Zahlungshinweise / Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers aus Österreich

16. November 2023 12:03 |
Preis: 50,00 € |

Verkehrsrecht


Beantwortet von


17:15
Wir sind eine GmbH und haben mehrere Dienstfahrzeuge, diese werden OHNE Fahrtenbücher betrieben und dürfen auch privat genutzt werden.
Nun ist ein Fahrzeug mit überhöhter Geschwindigkeit in Österreich gefahren. Anscheinend gibt es aber keine Beweisfotos, denn es steht in dem im Betreff genannten Brief: "Beweismittel: Anzeige der Polizei".

Nun haben wir nach internen Recherchen bereits ermittelt, dass der zugewiesene Nutzer mit mehreren Kollegen auf Dienstreise zurück nach Deutschland war.

Nun können wir als GmbH nur die Mitarbeiter benennen, die auf der Fahrt dabei waren. Denn zu dem Zeitpunkt hätte jeder das Fahrzeug fahren dürfen. Die Kollegen sind sich einig und können oder wollen den Fahrer nicht benennen, Sie sehen dazu keine gesetzliche Verpflichtung gegenüber einer österreichischen Behörde. Dann nennen aller potentiellen Fahren halten wir für bedenklich aus Sicht der DSGVO. Da ja nur EINE Person der Fahrer hätte seien können. Und wir sehen keine Rechtsgrundlage (gemäß DSGVO) für die Weitergaben der Informationen an österreichische Behörden (bei deutschen Behörden wer die Sachlage anders!).

So unser Fragenkomplex ist nun wie folgt:
1. Wie verhalten wir uns am Besten? Müssen wir der österreichischen Behörde antworten, was schreiben wir da rein, denn den tatsächlichen Fahrer kennen wir nicht. Zusätzlich die Gefahr eines Datenschutzverstoßes.
2. Müssen wir Angst vor einer Pfändung des KFZ haben, falls wieder jemand mit diesem KFZ nach Österreich fährt?
16. November 2023 | 13:11

Antwort

von


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Tel: 0521/9 67 47 40
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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:

1. Nach dem österreichischen Kraftfahrgesetz (https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10011384) besteht eine Verpflichtung zur Auskunft:

[quote] 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz (Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers)

(1) [...]

(2)Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

(3) […]
[/quote]

Erteilen Sie keine Auskunft, droht hier eine weitere Geldbuße. Mit dem Verweis auf den Datenschutz werden Sie jedenfalls bei den österreichischen Behörden wenig Erfolg haben (vgl. https://www.dataprotect.at/lenkererhebung-und-dsgvo/). Ggf. könnten Sie sich gegen eine Vollstreckung in Deutschland dann mit der Unzulässigkeit verteidigen in der Hoffnung, dass ein deutsches Gericht dies für unzulässig hält, aber das steht natürlich auf wackeligen Füßen. Wie Sie der genannten Vorschrift entnehmen können, sind Sie verpflichtet, sofern Sie den Fahrer nicht benennen können, die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, die dann die Auskunftspflicht trifft. Es sollte also reichen, wenn Sie den zugewiesenen Nutzer benennen. Natürlich können Sie auch diesen benennen unter gleichzeitiger Mitteilung, dass Ihre weiteren Mitarbeiter A, B und C ebenfalls dabei waren und möglicherweise gefahren sein könnten.

Wird am Ende ein Fahrer ermittelt und die Strafe nicht gezahlt, wird diese auch in Deutschland vollstreckt oder ggf. bei erneuter Einreise nach Österreich.

Lässt sich am Ende kein Fahrer ermitteln, weise ich darauf hin, dass in Österreich im Gegensatz zu Deutschland die sog. Halterhaftung gilt. Das bedeutet, dass Sie als Halter des Fahrzeugs am Ende ggf. eine „Anonymverfügung" oder Strafverfügung erhalten werden und dann derjenige sind, der die Strafe bezahlen muss. Da es in Deutschland allerdings wie mitgeteilt keine Halterhaftung gibt, kann hier die Vollstreckung der Strafe in Deutschland scheitern. Hierfür sollten Sie allerdings ausdrücklich mitteilen, dass der Halter des Fahrzeugs nicht der Fahrer ist (sofern Halter die GmbH ist, ist dies allerdings grds. selbsterklärend). Hier ist allerdings dann tatsächlich bei einer erneuten Einreise nach Österreich nicht auszuschließen, dass die Weiterfahrt bis zur Zahlung der Strafe untersagt wird.

