Wohnsitze in Deutschland und Portugal / Wohnen auf Ferienhausgelände

21. März 2023 23:21 |
Preis: 50,00 € |

Verwaltungsrecht


Beantwortet von


11:45
Wir sind verheiratet, deutsche Staatsbürger, und haben unseren 1. Wohnsitz in unserem Haus in Deutschland. Weiterhin haben wir noch ein Haus in Portugal sowie ein bisher nur am Wochenende genutztes Ferienhaus in Deutschland. Letzteres liegt auf einem Pachtgelände und man kann hier seit ein paar Jahren keinen ersten Wohnsitz mehr, sondern nur einen Zweitwohnsitz anmelden.

Viele leben hier schon lange mit Duldung der Gemeinde ganzjährig fest, teilweise mit 1. Wohnsitz, so wie auf vielen anderen vergleichbaren Pachtplätzen. Die Gemeinde hat vor einiger Zeit einen neuen Bebauungsplan verabschiedet, um das Gelände als Wohngebiet zu legalisieren. Dies wurde aber von der oberen Baubehörde gestoppt mit dem Hinweis, es müsse für die Zukunft sicher gestellt werden, dass dauerhaftes Wohnen nicht erfolgt. Seitdem werden nur noch Zweitwohnsitze akzeptiert und die Situation ist weiter unklar.

Wir gehen nun auf unseren Ruhestand zu und planen, zukünftig zwischen Deutschland und Portugal zu pendeln, ohne genau sagen zu können, wo wir uns länger aufhalten werden. Unsere Idealvorstellung ist, nach den Verkauf des derzeitigen Wohnhauses den Winter in Portugal und den Sommer in dem Ferienhaus in Deutschland zu verbringen.

Meine Fragen:

1. Wie sieht die Situation melderechtlich aus, wenn wir in dem Ferienhaus nur einen Zweitwohnsitz anmelden können? Geht das überhaupt, ohne einen weiteren Wohnsitz in D zu haben bzw. sollten wir uns besser dann noch einen weiteren (Erst-) Wohnsitz in Deutschland zulegen? Oder kann auch unser Haus in Portugal unser erster Wohnsitz sein?

2. Wenn die Gemeinde eine Zweitwohnsitzanmeldung akzeptiert, heisst das nicht auch, dass sie dauerhaftes Wohnen akzeptiert? Für eine reine Feriennutzung bräuchte man ja keine Anmeldung. Oder dokumentiert man damit nur noch seinen eigenen Rechtsbruch, nämlich die Nutzung zu Wohnzwecken?

3. Das generelle Risiko einer behördlichen Entscheidung, die Wohnnutzung zu beenden, ist uns schon bewusst. Dagegen spricht aber, dass es mehr als 100 Bewohner gibt, die seit 10-15 Jahren mit Erstwohnsitz ganzjährig auf dem Platz leben und die man nicht so einfach verjagen wird. Oder könnte man hier zwischen "Altbewohnern" und "Neuen" unterscheiden? Seit der Ablehnung des neuen Bebauungsplans weist der Verpächter ausdrücklich darauf hin, dass ein Erstwohnsitz nicht mehr möglich ist...

4. Gibt es weitere Aspekte, die wir bedenken sollten?
22. März 2023 | 00:26

Antwort

von


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37085 Göttingen
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1. Allein Sie entscheiden, welchen Wohnsitz Sie wo anmelden. Die Meldebehörde darf Ihnen eine Anmeldung nicht mit dem Argument verweigern, dass ein Aufenthalt an der genannten Meldeadresse nach anderen Vorschriften so nicht zulässig ist (vgl. Polenz, in: Engelbrecht/Schwabenbauer, BMG, Kommentar, 2022, § 17, Rz. 9). Freilich muss die Anmeldung entweder als Haupt- oder als Zweitwohnsitz den melderechtlichen Vorgaben genügen. Dazu § 21 des Bundesmeldegesetzes (BMG):

[i](1) Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung.

(2) Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners.

(3) Nebenwohnung ist jede weitere Wohnung des Einwohners im Inland.

