Zugewinnausgleich bei Leibrente

| 13. Mai 2011 15:49 |
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Familienrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Ingo Driftmeyer

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum 1.Mai 2008 habe ich (während meiner Ehe) von einer guten, mit mir nicht verwandten Bekannten (80-jährig) ein Haus auf Leibrentenbasis (€ 1200,- p. M) übertragen bekommen.
Laut notariellem Vertrag galt:
"Soweit der Wert des Vertragsobjektes die Gegenleistung (Leibrente) übersteigt, ist dieses aufgrund des Bestehenden Vertrauensverhältnisses zwischen den Vertragsteilen an den Erwerber geschenkt."
Ich zahlte dementsprechend eine Schenkungssteuer von ca. € 30000,00, die meine Eltern mir als Voraberbe zukommen ließen.
Da meine Ehe demnächst geschieden wird, würde mich interessieren, in wie weit dieses Objekt ganz oder teilweise dem Zugewinn hinzuzurechnen ist.
Die bisher geleisteten Leibrentenzahlungen betragen ca. € 43000,-, die ich wohl sicher als Zugewinn anrechnen muss?

Mit freundlichen Grüßen

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage!


Nachfolgend möchte ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung sowie Ihres Einsatzes Ihre Frage wie folgt beantworten:

In Ihrem Fall stellt sich zum einen die Frage, ob das übertragene Grundstück als privilegierter Erwerb gemäß § 1374 BGB ganz oder teilweise dem Anfangsvermögen zuzurechnen ist und zum anderen, ob und wie die fortdauernde Leibrentenverpflichtung als Verbindlichkeit im Endvermögen nach § 1375 anzusetzen ist.

1. Vermögensgegenstände, die u.a. durch Schenkung erworben werden, sind gemäß § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen zuzurechnen und dadurch dem Zugewinnausgleich entzogen.

Grund hierfür ist, dass es sich um eine persönliche Zuwendung an einen Ehegatten handelt, an der der andere nicht über den Zugewinnausgleich profitieren soll.

Dazu gehört auch eine gemischte Schenkung, bei der die Zuwendung die Gegenleistung übersteigt. Bei einer solchen stellt nur der unentgeltliche Teil einen privilegierten Erwerb nach § 1374 Abs. 2 BGB dar.

In dem Fall, dass der Grundstücksübertragung eine Leibrentenverpflichtung gegenübersteht besteht die Problematik darin, den Wert der Leibrente zu bemessen, da im Vorwege nicht gesagt werden kann, wie lange diese bestehen bleibt.

Nach der Rechtsprechung ist der Wert der Leibrente bezogen auf den Tag der Grundstücksübertragung zu kapitalisieren (BGH, Urteil vom 07.09.2005, Az.: XII ZR 209/02 ).

Dies bedeutet vereinfacht gesagt, dass ausgehend von der verbleibenden Lebenserwartung der Zuwenderin (nach amtlicher „Sterbetabelle") der voraussichtlich zu zahlende Gesamtbetrag errechnet wird (OLG Schleswig, Urteil vom 25. 11. 2008, Az.: 3 U 11 / 08).

Dieser Betrag ist vom Wert der Immobilie abzuziehen um den privilegierten, zum Anfangsvermögen zählenden Wert der Schenkung zu ermitteln.

2. Die Leibrente ist im Endvermögen nach § 1375 BGB als Verbindlichkeit mit Ihrem Wert am Stichtakt für das Endvermögen (Zustellung Scheidungsantrag)einzustellen (BGH, in dem o.g. Urteil). D.h. die Berechnung erfolgt in diesem
Fall ausgehend vom Tag des Scheidungsantrages.

Durch den Zeitablauf hat sich der Wert der Leibrentenverpflichtung entsprechend der verbleibenden Lebenserwartung der Zuwenderin verringert.

Dieser Betrag ist von den Vermögenspositionen auf der Seite der Aktiva abzuziehen, zu denen natürlich auch das noch im Endvermögen vorhandene Grundstück gehört.

3. Zusammenfassend bedeutet dies, dass die Leibrentenverpflichtung sowohl bei der Berechnung des Anfangsvermögens als auch bei der des Endvermögens zu berücksichtigen ist.

Die bisher gezahlten 43.000 € Leibrente mindern im Endvermögen die noch verbleibende Verbindlichkeit.

4. Ein Beispiel zur Verdeutlichung:

Wert des Grundstückes 240 TSD – Wert der Leibrente bei Übertragung (berechnet nach Lebenserwartung) 110 TSD
Schenkung, die zum Anfangsvermögen gerechnet wird 130 TSD.

Im Endvermögen verbleibt der Wert des Grundstückes (240 TSD) abzüglich der restlichen Verbindlichkeit aus Leibrente (110 TSD – bisher gezahlter 43.000) 67 TSD. Dies sind 173 TSD.

Der Zugewinn würde sich auf (173 TSD – 130 TSD) 43 TSD belaufen. Dieser wäre – hier ungeachtet der übrigen Vermögenspositionen wie Bankguthaben etc. – hälftig auszugleichen.

Im Ergebnis hätte Ihre Ehefrau dadurch keine Teilhabe an dem Schenkungsanteil der Grundstücksübertragung (110 TSD).




Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute!



Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:

Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann.


Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben. Sie können natürlich gerne über die Nachfrageoption mit mir Verbindung aufnehmen, wenn noch Unklarheiten bestehen.



Mit freundlichen Grüßen

Ingo Driftmeyer
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 13. Mai 2011 | 18:07

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Gute Erklärung, jetzt weiß ich besser Bescheid...

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