Rentenversicherungspflicht für selbständige Diplom-Sozialpädagogen

| 17. Mai 2010 18:47 |
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Sozialversicherungsrecht


Beantwortet von


15:48

Ich bin seit kurzem als Diplom-Sozialpädagoge (FH) selbständig, und zwar für folgende Tätigkeitsgebiete: Hilfen zur Erziehung, §§27 SGB VIII ff.(ambulante Kinder- und Jugendhilfen, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Jugendliche, Hilfen für junge Volljährige , Sozialpädagogische Familienhilfe, Coaching von Pflegefamilien, Betreute Wohnformen für Jugendiche und junge Erwachsene.) Auftraggeber ist das örtliche Jugendamt.
Außerdem Eingliederungshilfe für Behinderte Menschen (§57 SGB XII , persönliches Budget) ; Auftraggeber ist das örtliche Sozialamt.
Darüber hinaus bin ich ausgebildeter Supervisor und biete Supervision in eigener Praxis an.
Die Deutsche Rentenversicherung hat mir per Bescheid mitgeteilt, dass ich nach §2 Satz 1, Nr. 1 -3 des SGB VI versicherungspflichtig bin.
Meine Frage ist, ob meine berufliche Tätigkeit mit dem Begriff des "Erziehers", im Sinne des Gesetzes, beschrieben werden kann, oder ob es sich die Deutsche Rentenversicherung hier nicht zu einfach macht und ob ein Widerspruch/Klage Aussicht auf Erfolg haben könnte.

17. Mai 2010 | 19:40

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

gerne darf ich Ihre Frage wie folgt beantworten:

Die Frage der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist in § 2 SGB VI geregelt.

Demnach sind u.a. versicherungspflichtig Lehrer und Erzieher, die in Zusammenhang mit Ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und deren Einkünfte aus der Selbständigkeit die Geringfügigkeitsgrenze von EUR 400,00 monatlich überschreiten.

Hintergrund dieser gesetzlichen Regelung ist eine vermeintlich spezielle Schutzbedürftigkeit der angeführten Personengruppen.

Nach der einschlägigen obergerichtlichen Rechtssprechung ist dem Begriff der Erziehung die Gesamtheit des tatsächlichen Verhaltens zugeordnet, das nach dem Verständnis und den Vorstellungen der Handelnden dazu bestimmt und darauf gerichtet ist, die körperliche, geistige, seelische, sittliche und charakterliche Entwicklung des Probanden zu beeinflussen . (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.06.2006, L 9 R 1897/04 für eine Tagesmutter)

Der Begriff des Lehrers soll nach dem Bundessozialgericht bereits dann erfüllt werden, wenn aufgrund praktischen Unterrichts in der organisierten Form eines Kurses spezielle, wenn auch nur flüchtige, Kenntnisse vermittelt werden. (BSG, Urteil vom 22.06.2005, B 12 RA 6/04 R ) In der zitierten Entscheidung ging es übrigens um einen selbständigen Aerobic-Trainer, der letztendlich als rentenversicherungspflichtiger Lehrer klassifiziert wurde.

Überträgt man die Grundsätze dieser sehr weiten Auslegung der Begriffe „Lehrer" und „Erzieher" auf Ihre Tätigkeitsbeschreibung, so wird man mit der Rentenversicherung davon ausgehen müssen, dass wesentliche Merkmale sowohl des Erziehers als auch des Lehrers erfüllt sind.

Dementsprechend gehe ich im Rahmen dieser Erstberatung davon aus, dass ein Widerspruchs-/ Klageverfahren gegen den Bescheid der Rentenversicherung wenig Aussicht auf Erfolg verspricht.

Ich bedauere, dass ich Ihnen keine günstigere Auskunft geben kann, hoffe jedoch dennoch, Ihnen mit meiner Antwort zumindest einen ersten Überblick über die Rechtslage verschafft zu haben.

Hierbei möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Antwort, basierend auf Ihren Angaben, lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Sie können natürlich gerne im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal oder über meine E-Mail-Adresse mit mir Verbindung aufnehmen.

Für eine über diese Erstberatung hinausgehende Interessenvertretung steht Ihnen meine Kanzlei selbstverständlich ebenfalls gerne zur Verfügung.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend und verbleibe

mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Michael Vogt
Fachanwalt für Insolvenzrecht

Rückfrage vom Fragesteller 19. Mai 2010 | 15:42

In dem Urteil des LSG Baden-Würrtemberg wird der Begriff ''Erziehung'' definiert, im Gesetz (SGB VI) wird jedoch von Erziehern gesprochen, dies ist eine Berufsbezeichnung. Inwieweit sind die Maßnahmen der Jugendhilfe nach SGB VIII mit dem Berufsbild des Erziehers zu fassen (z.B. soz.pädagogische Familienhilfe oder Elterncoaching) oder die Eingliederunghilfe für Behinderte nach SGB XII ?
Inwieweit ist das zitierte Urteil bindend bzw. wegweisend für den geschilderten Fall ?
Welche Merkmale der Lehrertätigkeit liegen vor ? Supervision ist ein Beratungsprozeß zur beruflichen Reflexion für einzelne oder Gruppen und hat mit Unterricht nicht das geringste zu tun.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. Mai 2010 | 15:48

Die Frage wurde bereits in der Ausgangsantwort beantwortet.

Im Übrigen befasst sich ein "Pädagoge" schon vom Wortsinn her mit der Praxis der Erziehung und Bildung.

Ferner gehe ich davon aus, dass Sie den Eltern im Rahmen des Coachings gewisse Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln, die diese zuvor noch nicht hatten. Dementsprechend liegt hier eine Tätigkeit als Erzieher bzw. Lehrer im Rechtssinne vor.

MfG


RA Michael Vogt

Bewertung des Fragestellers 19. Mai 2010 | 15:18

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Es gab nur einen Hinweis auf ein Urteil einens LSG, wie dieses den Erziehungsbegriff definiert; gibt es sonst keine Urteile ? wie bindend ist dieses Urteil und trifft dies automatisch auf Maßnahmen der Jugend- und Eingliederungshilfe zu ? Dieser Aspekt kam etwas zu kurz ...

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Stellungnahme vom Anwalt:

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 19. Mai 2010
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Es gab nur einen Hinweis auf ein Urteil einens LSG, wie dieses den Erziehungsbegriff definiert; gibt es sonst keine Urteile ? wie bindend ist dieses Urteil und trifft dies automatisch auf Maßnahmen der Jugend- und Eingliederungshilfe zu ? Dieser Aspekt kam etwas zu kurz ...


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