Wie Sie merken, ist es tatsächlich nicht ganz so leicht, einer österreichischen Strafe zu entgehen, ohne mit diversen Unsicherheiten leben zu müssen (zumal man im Blick haben sollte, dass es bei entsprechender Nichtreaktion oft teurer wird). Insbesondere besteht die Gefahr, dass am Ende die GmbH die Sache ausbaden müssen, wenn Sie Ihre Mitarbeiter schützen bzw. hier nicht auf Aufklärung drängen.

Dass sich in dem Schreiben kein Hinweis auf das verwendete Messgerät findet und nicht von einem Foto die rede ist, muss im Übrigen nichts heißen. Nach dem Muster, dass bei ausländischen Verkehrsverstößen zu verwenden ist, entspricht die Angabe „Beweismittel: Anzeige der Polizei" genau dem dortigen Wortlaut, vgl. https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bundesnormen/NOR40165836/NOR40165836.html

Mit freundlichen Grüßen

Arnd-Martin Alpers
Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Arnd-Martin Alpers

Rückfrage vom Fragesteller 16. November 2023 | 15:55

Vielen Dank für die Ausführungen. ich habe die Problematik soweit verstanden. Allerdings muss ich nochmals wg. der DSGVO nachfassen. Ich hatte nicht vor keine Auskunft zu erteilen mit dem Verweis auf die DSGVO und das so nach Österreich zusenden.
Sondern, ich habe viel mehr Angst, wenn ich nun den Halter bzw. die pot. Fahrer nach Österreich melden oder eine von denen oder alle bekommen Post aus Österreich. Dass sich die Mitarbeiter über die GmbH beschweren, ich hätte die Daten laut DSGVO nicht weitergeben dürfen.
Die Argumentation, dass ich laut Österreichischen Recht auskunftspflichtig wäre als GmbH erschließt sich mir nicht. Denn die Gesellschaft ist nicht Österreich und hat keinen Sitz in Österreich. Somit fallt, nach meiner Einschätzung, das Recht der DSGVO weg, dass die GmbH sagt sie hätte eine rechtliche Verpflichtung zur Weitergabe der Daten (was nach deutschem Recht der Fall wäre).
Von daher sehe ich die Gefahr, dass, wenn ich die Daten weitergebe, ein Problem in Deutschland aufgrund der DSGVO bekommen kann. Gebe ich die Daten nicht weiter, bekomme ich ein Problem mit der österreichischen Justiz.
Gibt es also noch einen dritten Weg, ausser den Betrag der Ordnungswidrigkeit durch die GmbH selbst zu begleichen?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 16. November 2023 | 17:15

Sehr geehrter Ratsuchender,

Ihre Bedenken hinsichtlich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sind nachvollziehbar. Allerdings ist zu beachten, dass die DSGVO auch Ausnahmen für die Verarbeitung personenbezogener Daten vorsieht, wenn diese zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist (Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO).

In Ihrem Fall könnte argumentiert werden, dass die Weitergabe der Daten der Mitarbeiter an die österreichischen Behörden zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung nach österreichischem Recht erforderlich ist. Allerdings ist diese Auslegung nicht unumstritten und es könnte durchaus sein, dass ein deutsches Gericht in einem solchen Fall anders entscheiden würde.

Natürlich kann man auch die Argumentation des österreichischen gerichts heranziehen und vertreten, dass die DSGVO hier nicht anwendbar ist, weil ein Ausnahmefall des Art. 2 Abs. 2 d) DSGVO vorliegt, wonach die Verordnung keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten findet, die durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Hier ist dann u.a. die Frage, ob eine ausländische EU-Behörde zuständige Behörde im Sinne der Vorschrift ist.

Eine andere Möglichkeit wäre, dass Sie die Angelegenheit mit Ihren Mitarbeitern besprechen und deren Einverständnis zur Weitergabe ihrer Daten einholen. In diesem Fall wäre eine Weitergabe der Daten nach der DSGVO zulässig (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO). Insbesondere der Mitarbeiter, dem das Fahrzeug überlassen wurde, sollte Ihnen entsprechend Auskunft geben. Tut er dies nicht, sollte eine Weitergabe nur von dessen Daten in Erwägung gezogen werden. Denn dann sollte disen nach obiger Vorschrift die Auskunftspflicht treffen.

Aufgrund der Halterhaftung dürfte es tatsächlich kaum realistisch sein, einen dritten Weg zu finden, d.h. weder jemanden zu benennen noch als Halter in Anspruch genommen zu werden. Das ist eben leider die Krux der Halterhaftung.

Mit freundlichen Grüßen

Arnd-Martin Alpers
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