Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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26131 Oldenburg
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Sachverhalt
Sie haben als Verkäufer eine Wohnkabine samt Pick-up verkauft. Es existieren zwei Verträge:
Vertrag A: Pick-up (Firmenfahrzeug)
Vertrag B: Wohnkabine (zugelassen auf genau diesen PKW, TÜV eingetragen)
Die Käufer verlangen nach drei Wochen wegen eines angeblichen Wasserschadens an der Wohnkabine Nachbesserung, Minderung oder Rückabwicklung – den PKW wollen sie behalten. Sie haben eine vollständige Rückabwicklung (beider Verträge) angeboten, was die Käufer ablehnen. Die Nachbesserung ist schwierig, da die Wohnkabine 400 km entfernt ist und Sie den Mangel nicht besichtigen können. Die Wohnkabine und der PKW wurden vor dem Verkauf vorgeführt, ein Wasserschaden war nicht bekannt. Der PKW hat inzwischen mehr Kilometer als beim Verkauf.
Rechtliche Bewertung
1. Vertragliche Grundlagen und Sachmängelhaftung
Es liegen zwei getrennte Kaufverträge vor. Die Ansprüche der Käufer richten sich daher jeweils nach dem Kaufrecht (§§ 433 ff. BGB).
a) Sachmangel (§ 434 BGB)
Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Wohnkabine bei Gefahrübergang (i.d.R. Übergabe) nicht die vereinbarte Beschaffenheit hatte.
Ob und in welchem Umfang Sie für Mängel an der Wohnkabine haften, hängt maßgeblich davon ab, ob und wie die Gewährleistung im Vertrag ausgeschlossen wurde. Bei einem Verkauf als Unternehmer ist ein Gewährleistungsausschluss nicht wirksam, wenn die Käufer Privatpersonen sind.
Wurde die Wohnkabine „gekauft wie gesehen" verkauft, so ist die Gewährleistung für offensichtliche Mängel ausgeschlossen, nicht jedoch für versteckte Mängel wie einen verdeckten Wasserschaden, sofern dieser bei Übergabe bereits vorhanden war und nicht erkennbar war.
Beweislast: Nach Übergabe trägt grundsätzlich der Käufer die Beweislast, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag (§ 363 BGB).
Beweislastumkehr: bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 477 BGB) gibt es eine Beweislastumkehr für 12 Monate, sofern Sie als Unternehmer und der Käufer als Verbraucher handeln.
Sie schildern, dass Ihnen kein Wasserschaden bekannt war und bei der Übergabe keine Feuchtigkeit oder Schimmel festgestellt wurde. Die Käufer haben die Wohnkabine und den PKW vor dem Kauf besichtigt und alles wurde vorgeführt. Das spricht zunächst gegen einen offensichtlichen Mangel.
Nach Übergabe und nach einer Nutzung von drei Wochen sowie einer erhöhten Kilometerleistung kann es für die Käufer schwierig werden, zu beweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag und nicht erst durch unsachgemäße Nutzung oder andere Umstände entstanden ist.
b) Nacherfüllung (§ 439 BGB)
Der Käufer kann bei einem nachgewiesenen Mangel zunächst Nacherfüllung verlangen. Erst wenn diese fehlschlägt oder verweigert wird, kommen Rücktritt oder Minderung in Betracht.
2. Erfüllungsort der Nacherfüllung
a) Grundsatz
Der Erfüllungsort für die Nacherfüllung ist grundsätzlich der Ort, an dem sich die Kaufsache bei Gefahrübergang befindet, also der Übergabeort.
BGH, Urteil vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10:
„Der Verkäufer hat die Nacherfüllung grundsätzlich am Ort der Übergabe zu erbringen."
(Quelle: BGH, NJW 2011, 2278)
b) Konsequenz für Ihren Fall
Da die Übergabe der Wohnkabine (und des PKW) vermutlich an Ihrem Firmensitz oder einem vereinbarten Ort erfolgte, ist dies auch der Erfüllungsort für die Nacherfüllung.
Der Käufer muss die Wohnkabine zur Nachbesserung an diesen Ort bringen. Die Kosten für den Transport trägt im Regelfall der Verkäufer, sofern tatsächlich ein Mangel vorliegt (§ 439 Abs. 2 BGB).
3. Vorgehen und Empfehlungen
a) Mangelbeseitigung/Nacherfüllung
Fordern Sie den Käufer schriftlich auf, die Wohnkabine zur Besichtigung und ggf. Nachbesserung an den Übergabeort zu bringen.
