Gewerbemietvertrag: Verrechnen der laufenden Miete mit der Kaution

| 4. August 2010 18:43 |
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Vertragsrecht


Beantwortet von


14:39

Seit 1998 bin ich Mieter einer Gewerbemieteinheit im Hinterhof eines Mehrfamilienhauses (Lagerfläche + Büro). Bei Mietbeginn habe ich 6.600 DM Kaution als Postsparbuch hinterlegt. Weil mir die Miete nicht mehr angemessen erschien habe ich 2005 den Mietvertrag gekündigt, bin dann aber doch nicht ausgezogen, sondern habe die Miete (ohne das mit dem Vermieter schriftlich zu vereinbaren) seitdem um die Hälfte gekürzt und habe die Flächen weiter genutzt, ohne dass der Vermieter etwas dagegen unternommen hätte, er hat die Fortsetzung des eigentlich gekündigten Mietverhälnisses zu den neuen Mietkonditionen quasi stillschweigend geduldet. (wie gesagt, schriftlich gibt es, außer meiner Kündigung, darüber nichts). In 2009 wurde die Immobilie verkauft. Auch der neue Eigentümer hat sich zu der geminderten Miete, oder zu der Tatsache, dass ich ja eigentlich schon vor langer Zeit gekündigt habe ohne ausgezogen zu sein bisher nicht geäußert.
Da ich mittlerweile wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten die Absicht habe den Betrieb aufzugeben habe ich seit zwei Monaten die Mietzahlungen jetzt ganz eingestellt, möchte aber vom Vermieter das Postsparbuch mit der Kaution zurückhaben.
Der (neue) Vermieter teilt mir jetzt mit ich soll die Mietfläche zum nächsten ersten räumen, da ich sowieso wegen meiner damaligen Kündigung keinen gültigen Vertrag hätte und falls sich herausstellen sollte, dass trotz meiner Kündigung doch das alte Mietvertragsverhältiss weiterbestünde würde er mir jetzt vorsorglich fristlos kündigen weil das laut dem alten Vertrag möglich ist, sobald zwei Monate Mietzahlungen ausbleiben (das stimmt, es steht so im Vertag). Außerdem macht er auf sein Vermieterpfandrecht aufmerksam. Von der Kaution schreibt er nichts, aber ich vermute, er will die mit meinen Mietkürzungen, oder wegen unterlassener Instandhaltungsmaßnahmen meinerseits verrechnen, so daß ich keine Kaution mehr bekomme.
FRAGE: Was passiert, wenn ich jetzt z. B. diesen Räumungstermin ignorieren und einfach so lange die Mietfläche nutzen und drin bleiben, bis die Kaution aufgebraucht ist ? Er darf mir ja wahrscheinlich, Mieterpfandrecht hin oder her, nicht einfach so ein neues Schloss einbauen und mir den Zugang verwehren oder wäre das rechtens ?

4. August 2010 | 19:12

Antwort

von


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Guten Abend,

ich möchte Ihre Anfrage auf der Grundlage der von Ihnen dazu mitgeteilten Informationen wie folgt beantworten.

Nachdem Sie den Mietvertrag gekündigt hatten, bestand zunächst eine Rückgabepflicht. Da Sie aber den Gebrauch der Mietsache fortgesetzt haben, und der damalige Vermieter dies wusste, hat sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt. § 545 BGB sagt dazu:

"Setzt der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fort, so verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, sofern nicht eine Vertragspartei ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem anderen Teil erklärt. "

Es besteht also zunächst ein Mietvertrag zwischen Ihnen und dem neuen Eigentümer.

Das beantwortet zunächst einmal Ihre Frage, ob der neue Vermieter ein neues Schloss in die Türen einbauen und Ihnen den Zutritt verwehren darf.

Das darf er nicht! Er würde eine Besitzstörung i.S.d. § 862 BGB begehen, die Sie u.U. sogar kurzfristig mittels einer einstweiligen Verfügung beseitigen könnten.

Andererseits hat der neue Eigentümer natürlich Mietzahlungsansprüche.

Da Sie sich schon mit der Zahlung von zwei Monatsmieten in Verzug befinden, kann er das Mietverhältnis fristlos kündigen.

Was Sie vorhaben, quasi das verrechnen der laufenden Miete mit dem Kautionsguthaben, ist rechtlich nicht zulässig.

Aufrechnen können Sie nur mit einer Gegenforderung, die fällig ist, vgl. § 387 BGB . Ihr Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der Kaution ist zumindest derzeit aber noch nicht fällig.

Sie sind zwar derzeit geschützt dagegen, dass der Vermieter Ihnen den Zutritt verwehrt, sind gleichzeitig aber in Verzug mit fälligen Mietzahlungen, die den Vermieter zur Kündigung und auch zur Geltendmachung des Vermieterpfandrechtes berechtigen.

Ihr Vorhaben dürfte spätestens dann zum Scheitern verurteilt sein, wenn der Vermieter einen Mahnbescheid über die ausstehenden Mietforderungen beantragt.


Mit freundlichen Grüßen


Rückfrage vom Fragesteller 5. August 2010 | 14:35

Vielen Dank für Ihre ausführliche Rückantwort. Eins ist mir jedoch noch nicht ganz klar: Wenn sich das ursprüngliche Mietverhältnis also auf unbestimmte Zeit verlängert hat, war es dann rechtens, dass ich die in dem sich verlängernden vertrag vereinbarte Miete um die hälfte gekürzt habe, oder könnte der Vermieter die ganze Differenzsumme , jetzt wo er merkt dass ich ohnehin raus will, anmahnen und ggf. mit der Kaution aufrechnen ?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. August 2010 | 14:39

Die aufgeworfene Frage wird sicher unterschiedlich beantwortet werden können.

Das Gesetz spricht von der Verlängerung "des Mietverhältnisses", bezieht sich also auf den vor der Kündigung bestandenen Zustand.
Das würde für eine volle Mietschuld sprechen.

Andererseits kann natürlich auch so argumentiert werden, dass in der vorbehaltlosen Annahme der verminderten Miete über einen längeren Zeitraum ein mündlicher Vertrag über diese reduzierte Forderung zustande gekommen ist.

Der Gegner wird sicher die erste Variante bevorzugen; wenn ich Sie vertreten würde, läge meine Argumentationskette sicherlich bei der zweiten.

Mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 7. August 2010 | 10:43

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