Wiederholung des Examens bei fehlender Pflichtstunden

| 3. März 2025 08:50 |
Preis: 81,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von

Guten Tag: ich bin zweimal durch das praktische Examen zum Pflegefachmann gefallen. Um zur Prüfung zugelassen zu werden müssen Pflichtstunden absolviert werden die vom Azubi und der Anleitung (die zwingend eine pädagogische Ausbildung haben muss) mit Datum und Unterschrift unterschrieben werden müssen. Diese Pflichtstunden wurden teilweise nie gemacht oder durch Personen die nicht befähigt waren oder wurden Unterschriften geleistet obwohl die Praxisanleitung nachvollziehbar im Urlaub war. Die Schulleitung und Kursleitung wusste davon aber tat es als lüge ab. Am Tag der Prüfung wurde ich Stunden vorher eingestellt und mir ein Bild über den Hauptpatienten den ich hätte wissen dürfen zu lassen. Jetzt meine Frage ist diese Prüfung gültig und kann ich sie wiederholen? Habe ich mich mit meiner erzwungenen Unterschrift strafbar gemacht?Die Bezirksregierung habe ich in Kenntnis gesetzt nur kann wenig beweisen
3. März 2025 | 10:22

Antwort

von


(912)
Ahrberger Weg 12
31157 Sarstedt
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Sehr geehrter Fragesteller,

die von Ihnen geschilderten Unregelmäßigkeiten in Ihrer Ausbildung zum Pflegefachmann werfen erhebliche rechtliche Fragen auf, die sowohl die Gültigkeit Ihrer Prüfung als auch mögliche strafrechtliche Konsequenzen betreffen. Auf Grundlage des geschilderten Sachverhalts beantworte ich Ihre gerne wie folgt:

1. Gültigkeit der Prüfung und Möglichkeit der Wiederholung
Gemäß § 4 Absatz 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe (PflAPrV) ist der Träger der praktischen Ausbildung verpflichtet, eine strukturierte und geplante Praxisanleitung im Umfang von mindestens zehn Prozent der während eines Einsatzes zu leistenden praktischen Ausbildungszeit sicherzustellen. Diese Anleitung muss durch qualifizierte Praxisanleiterinnen oder Praxisanleiter erfolgen, die über eine berufspädagogische Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 300 Stunden verfügen und jährlich 24 Stunden Fortbildung nachweisen müssen.

Sollten Pflichtstunden nicht absolviert worden sein oder durch nicht qualifizierte Personen durchgeführt worden sein, kann dies einen Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben darstellen. Wenn Prüfungszulassungen auf Basis unrichtiger Ausbildungsnachweise erteilt wurden, könnte die Gültigkeit Ihrer Prüfung grundsätzlich infrage gestellt werden.

Da Sie zudem berichten, dass Ihnen erst am Prüfungstag selbst Informationen über den Hauptpatienten gegeben wurden, könnte dies ebenfalls problematisch sein. Denn gemäß den Prüfungsanforderungen sollte Ihnen im Voraus genügend Zeit zur Vorbereitung gegeben werden. Falls hier ein gravierender Verfahrensfehler vorliegt, könnte dies unter Umständen einen Wiederholungsanspruch oder einen Anspruch auf eine Überprüfung der Benotung begründen.

2. Einsicht in die Prüfungsunterlagen und Vorgehen gegen die Benotung
Nach § 23 PflAPrV haben Sie das Recht, Einsicht in Ihre Prüfungsunterlagen zu nehmen. Die schriftlichen Prüfungsdokumente müssen mindestens drei Jahre aufbewahrt werden, Prüfungsniederschriften und Zulassungsunterlagen sogar zehn Jahre.

Falls Sie der Meinung sind, dass Ihre Bewertung auf fehlerhaften Grundlagen beruht oder Ihre Prüfung unter nicht ordnungsgemäßen Bedingungen stattfand, können Sie gegen die Benotung Widerspruch einlegen. Dieser ist bei der zuständigen Prüfungsbehörde oder Bezirksregierung einzureichen. In Ihrem Fall könnte der Antrag darauf gestützt werden, dass die Prüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

3. Problematik des fehlenden Nachweises der Ausbildungsfehler
Ein zentrales Problem in Ihrem Fall ist, dass Sie beweisen müssen, dass die Pflichtstunden nicht ordnungsgemäß absolviert wurden bzw. von nicht befähigten Personen durchgeführt wurden. Relevante Beweise könnten sein:

- Dienstpläne und Urlaubsnachweise der Praxisanleiter
- Zeugenaussagen anderer Auszubildender oder Mitarbeiter
- Dokumentierte Unstimmigkeiten in den Ausbildungsnachweisen
- E-Mails oder andere Korrespondenzen mit der Schulleitung/Kursleitung

Ein weiteres Problem ist, dass Sie während Ihrer Ausbildung keine offizielle Beschwerde eingereicht haben.

4. Strafbarkeit durch erzwungene Unterschrift
Grundsätzlich kann das Leisten einer Unterschrift unter falschen Angaben den Straftatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) erfüllen. Eine Strafbarkeit setzt jedoch Vorsatz voraus, das heißt, Sie müssten bewusst und gewollt eine falsche Urkunde hergestellt oder verwendet haben.

Falls Sie jedoch nachweisen können, dass Sie zur Unterschrift gezwungen wurden (z. B. durch Drohungen oder Druck durch Vorgesetzte), könnte dies den Vorsatz ausschließen. Problematisch könnte hier weiter sein, dass die Unterlagen Grundlage Ihrer Anmeldung zur Prüfung waren, die Sie eingereicht haben. Dies könnte also Ihre Anmeldung zur Prüfung als Ganzes in Frage stellen.

5. Handlungsempfehlungen
1. Prüfungsunterlagen einsehen: Beantragen Sie Einsicht in Ihre Prüfungsunterlagen und Ausbildungsnachweise, um mögliche Fehler zu identifizieren.
2. Widerspruch gegen die Bewertung prüfen: Falls Ihre Prüfung unter nicht zulässigen Bedingungen stattfand, können Sie gegen die Benotung vorgehen.
3. Nachweise sammeln: Versuchen Sie, Beweise für die Unregelmäßigkeiten in Ihrer Ausbildung zusammenzustellen, insbesondere Dienstpläne, Ausbildungsnachweise und Zeugenaussagen.
4. Behörden informieren: Falls gravierende Verstöße vorliegen, könnte eine Beschwerde bei der zuständigen Bezirksregierung sinnvoll sein.
5. Strafrechtliche Aspekte abklären: Falls Sie zur Unterschrift gezwungen wurden, sollten Sie dies strafrechtlich - am besten durch einen Fachanwalt für Strafrecht - prüfen lassen.
6. Juristische Beratung einholen: Eine weitergehende individuelle Rechtsberatung bei einem Anwalt, der sich auf das Prüfungsrecht spezialisiert hat, wäre ratsam, um die optimale Strategie für Ihren konkreten Fall zu entwickeln.

Ich hoffe Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen weiterhin alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Hussein Madani
Rechtsanwalt


Bewertung des Fragestellers 5. März 2025 | 12:10

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