Umsatzsteuerpflicht ja oder nein

| 14. Oktober 2010 13:21 |
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Steuerrecht


Wir sind ein Weiterbildungsbetrieb und sind für unsere Ausbildungsrechnungen
mehrwertsteuerbefreit. Gleichzeit stellen wir der Behörde auch Übernachtungs und Verpflegungskosten zuzüglich MwSt in Rechnung. Diese MwSt wird grundsätzlich aber nicht überwiesen sondern es wird nur der Nettobetrag gutgeschrieben.

Frage: Muß ein Steuerberater in diesem Falle den Nettobetrag als Bruttobetrag berechnen und müssen wir vom Nettobetrag nochmals die USt entrichten ???
Demnach wären wir doppelt bestraft. Zum einen wird uns die MwSt nicht gezahlt, zum anderen zahlen wir auf den Nettobetrag nochmals eine USt.


Sehr geehrter Ratsuchender,

die Frage kann nach Umsatzsteuerrichtlinie 2008 / 113 beantwortet werden:

113. Unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen

(1) 1Leistungen dienen dem Schul- und Bildungszweck dann unmittelbar, wenn dieser gerade durch die jeweils in Frage stehende Leistung erfüllt wird (BFH-Urteil vom 26.10.1989, V R 25/84, BStBl 1990 II S. 98). 2Für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a UStG ist ausreichend, dass die darin bezeichneten Leistungen ihrer Art nach den Zielen der Berufsaus- oder der Berufsfortbildung dienen. 3Es ist unerheblich, wem gegenüber sich der Unternehmer zivilrechtlich zur Ausführung dieser Leistungen verpflichtet hat. 4 Stellt der Unternehmer im Rahmen der Erteilung des Unterrichts Lehrkräfte oder für den Unterricht geeignete Räume zur Verfügung, fallen auch diese Leistungen unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a UStG (vgl. BFH-Urteil vom 10.6.1999, V R 84/98, BStBl II S. 578). 5Auf die Ziele der Personen, welche die Einrichtungen besuchen, kommt es nicht an. 6Unerheblich ist deshalb, ob sich die Personen, an die sich die Leistungen der Einrichtung richten, tatsächlich auf einen Beruf oder eine Prüfung vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts vorbereiten (BFH-Urteil vom 3.5.1989, V R 83/84, BStBl II S. 815).

(2) 1Die Lieferungen von Lehr- und Lernmaterial dienen nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck. 2Sie sind nur insoweit steuerfrei, als es sich um Nebenleistungen handelt. 3Eine Nebenleistung liegt in diesen Fällen vor, wenn das den Lehrgangsteilnehmern überlassene Lehr- und Lernmaterial inhaltlich den Unterricht ergänzt, zum Einsatz im Unterricht bestimmt ist, von der Schule oder der Bildungseinrichtung oder dem Lehrer für diese Zwecke selbst entworfen worden ist und bei Dritten nicht bezogen werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 12.12.1985, V R 15/80, BStBl 1986 II S. 499).

(3) 1Leistungen, die sich auf die Unterbringung und Verpflegung von Schülern beziehen, dienen dem Schul- und Bildungszweck im Regelfall nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar (BFH-Urteil vom 17.3.1981, VII R 84/80, BStBl II S. 746). 2Diese Leistungen können aber unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei sein.

Demnach sind Unterbringung und Verpflegung nicht umsatzsteuerbefreit.

Da Ihr Weiterbildungsbetrieb hinsichtlich der Beherbungsleistungen umsatzsteuerpflichtig ist, ist es korrekt, die Umsatzsteuer dem Nettobetrag zuzuschlagen und die Rechnung an den Leistungsträger zu stellen.

Als Erlös ist jedoch nur der Nettobetrag zu verbuchen und die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.

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Rückfrage vom Fragesteller 14. Oktober 2010 | 15:57

wir senden für Unterbringung an die Agentur für Arbeit eine Rechnung
z.B. für 900,00€ netto zuzüglich 19% MwSt. also Brutto 1.071,00

die Agenturen zahlen zu 90% diese Rechnungen nur netto mit 900,00€ weil es sich um eine Weiterbildung handelt.

jetzt bucht unser Steuerbüro den Nettobetrag wie Brutto und rechnet von 900,00€ 19% MwSt. herunter, die wir dann an das Finanzamt zahlen obwohl die Agentur keine MwSt. bezahlt hat und auch keine Vorsteuerabzüge stellen kann.Wir denken das ist falsch?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 14. Oktober 2010 | 22:27

Gem. § 10 I UStG ist die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer das, was der Empfänger erlangt abzgl. der Umsatzsteuer, in Ihrem Bespiel also 756,30 EUR. Demnach erscheint mir die von Ihnen genannte Verbuchung korrekt zu sein.

Sollten Sie vorrangig Leistungen an Jugendliche erbringen, könnte jedoch § 4 Nr. 23 UStG zur für Ihren Betrieb günstigen Anwendung kommen.

Ergänzend hinweisen möchte ich Sie noch auf ein aktuelles Verfahren beim Bundesfinanzhof (BFH, Verfahren V R 15/10), in dem es um die Umsatzsteuerbefreiung von Maßnahmen der Arbeitsförderung wegen eventueller Verletzung höherrangigen Europarechts geht.

Bewertung des Fragestellers 15. Oktober 2010 | 10:09

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