Schönheitsreperaturen Ende Mietverhältnis Einheitsmietvertrag 2873 Stand 11/09

| 31. Januar 2015 00:37 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Sehr geehrte Anwältin, Sehr geehrter Anwalt,

Zum 01.10.2011 bin ich in eine Mietwohnung eingezogen, das Mietverhältnis wurde vom Vermieter Schriftlich zum 15.12.2015 gekündigt, wahrscheinlich werde ich aber schon ein bisschen früher ausziehen (und natürlich dann auch fristgerecht vorher kündigen).Das heißt, zum Ende des Mietvertrages habe ich ca. 4 Jahre in der Wohnung gelebt.

Ich habe nun 2 Fragen.

1. Frage: Muss ich renovieren bzw. streichen? Die Wände sind meines erachtens nach unverändert (Vor mir haben nur kurz meine Vermieter hier gewohnt, als deren Haus Renoviert wurde - alles also soweit neu). Ich habe weder gestrichen, noch geraucht, noch irgendwelche Löcher gebohrt. Folgende Klausel steht bzgl. der Schönheitsreperaturen in dem Vertrag:

§8 Schönheitsreperaturen/Bagatell-Schäden:
(...)
3. Der Vermieter kann die nach Fristenplan fälligen Schönheitsreperaturen während der Vertragslaufzeit fordern, spätestens jedoch bei Ende des Mietverhältnisses alle nach dem Grad der Abnutzung gemäß nachstehendem Fristenplanerforderlichen Schönheitsreperaturen verlangen. Die Fristen laufen ab Beginn des Mietverhältnisses, bzw. ab den zuletzt während der Mietzeit durchgeführten Schönheitsreperaturen. Als angemessene Zeitabstände der Schönheitsreperaturen gelten im Allgemeinen: Wand- Deckenanstriche in Küchen, Bädern und Duschen alle fünf Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Dielen und Toiletten alle sieben Jahre, in anderen Räumen alle 10 Jahre. Reinigen von Parkett- und Teppichböden alle fünf Jahre, Lackieren von Heizkörpern und Rohren, Innentüren, Fenster und Außentüren von innen sowie streichbaren Holztüren bei Einbaumöbeln alle zehn Jahre.

4. Sind bei Ende des Mietverhältnisses, seit dem Einzug des Mieters oder der zuletzt durchgeführten Renovierung gerechnet, Schönheitsreperaturen nach dem vorstehendem Fristenplan noch nicht fällig, kann der Vermieter verlangen, dass der Mieter nur einen Kostenanteil von den Kosten zu tragen hat, die eine im Falle des vollen Fristenablaufs bei Ende des Mietverhältnisses durchzuführende fachgerechte Schönheitsreperatur verursacht hätte. Der zu zahlende Kostenanteil errechnet sich im allgemeinen nach dem Verhältnis zwischen der im Fristenplan vorgesehenen vollen Frist und dem Zeitraum, der seit Beginn des Mietverhältnisses bzw. seit der letzten vom Mieter ausgeführten Schönheitsreperaturen bis zur Räumung abgelaufen ist. Im Allgemeinen gelten folgende Kostenprozentsätze: Liegen die letzten Schönheitsreperaturen während der Mietzeit länger als 1 Jahr zurück, zahlt der Mieter 10% der Renovierungsakosten, länger als 2 Jahre 20%, länger als 3 Jahre 40%, länger als 4 Jahre 60%, länger als 5 Jahre 80%. Die Kosten der Renovierung werden im Zweifel nach einem Kostenvoranschlag eines vom Vermieter benannten Malerfachgeschäfts ermittelt. Die Selbstdurchführung der erforderlichen Schönheitsreperaturen bleibt dem Mieter unbenommen.

Noch zu erwähnen wäre hier vielleicht, dass es sich hier um eine 2-Zimmer-Wohnung handelt. Ein kleines Schlafzimmer und ein großer Raum in dem Wohnzimmer,Büro, Küche und Flur sind. Ich weiß nicht welche Fristen hier gelten, da der Raum ja auch Küche und Wohnzimmer in einem ist.

2. Frage: Ich habe einen Brief vom Vermieter erhalten in dem das Kündigungsdatum steht, sowie folgender Satz:
"Wir erinnern daran, dass Sie in eine frisch renovierte Wohnung eingezogen sind und folglich diese vier Jahre später in einem renovierten Zustand wieder verlassen.
Wir bitten Sie Ihr Einverständnis zum Inhalt dieses Schreibens uns schriftlich zu bestätigen."
Sollte bei Frage 1 sich herausstellen, dass ich alles Streichen muss (wovon ich aktuell nicht ausgehe, besonders da ja noch keine der Fristen abgelaufen ist) - so erledigt sich meine Frage, da ich das Schreiben dann einfach bestätigen werde. Andernfalls hätte ich gerne einen Tipp, wie ich auf das Schreiben antworten kann bezüglich des Kündigungstermines ohne dass ich mich irgendwie rechtlich verpflichte doch zu renovieren.

