Antwort
vonRechtsanwalt Sebastian Braun
Grünberger Str. 54
10245 Berlin
Tel: 03029399240
Web: https://www.rechtsanwalt-braun.berlin
E-Mail: braun@rechtsanwalt-braun.berlin
aufgrund der übermittelten Information beantworte ich Ihre Frage wie folgt.
Für die steuerliche Beurteilung ist zunächst zu prüfen, ob der Verkauf der Eigentumswohnung einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG („Spekulationsgeschäft") auslöst. Dies ist nur der Fall, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre liegen. Nach Ihren Angaben befindet sich die Wohnung seit mehr als zehn Jahren in Ihrem Eigentum und war durchgehend vermietet. Damit ist die maßgebliche Spekulationsfrist abgelaufen, sodass ein etwaiger Veräußerungsgewinn nicht der Einkommensteuer unterliegt.
Entscheidend ist, wann der rechtliche Übergang des Eigentums (i.d.R. mit Abschluss des notariellen Kaufvertrags) erfolgt. Zahlungen, die vor dem notariellen Kaufvertrag geleistet werden, können im Einzelfall als (verdeckte) Anzahlung auf den Kaufpreis gewertet werden, wenn sie in einem erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem späteren Erwerb stehen. In Ihrem Fall wurde das Darlehen jedoch bereits vor zwei Jahren und ohne Bezug auf einen damals geplanten Erwerb der Wohnung gewährt. Der Verwendungszweck lautete „geliehenes Geld", was für einen eigenständigen Darlehensvertrag spricht und nicht für eine Anzahlung auf einen späteren Immobilienkauf.
Das Finanzamt könnte nur dann eine Anzahlung unterstellen, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bereits vor zwei Jahren eine konkrete Kaufabsicht bestand und das Darlehen tatsächlich als Teil des Kaufpreises gedacht war. Nach Aktenlage und Ihrer Schilderung ist dies nicht ersichtlich. Die Rückzahlung des Darlehens im Rahmen des Kaufpreisflusses (Verrechnung oder taggleiche Rückzahlung) ist steuerlich unschädlich, solange der Kaufvertrag erst nach Ablauf der Spekulationsfrist abgeschlossen wird und das Darlehen tatsächlich unabhängig vom späteren Kauf gewährt wurde.
Wird der Kaufpreis in voller Höhe (200.000 €) gezahlt und Sie begleichen davon taggleich Ihre Verbindlichkeit gegenüber dem Freund, ist dies ebenfalls unproblematisch. Entscheidend ist, dass der Kaufvertrag nach Ablauf der Spekulationsfrist geschlossen wird und keine verdeckte Anzahlung vorliegt. Die Kaufpreiszahlung und die Darlehensrückzahlung sind dann zwei getrennte Vorgänge.
Zusammenfassend:
Die Spekulationsfrist ist abgelaufen, ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn entsteht nicht.
Das vor zwei Jahren gewährte Darlehen ist nach Aktenlage keine Anzahlung auf den Kaufpreis, sondern ein eigenständiges Darlehen.
Die Rückzahlung des Darlehens im Zusammenhang mit dem Kaufpreis ist steuerlich unschädlich, solange der Kaufvertrag nach Ablauf der Spekulationsfrist geschlossen wird.
Die Steuerlast aus einem privaten Veräußerungsgeschäft fällt nicht an.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage beantwortet habe, bei eventuellen Nachfragen können Sie gerne die kostenlose Nachfrageoption benutzen.
Berücksichtigen Sie bitte, dass auch kleine Sachverhaltsänderungen zu einer gänzlich anderen rechtlichen Bewertung führen können.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Braun
Rechtsanwalt
Vielen Dank für die rasche und verständliche Antwort.
Eine Rückfrage habe ich noch; sehen Sie es als problematisch an, wenn im notariellen Kaufvertrag steht, dass der Kaufpreis 200.000,- beträgt und hiervon bereits 100.000,- bezahlt wurden und die restlichen 100.000,- überwiesen werden müssen?
Oder soll ich, nachdem ich die 100.000,- bekommen habe, dem Notar einfach bescheid geben, dass mein Geld da ist und nichts von den geliehenen 100.000,- die nun verrechnet werden im Kaufvertrag vermerken lassen. Die ETW ist lasten- und schuldenfrei.
Sehr geehrter Fragesteller,
ich empfehle Ihnen, die Gegenleistung (also den Kaufpreis) im Kaufvertrag aufzuschlüsseln, d.h. Zahlung des Kaufpreises von 200.000 €, davon 100.000 € in "Bar" und 100.000 € durch Verrechnung mit dem Darlehensrückzahlungsanspruch.
Wenn Sie die Verrechnung mit dem Darlehensrückzahlungsanspruch nicht aufführen, könnte das Finanzamt annehmen, dass die Gegenleistung nicht korrekt vereinbart wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Braun
Rechtsanwalt