(4) Die meldepflichtige Person hat der Meldebehörde bei jeder An- oder Abmeldung mitzuteilen, welche weiteren Wohnungen im Inland sie hat und welche Wohnung ihre Hauptwohnung ist. Sie hat jede Änderung der Hauptwohnung innerhalb von zwei Wochen der Meldebehörde mitzuteilen, die für die neue Hauptwohnung zuständig ist. Zieht die meldepflichtige Person aus einer ihrer Nebenwohnungen im Inland aus und bezieht sie keine neue Wohnung, so hat sie dies der Meldebehörde, die für die Nebenwohnung zuständig ist, oder der Meldebehörde, die für die alleinige Wohnung oder die Hauptwohnung zuständig ist, mitzuteilen.[/i]

Als Wohnung im Sinne des Melderechts gilt schon jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird (§ 20 Satz 1 BMG).

Gibt es eine Wohnung im Ausland und eine im Inland und werden beide bewohnt, wäre die deutsche Wohnung - wenn überhaupt - zwingend als Hauptwohnung und nicht als Nebenwohnung anzumelden (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 25. Februar 1998 – 5 B 96.3922 –, Rn. 11, juris), auch wenn der Lebensmittelpunkt im Ausland ist.

In Ihrem Fall ist schließlich zu beachten, dass eine Anmeldung nur mit Zustimmung des Eigentümers erfolgen kann (Wohnungsgeberbestätigung). Verantwortlich für die Art und Wie der Anmeldung ist hier der Vermieter und nicht die Meldebehörde.

2. Melderecht und Baurecht sind zu trennen. Eine Anmeldung einer Wohnung als Hauptwohnsitz in einem Wochenend- oder Ferienhausgebiet indiziert erst einmal einen Verstoß gegen öffentliches Baurecht, kann aber auch neutral zu betrachten sein, etwa wenn es daneben keinen weiteren Wohnsitz in Deutschland gibt, sondern nur im Ausland, und der Aufenthalt in Deutschland maximal 3 Monate im Jahr beträgt (vgl. die Zeitdiskussion bei Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. November 2022 – OVG 5 B 2/20 –, Rn. 49 f., juris).

3. Ein rechtswidriges Dauerwohnen in der Nachbarschaft verschafft Ihnen leider keinen Anspruch auf Gleichbehandlung.

4. nicht ersichtlich.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Rückfrage vom Fragesteller 22. März 2023 | 11:16

Sehr geehrter Herr Geißlreiter,

vielen Dank für Ihre Ausführungen. Letztlich habe ich meine Frage gestellt, um mit Ihrer Antwort eine Handlungsempfehlung zu erhalten. Daher möchte ich meine Folgerungen einmal kurz zusammenfassen:

Bei nur einem Wohnsitz in D ist dieser zwingend der Erstwohnsitz. Eine alleinige Anmeldung der Wohnung auf dem Pachtgelände würde dies unweigerlich nach sich ziehen. Das Risiko, Schwierigkeiten sowohl mit den Behörden als auch mit dem Grundstücksverpächter (der bei Abschluss des Pachtvertrags ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass Erstwohnsitze nicht mehr akzeptiert werden) zu bekommen, ist relativ hoch, unabhängig von der Behandlung anderer in der Vergangenheit.

Als einigermaßen tragfähige Lösung sehe ich nur, eine andere, "reguläre" Wohnung zu finden, zu beziehen und als Wohnsitz anzumelden. Das Haus auf dem Pachtgelände könnte dann als Zweitwohnung angemeldet werden. Die Intensität der Nutzung steht ja dann auf nochmals auf einem anderen Blatt.

Habe ich Sie damit richtig verstanden?



Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 22. März 2023 | 11:45

Sehr geehrter Fragesteller,

letztlich müssen Sie sich die Frage beantworten, wo und wie Sie Ihren Ruhestand verbringen wollen.

Nutzen Sie zwei Wohnungen in Deutschland, dann ist eine davon zwingend die Hauptwohnung und die andere zwingend die Nebenwohnung. Hauptwohnung ist immer diejenige, welche den Lebensmittelpunkt bzw. -schwerpunkt darstellt.

Aus einer Anmeldung als Haupt- oder Nebenwohnung lässt sich kein Recht zum Dauerwohnen im baurechtlichen Sinne ableiten.

Damit haben Sie mich dann richtig verstanden.

Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt

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