehr:
Aus dem Gesichtspunkt des Bestandschutzes hätten Sie nun einen Anspruch auf Erweiterung des Bautenzustandes, so dass nun die Genehmigungsbehörde auf Ihren Antrag verpflichtet wäre, einen entsprechenden Bescheid zu erlassen.
Nach Ihrer bisherigen Sachverhaltsdarstellung sehe ich daher wenig Möglichkeiten seitens der Behörde, mit der Abrissverfügung durchzudringen.
Gleichwohl sollten Sie zeitnah einen Rechtsanwalt beauftragen, allein auch, um nicht an Formalien zu scheitern.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Bohle
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Sehr geehrter Herr Ra Bode,
danke für Ihre schnelle, aussagekräftige Antwort.
Muß ich Ihre Antwort -Hinsichtlich der Fotovoltaikanlage gilt die Mitteilung der Aufsichtsbehörde- so verstehen, daß die Fotovoltaikanlage heute genehmigungspflichtig ist? und ich verstehe die Anmerkung-(nicht die Dacheindeckung - BVerwG, a.a.O.)- nicht.
Mit freundlichem Gruß
VW
Sehr geehrter Ratsuchender,
grundsätzlich ist eine Genehmigung nicht erforderlich, wenn die Photovoltaikanlage auf Dächern oder an Fassaden montiert wird.
Allerdings ist dabei auch das materielle Baurecht und die jeweilige Landesbauordnung zu beachten, wonach ein Freistellungsverfahren oder eine Anzeige zu erfolgen aht.
Dass allerdings diese Anlage nicht mehr erlaubt wird, ist der blanke Unsinn des städtischen Sachbearbeiters.
Zudem haben Sie ja die Auskunft erhalten, wobei auch insoweit keine Gesetzesänderung eingetreten ist.
Es bleibt also wirklich nur das bereits angesprochene Problem(chen) der Dachneigung, wenn dadurch die Identität geändert worden wäre.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle