Antwort
vonRechtsanwältin Jutta Petry-Berger
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ich bedanke mich für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme:
1./3.
Ihre geschiedene Ehefrau wird mit 60 Jahren eine vorgezogene Altersrente beantragen können, falls sie nach ihrem 40. Geburtstag mehr als zehn Jahre Pflichtbeitragszeiten sowie insgesamt mindestens 15 Versicherungsjahre vorweisen kann. Macht sie hiervon Gebrauch, wird sie jedoch einen Rentenabschlag von 18 Prozent hinnehmen müssen.
Durch den Rentenbezug Ihrer geschiedenen Ehefrau fällt zunächst der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt weg. Andererseits wird sich hierdurch der Anspruch auf Elementarunterhalt erhöhen. Weiterhin wird die Rente nach der sogenannten Additions- oder Differenzmethode bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) zu berücksichtigen sein (vgl. BGH Urt. vom 31. Oktober 2001 - XII ZR 292/99 - FamRZ 2002, 88, 91 und vom 5. Februar 2003 - XII ZR 29/00 - FamRZ 2003, 848, 851). Mit Beginn des Rentenbezugs Ihrer geschiedenen Ehefrau, der aller Voraussicht nach zu einer Minderung des derzeitigen Unterhaltsanspruchs führen wird, wird folglich eine vollständig neue Bedarfs- und Unterhaltsberechnung erforderlich sein, so dass Sie entsprechende Einwände gegenüber dem bestehenden Unterhaltstitel im Wege der Abänderungsklage nach § 323 ZPO gelten machen müssen (vgl. BGH Urteil vom 8. 6. 2005 - XII ZR 294/ 02).
2.
Die Minderung des Unterhalts durch Altersteilzeit wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. So können nach einer Entscheidung des OLG Koblenz (Urteil vom 22.03.2004 - 13 UF 656/03) in der freiwilligen Wahl der Altersteilzeit und der damit verbundenen Verringerung der Einkünfte des Pflichtigen keine unterhaltsrechtlich anzuerkennenden Gründe für eine Anpassung des Unterhalts an die so geänderten Verhältnisse gesehen werden. Das OLG Hamm sieht demgegenüber in der freiwilligen Vereinbarung von Altersteilzeit dann keine unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit, die zu einer fiktiven Zurechnung der früheren Einkünfte führt, wenn dafür triftige Gründe vorhanden sind. Es wird somit maßgeblich auf die Rechtsprechungspraxis der zuständigen Familiengerichte ankommen.
4.
Nach dem Unterhaltsvergleich endet mit dem Bezug der Altersrente zwar nicht automatisch Ihre Unterhaltspflicht, Sie sind hiernach jedoch berechtigt, eine Abänderung zu beanspruchen, wobei Prozessvergleiche grundsätzlich im Wege der Abänderung nach § 323 ZPO an veränderte Verhältnisse angepasst werden (§ 323 Abs. 4 ZPO i.V.m. S 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Petry-Berger
Rechtsanwältin
Sehr geehrte Frau RAin Petry-Berger,
zunächst vielen Dank für Ihre ausführliche und sehr kompetente Antwort !
ich beziehe mich auf Ihre ergänzende Information zu Punkt 1./3.:
Im Protokoll der mündlichen Verhandlung wird lediglich festgehalten, daß die Unterhaltsvereinbarung vorgelesen und genehmigt wurde. In der Vereinbarung selbst steht im Abschnitt (3) "... Eine Abänderung aus anderen Gründen scheidet aus". Über die mit diesem Satz verbundenen Konsequenzen wurde ich von meinem Anwalt nicht hingewiesen. Ich bin jedoch davon ausgegangen, daß die auf das Rentenkonto meiner geschiedenen Ehefrau übertragenen Punkte zum Zeitpunkt ihrer Rentenantritt sich Unterhaltsmindernd auswirken sollten, da Sie sonst (wären wir noch verheiratet) erst mit meinem eigenen Rentenantritt im Genuß dieser Rente käme. Die Logik ist mir daher etwas unklar.
Den Altersteilzeitvertrag habe ich aus gesundheitlichen Gründen angestrebt, da ich seit nunmehr über 3 Jahren in ärtzlicher Behandlung wegen Herz/Kreislauf bin.
Nun meine Frage an Sie:
Würden Sie empfehlen, trotz der nicht sehr positiven Voraussetzungen, eine Abänderung anzustreben und wenn ja, wann wäre der späteste/günstigste Zeitpunkt eine(n) Rechtsanwalt(in) diesbezüglich zu konsultieren ?
Vielen Dank für Ihre Zeit.
Mit freundlichen Grüßen.
Sehr geehrter Fragesteller,
eine Abänderungsklage hinsichtlich der ab 01.10.2008 geschuldeten Unterhaltsbeträge könnte zwar damit begründet werden, dass von der Arbeitsunfähigkeit im Sinne Ziffer 3 der Unterhaltsvereinbarung auch eine nur teilweise Verminderung der Erwerbfähigkeit aus zwingenden gesundheitlichen Gründen erfasst werden sollte, augrund des weitreichenden Abänderungsausschlusses besteht jedoch in jedem Fall ein Prozessrisiko.
Es sollten daher bereits im August 2008 mit der geschiedenen Ehefrau außergerichtliche Verhandlungen aufgenommen werden, mit dem Ziel die materiell-rechtlichen Wirkungen des Prozeßvergleichs durch außergerichtliche einverständliche Einigung (teilweise) aufzuheben. Scheitert dieser Versuch, ist zu beachten, dass eine Abänderungsklage nur die nach Klageerhebung fällig werdenden Leistungen erfasst, mithin Rückstände nicht geltend gemacht werden können, so dass eine Klage im Hinblick hierauf Ende September 2008 bei Gericht eingereicht werden sollte.
Sollten Sie im Ergebnis deshalb gehindert sein eine Abänderung des Vergleichs durchzusetzen, weil die (gewollte) Vergleichsgrundlage nicht in das Protokoll aufgenommen wurde, ist schließlich ein Regressfall Ihres Rechtsanwaltes in Betracht zu ziehen.
Mit freundlichen Grüßen
RA Petry-Berger
soweit ich in meiner Antwort zu Punkt 1./3. auf die Möglichkeit der Abänderungsklage nach § 323 ZPO hingewiesen habe, gilt folgende Einschränkung:
Im Hinblick auf Ziffer 3 des Unterhaltsvergleichs wird trotz des Rentenbezugs, der grundsätzlich in dieser Höhe zu einer Deckung des Unterhaltsbedarfs führt, dann keine Abänderung möglich sein, wenn mit dem Ausschluss der Abänderung (außer im Falle des Rentenbezugs des Unterhaltsverflichteten) auch der Verzicht auf Abänderung bei dem Bezug einer Rente der Unterhaltsberechtigten umfaßt sein sollte. Insofern wird festzustellen sein, ob Ihnen und Ihrer geschiedenen Ehefrau bei Vergleichsabschluss bewußt war, dass sich gerade infolge des Versorgungsausgleichs die Bemessungsgrundlage für den Unterhalt spätestens mit dem Bezug der Altersrente ändern würde und ob sie in Kenntnis darüber den vereinbarten Unterhaltsbetrag dennoch beibehalten wollten. Für den Verzicht einer Abänderung im Falle des Rentenbezugs Ihrer geschiedenen Ehefrau könnte der Umstand sprechen, dass bei Abschluss der Vereinbarung die Entwicklungen in naher Zukunft erkennbar waren. Aufschluss über die Vergleichsgrundlage wird u.a. das Protokoll der mündlichen Verhandlung geben. Ergibt die Vergleichsgrundlage einen umfassenden Abänderungsausschluss außer im dem Fall, dass Sie Ihren Arbeitsplatz verlieren, arbeitsunfähig werden oder die Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente erfüllt sind, wird der festgelegte Zahlbetrag trotz des Bezugs der Rente zu leisten sein. - Ein umfassender Abänderungsausschluss würde Sie darüber hinaus grundsätzlich hindern, eine Unterhaltsabänderung nach Beginn der freiwillig vereinbarten Altersteilzeit zu beantragen. Sollten für die Vereinbarung der Altersteilzeit allerdings triftige Gründe gegeben sein, wie etwa die Sicherung des Arbeitslatzes aufgrund drohender Arbeitgeberkündigung oder gesundheitlich zwingende Bedürfnisse, so dass es an der „Freiwilligkeit“ fehlt, halte ich es für vertretbar, den vereinbarten Abänderungsgrund in Ziffer 3 der Vereinbarung entsprechend weit auszulegen.
Die von mir zitierte Entscheidung des OLG Hamm datiert im Übrigen 15.10.2004 und trägt das Aktenzeichen: 11 UF 22/04.
Mit freundlichen Grüßen
RA Petry-Berger