Weisen Sie darauf hin, dass Sie ohne Besichtigung keine Nachbesserung leisten können.
Bitten Sie um eine genaue Beschreibung und Beweissicherung des behaupteten Mangels (Fotos, Gutachten etc.).
b) Rückabwicklung
Sie können weiterhin die vollständige Rückabwicklung (beider Verträge) anbieten, da die Wohnkabine ohne den passenden PKW nicht transportiert werden kann.
Ein Rücktritt nur von einem Vertrag (nur Wohnkabine) ist problematisch, wenn die Wohnkabine ohne den PKW nicht nutzbar ist.
c) Mehrkilometer
Sollte es zur Rückabwicklung kommen, können Sie Wertersatz für die Nutzung des PKW verlangen (§ 346 Abs. 1, 2 BGB).
4. Zusammenfassung und Mustertext
Erfüllungsort der Nacherfüllung ist der Übergabeort der Wohnkabine. Der Käufer muss die Wohnkabine zur Nachbesserung dorthin bringen. Ohne Besichtigung ist eine Nachbesserung nicht möglich. Sie sollten den Käufer auffordern, die Wohnkabine zur Überprüfung an den Übergabeort zu bringen und Beweise für den behaupteten Mangel vorzulegen.
Mustertext für die Korrespondenz
Sehr geehrter Herr/Frau [Name],
Sie machen einen Mangel an der von Ihnen erworbenen Wohnkabine geltend und verlangen Nachbesserung.
Wir weisen darauf hin, dass der Erfüllungsort für die Nacherfüllung der Ort der Übergabe ist. Bitte bringen Sie die Wohnkabine zur Überprüfung und ggf. Nachbesserung an diesen Ort.
Ohne Besichtigung des behaupteten Mangels ist eine Nachbesserung nicht möglich.
Bitte teilen Sie uns mit, wann Sie die Wohnkabine zur Überprüfung bringen können.
Hilfsweise bieten wir weiterhin die vollständige Rückabwicklung beider Verträge an.
Mit freundlichen Grüßen
[Ihr Name]
Hinweis:
Sollte der Käufer die Wohnkabine nicht zum Erfüllungsort bringen, gerät er mit der Mitwirkung in Verzug. Weitere Ansprüche (Rücktritt, Minderung) bestehen dann nicht, solange Sie zur Nacherfüllung bereit sind.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Jan Wilking
Guten Abend. Die Käufer wollen das wir morgen das gespannt holen kommen und 500 Euro mehr zahlen für ummeldegebühren. Kann man nach Übergabe später trotzdem weiterhin schadenesersatz für den gebrauch verlangen?
Selbst wenn ein Rücktritt der Gegenseite berechtigt wäre, muss das Fahrzeug nur Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises herausgegeben werden. Dabei sind die gefahrenen Kilometer, also der Gebrauchsvorteil, zu berücksichtigen und vom Kaufpreis abzuziehen. Das bedeutet, Sie können für die Nutzung des Fahrzeugs nach Übergabe einen Wertersatz verlangen, der sich nach dem Verhältnis zwischen der gefahrenen Strecke und der zu erwartenden Gesamtleistung des Fahrzeugs berechnet.
Das heißt konkret: Auch wenn Sie das Gespann (Wohnkabine und Pick-up) zurücknehmen und den Kaufpreis zurückzahlen, können Sie weiterhin Ersatz für die Nutzung (Schadensersatz für den Gebrauch) verlangen. Die Käufer müssen Ihnen also für die Zeit, in der sie das Fahrzeug genutzt haben, Wertersatz leisten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rückabwicklung sofort oder erst später erfolgt.
Ein Anspruch auf zusätzliche 500 Euro für Ummeldegebühren besteht hingegen nicht automatisch, sondern nur, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde oder ein entsprechender Schaden nachgewiesen wird.
Zusammengefasst: Ja, Sie können grundsätzlich nach Übergabe und Rückabwicklung weiterhin Wertersatz für den Gebrauch (Schadensersatz für die Nutzung) verlangen. Dies ist rechtlich anerkannt und wird bei der Rückabwicklung des Kaufvertrags berücksichtigt. Allerdings kann auch hiervon vertraglich abgewichen werden, insofern sollte klargestellt werden, dass dieser Anspruch nicht aufgrund der Einigung zur Rückgabe erloschen ist.