Überobligatorisches Einkommen durch Rufbereitschaft im Unterhaltsrecht

| 9. Januar 2025 15:09 |
Preis: 75,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von


18:25
Im Rahmen der Unterhaltsberechnung hat das zuständige Jugendamt mein volles Einkommen herangezogen. Dies obwohl ich bereits mit Einreichung meiner Gehaltsnachweise darauf hingewiesen habe das ein gewisser Anteil des Einkommens durch aus meiner Sicht überobligatorische Arbeit zustande kommt. Als überobligatorische Arbeit habe ich dabei die von mir sporadisch geleistete Rufbereitschaft dargestellt. Dem Jugendamt habe ich mitgeteilt das sie die von mir dargestellte überobligatorische Arbeit bitte entsprechend Anteilig bei der Ermittlung des Unterhalts berücksichtigen. Dies ist mit erfolgtem Bescheid nicht geschehen und ich möchte das die Rufbereitschaft nur zu 50% berücksichtigt wird.
Dem Jugendamt ist bisher nicht mitgeteilt, das es sich bei der Rufbereitschaft nicht um eine Verpflichtug durch Arbeitsvertrag handelt, sondern das diese aus freien Stücken geleistet wird und jederzeit beendet werden kann.
Ich bitte um rechtliche Bewertung mit entsprechenden Angaben zu Rechtsurteilen.
9. Januar 2025 | 16:08

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

ich teile Ihre Auffassung, dass die Einkünfte aus der Rufbereitschaft nicht vollständig angerechnet werden können.

Hier ist die Rufbereitschaft kein Bestandteil der vertraglichen Arbeitszeit, sondern Sie übernehmen es freiwillig als Zusatz.

Der BGH führt dann dazu aus, dass Einkommen nur eingeschränkt zu berücksichtigen ist, wenn es auf überobligatorischer Tätigkeit (hier die freiwillige Rufbereitschaft) beruht.

Eine vollständige Heranziehung des Einkommens verstößt dann gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB

So BGH, Urteil vom 07.11.1990, Az.: XII ZR 123/89.

Und diese Entscheidung hat weiterhin auch Bestand.

Allerdings ist die prozentuale Höhe der Anrechnung dann wieder eine Einzelfallentscheidung.

Man kann also nicht pauschal 50% oder 25% oder 75% annehmen, sondern muss dann immer eine Gesamtbetrachtung machen.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin

Sylvia True-Bohle


Rückfrage vom Fragesteller 9. Januar 2025 | 17:57

Sehr geehrte Frau True-Bohle,
Bitte erläutern Sie konkret ihre beiden letzten Absätze. Was bedeutet konkret Einzellfallentscheidung und welche Aspekte sind darin zu beurteilen? Sie Schreiben man muss immer eine Gesamtbetrachtung machen. Wer ist in diesem Fall „man" und welche Randbedingungen spielen bei dieser Betrachtung exakt eine entscheidende Rolle?
Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 9. Januar 2025 | 18:25

Sehr geehrter Ratsuchender,

das mache ich doch gerne:

Einzelfallentscheidung bedeutet, dass jedes Gericht eigenverantwortlich und losgelöst von der BGH Rechtsprechung entscheiden und auch abweichen kann.

Es gibt im deutschen Rechtssystem also keine Präzidenzfälle, an die untere Gerichte dann gebunden sind.

Aspekte werden sein, ob

Sie den Kindesunterhalt gemäß Tabelle leisten,

Sie ein so hohes Einkommen haben, dass die Anrechnung prozentual höher anfallen kann,

Sie eine bestimmte Führungsposition haben, die Rufbereitschaft vorsieht.

"Man" sind zunächst Sie und ich und das Jugendamt, in letzter Instand dann der zuständige Familienrichter.

Was dann exakt eine Rolle spielt, kann man ohne Kenntnis des gesamten Sachverhalts und der obigen Punkte nicht seriös beantworten.

Mit freundlichen GRüßen

Rechtsanwältin

Sylvia True-Bohle

Bewertung des Fragestellers 9. Januar 2025 | 18:48

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"Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand :-|"
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