Wer mich pflegt der erbt, oder doch nicht ?

6. August 2008 16:57 |
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Erbrecht


Die Familie: Vater in 2007 mit 89 verstorben, Mutter, 84 lebt seitdem bei mir im Haus in eigener Wohnung, Sohn, 54 lebt in Australien, und ich, 2-ter Sohn, 49 der dies hier schreibt:

Seit dem Tod meines Vaters habe ich meine Mutter bei mir aufgenommen und meine Lebensgefährtin und ich pflegen sie unentgeltlich. Das gemeinschafliche Testament meiner Eltern
besagt dass beide Söhne (beide ohne Kinder) zu gleichen Teilen Haus und Grund erben sollen. (Wert 80.000,- €)

Ich habe vor 12 Jahren einen Anteil aus dem damaligen Grundbesitz geschenkt bekommen, dies steht auch so im Testament. Nach dem Tod des letzten Elternteils soll der andere Sohn sein Erbe erhalten.
Mein Bruder verlangt nun bereits seinen Anteil am Erbe und wartet nur bis unsere Mutter hoffentlich bald stirbt. Das haben wir sogar schriftlich. Als Vater noch lebte schrieb er mir "Hoffentlich krepieren die bald damit ich an's Grundstück ran kann"

Meine Mutter ist erschüttert über Ihren andern Sohn und sagt, wer mich pflegt und mir Wohnung gibt soll alles erben. Das wäre für mich meine Lebensgefährtin bzw.ich aber keinesfalls mein Bruder, der sich nie um seine Eltern gekümmert hat.

Mein Ziel ist es ein neues Testament oder einen Erbvertrag aufzusetzen der dem Willen meiner Mutter entspricht. Problem ist dass meine Mutter wegen dem gemeinschaftlichen Testament scheinbar nicht allein über das bestehende Erbe (Haus und Grund 80.000,- €) bestimmen kann. Sehe ich das richtig und wenn ja wie kommen wir zu unserer Gegenleistung für die Pflege und Betreuung meiner Mutter in unserem Haus, da mein Bruder nichts tut ausser zu warten bis sie stirbt?
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

unter Zugrundelegung des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und in Ansehung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage zusammenfassend wie folgt:

Handelt es sich um einen wechselseitige Verfügung ist Ihre Mutter grundsätzlich nach dem Tod Ihres Vaters an die getroffenen Verfügungen gebunden. Eine einseitige Lösung hiervon ist ohne weiteres nicht möglich.

Entscheidend ist hierbei jedoch, wie das Testament ausgestaltet ist. Daher kann eine abschließende Beratung nur an Hand des Testamentstextes vorgenommen werden, so dass hier auf eine Beratung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin unter Vorlage der relevanten Dokumente zurückzugreifen wäre.

Unter Umstände bestünde die Möglichkeit bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen das Testament durch die Mutter in analoger Anwendung der §§ 2281 ff., 2078, 2079 BGB anzufechten, wenn die Eltern in der irrigen Annahme handelten, im Altern im gleichen Maße durch beide Söhne betreut zu werden (vgl. BayObLG FamRZ 2003, 708). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann an dieser Stelle jedoch nicht beurteilt werden.

Handelt es sich bei Ihrer Mutter jedoch um einen Vollerben, was durch Testamentsauslegung zu ermitteln wäre, hätte Sie die Möglichkeit, über das gesamte Vermögen zu Lebzeiten zu verfügen.

Jedoch hat Ihr Bruder im Erbfall die Möglichkeit, die lebzeitigen Verfügungen hinsichtlich einer eventuellen Unzulässigkeit oder Benachteiligung auf deren Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen.

Daher rate ich Ihnen, sich hinsichtlich des weiteren Vorgehens anwaltlich beraten zu lassen.

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Abschließend erlaube ich mir, Sie auf Folgendes hinzuweisen: Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Ihren Angaben basiert, handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Ich hoffe Ihnen einen ersten Überblick gegeben zu haben und stehe Ihnen gerne weiterführend, insbesondere im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen

Kristin Pietrzyk
Rechtsanwältin

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