wenn das Sparbuch auf Ihren Namen ausgestellt ist, so ist dies lediglich ein Indiz dafür, dass es Ihnen gehören soll. Möglicherweise wollten die Großeltern aber Gläubiger der Bank bleiben, sonst hätten sie es Ihnen gegeben. Vielleicht sollten Sie das Sparbuch mit dem Tod der Großeltern bekommen. Dagegen spricht, dass Ihre Eltern das Sparbuch seit dem Tod Ihrer Großeltern zurückgehalten haben, so dass Sie nicht einmal von seiner Existenz wussten. Wenn dies dem Willen der Großeltern entsprochen hat, wären Ihre Eltern Erben geworden, evtl. mit der Auflage, dieses Sparkonto zu Ihren Gunsten für Ihre Altersvorsorge zu verwenden. Dies alles ist Auslegungsfrage. Entscheidend ist der Wille der Großeltern: wer nach der Vereinbarung mit der Bank bei Einrichtung des Kontos Konteninhaber werden sollte. Darüber gibt vielfach der Inhalt des Kontoeröffnungsantrags Aufschluss.
Wenn man mit Hilfe der Auslegung zu dem Ergebnis kommt, dass Sie Inhaber der Forderung aus dem Sparbuch geworden sind, kommt es für die Beurteilung, ob dies nun Vermögen ( mit günstigeren Schongrenzen) oder Einkommen ist, auf den Zeitpunkt an, in dem Ihnen die Forderung zugeflossen ist. Einkommen sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die dem Leistungsempfänger in dem Zeitraum, in dem er Alg II beantragt oder bezogen hat, zufließen, während Vermögen das ist, was der Leistungsbezieher bereits vor Beginn des Bedarfszeitraums hatte. Ich würde mich auf den Standpunkt stellen, dass Sie mit dem Tod des letzten Großelternteils Inhaber der Forderung geworden sind – dann wäre es als Vermögen zu qualifizieren.
Wenn die Auslegung ergibt (und darüber kann man sich streiten !), dass das Sparbuch in das Erbe fallen sollte, und Ihre Eltern als Erben das Sparbuch – dem Willen der Großeltern entsprechend – für Ihre Altersversorgung weiter aufbewahren wollen, fließt Ihnen nichts zu: weder vor dem Bewilligungszeitraum ist etwas zugeflossen, noch fließt Ihnen jetzt, während des Leistungsbezugs, etwas zu.
Auf letzteren Standpunkt können sich Sie und Ihre Eltern stellen, und der Arbeitsagentur entsprechende Auskunft geben. Konsequenz ist natürlich, dass Ihre Eltern das Sparbuch Ihnen weiterhin nicht zugänglich machen. Sonst müssten Sie wirklich damit rechnen, dass Sie das Sparguthaben vorrangig ( mit Ausnahme der Schonbeträge) verbrauchen müssten, so lange, bis Sie wieder bedürftig im Sinne des SGB II würden. Es bleibt weiterhin die Möglichkeit, dass Ihre Eltern (oder Sie) das Geld in eine zusätzliche private Altersvorsorge anlegen. Damit dies zum Schonvermögen gehört, müsste die Altersvorsorge mit unwiderruflicher Zweckbindung ausgestaltet sein, d.h. in dem entsprechenden Vertrag müsste festgelegt sein, dass eine Verwertung vor Eintritt in den Ruhestand unwiderruflich ausgeschlossen ist. Auch ein Rückkauf, eine Beleihung oder eine Kündigung darf nicht möglich sein.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Fürstenberg
Rechtsanwältin
Am Waldrand 10/1
71111 Waldenbuch
Tel: (07157) 88 04 77
kanzlei@ra-fuerstenberg.de
Abschließend darf ich mir erlauben, noch auf Folgendes hinzuweisen:
Meine Auskunft bezieht sich nur auf die Informationen, die mir zur Verfügung stehen. Eine umfassende Sachverhaltsermittlung ist für eine verbindliche Einschätzung unerlässlich. Diese Leistung kann im Rahmen der Online-Beratung nicht erbracht werden.
Darüber hinaus können eine Reihe weiterer Tatsachen von Bedeutung sein, die zu einem anderen Ergebnis führen. Bestimmte Rechtsfragen wie z. B. die Frage der Verjährung oder von Rückgriffsansprüchen gegenüber Dritten etc., können mit dieser Auskunft nicht abschließend geklärt werden, da es hier auf die Details im Einzelfall ankommt. Ferner sind verbindliche Empfehlungen darüber, wie Sie Ihre Rechte durchsetzen können, nur im Rahmen einer Mandatserteilung möglich.
Sehr geehrte Frau Fürstenberg,
zunächst danke für Ihre ausführliche Antwort.
Wie stark sehen Sie die Gefahr an, daß die Arbeitsagentur die bereits gezahlten Leistungen seit dem 1.April 2005 zurückfordern wird, da die Agentur ja argumentieren könnte, daß ich das Geld damals bereits besessen habe, obwohl ich nichts davon wußte und sie dadurch nicht auf ein eventuelles Rentenrücklage-Argument eingehen?
Besten Dank im voraus für Ihre Bemühungen!
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
ein Anspruch auf Rückerstattung bereits gezahlten Alg II besteht nur unter den Voraussetzungen des § 34 SGB II - bei sozialwidrigem Verhalten -
oder wenn §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Absatz 2 und 3 SGB III erfüllt sind. Danach ist der SGB II Träger bei einer Leistungsgewährung,
1.die durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Leistungsempfängers verursacht oder
2.bei einem nachträglichen Zufluss von Einkommen oder Vermögen, das zum Wegfall oder zur Minderung eines Anspruchs geführt hat,
ohne Ausübung von Ermessen verpflichtet, die Leistungsbewilligung rückwirkend aufzuheben oder anzupassen.
Da Ihnen die Existenz des Sparbuchs nicht bekannt war, kann Ihnen weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden. Punkt 1 scheidet aus. Punkt 2 kann vorliegen. Jedoch ist die Rücknahme eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung, wie er bei der Leistungsbewilligung nach SGB II vorliegt, möglich bei nachträglichen wesentlichen Veränderungen, die zu einer Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Zukunft führen. Eine Aufhebung für die Vergangenheit ist möglich ab dem Zeitpunkt der Veränderung. Wenn Ihnen jetzt das Sparkonto durch Übergabe des Sparbuchs zur Verfügung gestellt wird, ist dieser Änderungszeitpunkt jetzt. Weiter zurückliegende Leistungen dürften nicht zurückgefordert werden.
Ich schätze die Gefahr von Rückforderungsansprüchen daher relativ gering ein.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Fürstenberg
Rechtsannwältin