Trotz Krankheit in die Enge getrieben

| 13. Juli 2010 08:41 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Zusammenfassung

Darf mein Arbeitgeber mich trotz Burnout und Krankschreibung zur Arbeit drängen?

Nein, die Genesung des Arbeitnehmers hat Vorrang. Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht und darf kranke Arbeitnehmer nicht beschäftigen.

Guten Tag,

ich arbeite seit 5 Jahren Vollzeit in einem Unternehmen (unbefristeter Vertrag) und bin nun seit 3 Wochen aufgrund eines burn out Syndroms krankgeschrieben und sollte auf Anraten meiner Ärzte dringend eine Therapie antreten.
Mein Arbeitgeber setzt mich nun "moralisch" unter Druck, das Team wäre die nächsten Wochen aufgrund Urlaubszeiten unterbesetzt.
Da ich trotz wirklich massiver Überlastung gerne arbeite (und mir auch klar ist, daß ich irgendwann in dieses Team zurück muss), habe ich als für alle tragfähigen Konsens vorgeschlagen, dass ich auf weiterführende Anschlußheilbehandlungen verzichten, dafür aber für die nächsten Wochen bis zur Rekonvaleszenz von zu Hause aus arbeiten möchte (was einige Teilzeit-Kollegen so auch praktizieren und so einGroßteil der gesamten Arbeit erledigt werden kann).
Nun war die Reaktion für mich sehr befremdlich, insofern als mir dies mit vielen sarkastischen Kommentaren über meinen Gesundheitszustand als letztes Zugeständnis an mich verkauft wurde und ich bei meiner Rückkehr keine Teilzeit- oder ähnliche Modelle zu erhoffen hätte. Entweder ich würde voll "funktionieren" oder es gäbe nichts.
Ist es rechtens, trotz Krankheit und Kompromisswillen derart unter Druck gesetzt zu werden? Darf mein AG mir kündigen, wenn ich aufgrund einer Erkrankung nicht mehr voll arbeitsfähig bin?

Vielen Dank für die Antwort.
13. Juli 2010 | 09:31

Antwort

von


(458)
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Sehr geehrte Ratsuchende,

gerne darf ich Ihre Frage wie folgt beantworten:

Aus Ihrer Sicht sollte zunächst einmal die vollständige Wiederherstellung Ihrer Gesundheit oberste Priorität haben. Wenn daher Ihre behandelnden Ärzte weiterhin von Arbeitsunfähigkeit ausgehen und Ihnen dringend zu einer Therapie raten, sollten Sie – gerade bei Ihrem Krankheitsbild - der Arbeit weiterhin fern bleiben.

Hierbei ist es selbstverständlich nicht zulässig, dass Sie von Ihrem Arbeitgeber derart unter Druck gesetzt werden. So gibt es als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis die so genannte arbeitgeberseitige Fürsorgepflicht. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen hat. Er muss u.a. verhindern, dass sich der Arbeitnehmer überanstrengt und darf einen erkennbar erkrankten oder gar krank geschriebenen Arbeitnehmer nicht beschäftigen.

Dementsprechend kann es in Ihrem Fall auch keinen wie auch immer gearteten Kompromiss geben, da die Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich erst dann endet, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit wieder in vollem Umfang verrichten kann. Lediglich ausnahmsweise kann aufgrund ärztlicher Empfehlung nach § 74 SGB V eine stufenweise Wiedereingliederung vorgenommen werden, wenn dadurch zu erwarten ist, dass dadurch die volle Arbeitsfähigkeit wieder erreicht werden kann.

Auch müssen Sie momentan nicht mit einer rechtlich wirksamen Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen.

So kann ein Arbeitsverhältnis zwar grundsätzlich auch krankheitsbedingt gekündigt werden. Hierzu müssen allerdings

- häufige Kurzerkrankungen

- dauernde Arbeitsunfähigkeit

- eine lang andauernde Erkrankung oder

- eine dauerhafte krankheitsbedingte Leistungsminderung


vorliegen.

Erforderlich ist ferner eine negative Gesundheitsprognose sowie eine umfassende Interessenabwägung zwischen den beteiligten Parteien.

Da Sie erst seit drei Wochen arbeitsunfähig erkrankt sind und offenbar noch nicht alle Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sind, sehe ich für eine krankheitsbedingte Kündigung keine Rechtfertigung.

Ich kann Ihnen daher abschließend nur nochmals empfehlen, dem Rat Ihrer Ärzte zu folgen und von Ihrer Arbeit erst einmal Abstand zu gewinnen.

Abschließend hoffe ich, Ihnen mit meiner Antwort einen ersten Überblick über die Rechtslage verschafft zu haben.

Hierbei möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Antwort, basierend auf Ihren Angaben, lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Sie können natürlich gerne im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal oder über meine E-Mail-Adresse mit mir Verbindung aufnehmen.

Für eine über diese Erstberatung hinausgehende Interessenvertretung steht Ihnen meine Kanzlei selbstverständlich ebenfalls gerne zur Verfügung.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag und verbleibe

mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Michael Vogt
Fachanwalt für Insolvenzrecht

Bewertung des Fragestellers 13. Juli 2010 | 12:46

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