Schwanger mit Spirale, defektes Verhütungsmittel, Frauenarzt nicht kompetent

7. Dezember 2018 18:51 |
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Medizinrecht


Folgenden Fall möchte ich als Hintergrund zu meiner Frage vortragen

Am 6.7.2017 liess sich meine Ehefrau ein permanentes Verhütungsmittel von einem sehr bekannten Frauenarzt einlegen. Dabei kam es schon zu Komplikationen, die Behandlung war sehr schmerzhaft, der Arzt konnte das erste Spirale genannte Verhütungsmittel nicht richtig einsetzen, zog es wieder raus und setzte daraufhin eine andere Spirale ein. Meine Frau schrie vor Schmerzen und hat aus der Vagina geblutet.

Am 6.7.2018, also genau ein Jahr danach, waren mehrere Schwangerschaftstests positiv. Da wir auf Mallorca im Urlaub waren und dies ein Wochenende war sind wir in die Notaufnahme des spanischen lokalen Krankenhauses um diese zu entfernen. Bei der Untersuchung wurde ein Fötus festgestellt, die Spirale wurde auch gesehen. Dabei wurde schriftlich festgehalten daß diese nicht an richtiger Stelle saß und daß die Gebärmutter meiner Frau ungewöhnlich klein ist. Drei Ärzte brauchten über eine halbe Stunde um dieses Teil aus meiner dabei unter starken schmerzen leidenden Frau rauszuziehen (mit dem Risiko eines Schwangerschaftsabruches), wobei das Rausziehen einer Spirale eigentlich eine einfache Sache sein sollte die eine solch Verhütungsmittel tragende Frau selber ohne Schmerzen erledigen in der Lage sein sollte, wenn die Spirale auch richtig sitzt. Jede Spirale hat dazu raushängende Fäden, diese konnten die Ärzte aber nicht sehen weil sie zu tief in der Gebärmutter saß.

Ein von uns beauftragter medizinischer Gutachter sagt, der Frauenarzt hätte nichts falsch gemacht (stark resümierend). Wir sind aber anderer Meinung.

Wir haben auch sehr gute Gründe zu glauben daß diese Spirale nicht funktionierte bzw. defekt war, vor allem weil es zu der Zeit in ganz Europa einen Rückruf von defekten Spiralen vom selben deutschen Hersteller gab. Man hat uns auch auf Anfrage nicht mitgeteilt welche Seriennummer die Spirale meiner Frau trug.

Wir glauben

a) Daß der Frauenarzt nicht erkannt hat, daß die Gebährmutter meiner Frau zu klein ist um eine Spirale zu tragen.

b) Daß die Spirale zu tief eingepflanzt wurde durch den selben Frauenarzt

c) daß b) auf Grund einer falsch aufgedruckten Skala passierte, was genau dem europaweitem Rückrufs des Herstellers entspricht.

d) Daß der Frauenarzt hätte wissen müssen, daß es einen Rückruf gab, weil dieser auf offiziellen Websites und anderen für Ärzte bekannten wegen öffentlich gemacht wurde.

Meine Frage ist: Haben wir Schadensersatz bzw. Schmerzensgeldansprüche gegen den Frauenarzt und oder dem deutschen Hersteller der Spirale?

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Haben wir Schadensersatz bzw. Schmerzensgeldansprüche gegen den Frauenarzt und oder dem deutschen Hersteller der Spirale?

1. Schmerzensgeld

Den Anspruch hat Ihre Frau definitiv.

Bei unerwünschter Schwangerschaft infolge eines ärztlichen Behandlungsfehlers wird das Schmerzensgeld gewährt für die Belastung mit dem Austragen und der Geburt des Kindes.

Behandelt ein Arzt die Patientin fehlerhaft und wird sie deshalb ungewollt schwanger, ist der Arzt schadensersatzpflichtig. Dabei ist natürlich nicht das Kind der Schaden, sondern die Unterhaltskosten, die für das Kind aufgewendet werden müssen.

Das Schmerzensgeld beläuft sich hierfür auf ca. 4.500 € (OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 18.04.2011 - 5 U 21/11) bis 12.500 € (LG Dortmund, Urteil vom 22.12.2010 - 4 O 191/09).

2. Unterhaltsschaden

Wenn das Kind zudem ungewollt war, dann kommt noch ein Unterhaltsschaden hinzu von 50.000 - 150.000 €.

Gegen den Hersteller der Spirale könnte man über einen Anspruch auf Produkthaftung nachdenken. Diesen Anspruch würde ich aber nur sekundär verfolgen, denn der Arzt als Verwender eines Medizinproduktes muss sich vor Verwendung über die Eignung vergewissern.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Rückfrage vom Fragesteller 9. Dezember 2018 | 18:24

Sehr geehrter Herr Grübnau-Rieken,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort, über die wir im Prinzip sehr froh sind. Wir fühlen uns mit der ganzen Situation kurz gesagt wie von einem Zug überfahren und haben nun die Bestätigung, daß wir in Deutschland doch Rechte hätten. Nur leider wohnen wir (deutsche Staatsbürger) in den Niederlanden und das ganze hat sich in Amsterdam abgespielt. Hierzulande scheint alles sehr negativ in Bezug zu unseren Patientenrechten zu sein und der von unserer Rechtschutzversicherung bestellte Gutachter war nicht neutral in seiner Analyse, obwohl selbst er zugeben musste daß die Behandlung nicht dem niederländischen medizinischen Standard entsprach.

Wir alle ausser meiner Frau (Lettin) sind deutsche, so auch das Kind welches wir jetzt erwarten und ich der Vater und Alleinversorger der Familie. Die Firma Bayer aus Leverkusen hat besagte Spirale hergestellt und verkauft. Gibt es deshalb die Möglichkeit ein deutsches Gericht gegen Bayer einzuschalten um zumindest unsere von Ihnen genannten Produkthaftungsrechte in Deutschland geltend zu machen? Wir sind einfach nur verzweifelt, wir wissen nicht wie wir uns dieses dritte Kind leisten sollen zumal ich auch noch gerade einen zeitlich begrenzten Arbeitsvertrag unterschrieben hatte und wir in die Bundesrepublik umziehen wollten. Alles zusammen wird uns einfach zuviel zumal wir ja noch zwei kleine Kinder haben. Danke Ihnen für Ihre erneute Antwort.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 9. Dezember 2018 | 18:33

Sehr geehrter Fragesteller,

ja, es ist möglich Bayer nach dem Produkthaftungsgesetz in der BRD zu verklagen.

Man würde voraussichtlich beim Landgericht Köln (Gerichtsbezirk für die Firma Bayer) Klage erheben.

Mit freundlichen Grüßen

Grübnau-Rieken
Rechtsanwalt

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