Vielen Dank für Ihre Hilfe.
Sehr geehrte Fragestellerin,

ohne die Einsicht in den gesamten Mietvertrag kann eine Beurteilung der Rechtslage leider nicht abschließend erfolgen. Meine folgenden Ausführungen beziehen sich anhand Ihrer Angaben allein auf die Ihrerseits zitierte Schönheitsreparatur-Klausel des „§8 Schönheitsreperaturen/Bagatell-Schäden" des Mietvertrages, wobei ich davon ausgehe, dass es sich dabei um eine „Allgemeine Geschäftsbedingung" im Sinne der §§ 305 ff. BGB handelt.

Grundsätzlich obliegen Schönheitsreparaturen als Instandhaltungsarbeiten an der Mietsache dem Vermieter, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Diese Instandhaltungspflicht kann allerdings auf den Mieter abgewälzt werden, was Ihr Vermieter vorliegend vertraglich getan hat. Fraglich ist nun, ob diese Abwälzung auch wirksam ist.

Die Renovierungsintervalle müssen nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bedarfsorientiert sein und dürfen keine sog. "starren Jahresfristen" darstellen (vgl. Palandt, BGB, § 535, Rn. 43; BGH NJW 98, 3114; 04, 2586; <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=NJW%2006,%203778" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 18.10.2006 - VIII ZR 52/06: Unwirksamkeit von Abgeltungsklauseln mit "starren" Fristen">06, 3778</a>). Die Formulierung „im Allgemeinen" ist ein Indiz für „weiche, flexible Jahresfristen" und zudem ist die Klausel wegen der Formulierung „nach dem Grad der Abnutzung" bedarfsorientiert (vgl. BGH NJW 04, 425; 05, 1426). Damit ist die Abwälzung auf Sie als Mieterin und damit auch die Renovierungsklausel an sich grundsätzlich wirksam und Sie sind bei Auszug zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet, allerdings nur dann, wenn diese auch tatsächlich fällig sind. Fälligkeit ist gegeben, soweit ein objektiver Renovierungsbedarf besteht (vgl. Palandt, BGB, § 535, Rn. 47; BGH NJW 05, 1863). Ob in Ihrem konkreten Fall eine Fälligkeit gegeben ist, kann ich hier mangels Kenntnis der Räumlichkeiten nicht beurteilen, tendiere allerdings anhand Ihrer Angaben („alles also soweit neu") äußerst vorsichtig dazu, dies zu verneinen und damit einen Renovierungsbedarf abzulehnen.

Was die Abgeltungsklausel des § 8 Nr. 4 des Mietvertrages anbelangt, so ist diese nach Auffassung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 18.10.2006 (Az. <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=VIII%20ZR%2052/06" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 18.10.2006 - VIII ZR 52/06: Unwirksamkeit von Abgeltungsklauseln mit "starren" Fristen">VIII ZR 52/06</a>) dann unzulässig, wenn sie den Mieter zur Zahlung einer Quote unabhängig vom Grad der Abnutzung der Wohnung, d.h. also nicht bedarfsorientiert, verpflichtet. Die Abgeltungsklausel gem. § 8 Nr. 4 des Mietvertrages ist somit nach Auffassung des BGH unwirksam.

Auch wenn es nicht weiter relevant sein dürfte, möchte ich noch kurz im Falle eines vorhandenen Renovierungsbedarfs Folgendes anmerken. Welche Arbeiten im Einzelnen auszuführen wären, hängt vom Einzelfall ab. Schönheitsreparaturen sind Maßnahmen zur Beseitigung von Mängeln, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache entstanden sind (vgl. Palandt, BGB, § 535, Rn. 41; BGH NJW-RR 95, 123). Dazu kann grundsätzlich beispielsweise das Streichen oder Tapezieren von Wänden, Decken, Heizkörpern, Innentüren, sowie Fenstern und Außentüren von innen, unter Umständen auch das Erneuern von Teppichböden oder Abschleifen und Versiegeln von Parkett etc. gehören (vgl. Palandt, BGB, § 535, Rn. 41).

Was Ihre zweite Frage anbelangt, so sehe ich keine Notwendigkeit, überhaupt auf das Schreiben Ihres Vermieters entsprechend zu reagieren. Ich vermute, dass Ihr Vermieter keinen Renovierungsbedarf sieht und sich auf diese Weise eine Renovierung „erschleichen" möchte. Allenfalls können Sie dem Abzug der anteiligen Renovierungskosten aus § 8 Nr. 4 des Mietvertrages aufgrund Unwirksamkeit bereits im Vorfeld widersprechen. Andererseits könnte es auch sinnvoll sein, keine „schlafenden Hunde zu wecken".

Abschließend möchte ich Ihnen für den Fall, dass bei Mietende Probleme mit Ihrem Vermieter entstehen, zur Beauftragung eines ortsansässigen Rechtsanwalts raten, der insbesondere Einsicht in den gesamten Mietvertrag nehmen und sich einen umfassenden Einblick über die Sach- und Rechtslage verschaffen kann.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet und Ihnen weitergeholfen zu haben. Mit einem Dank für das mir entgegengebrachte Vertrauen verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Oliver Daniel Özkara
Rechtsanwalt
Rückfrage vom Fragesteller 2. Februar 2015 | 10:21

Sehr geehrter Herr Özkara,
Vielen Dank für diese umfassende Beantwortung meiner Frage. Nun bin ich schon um einiges sicherer.
Ich hätte noch eine Nachfrage zu meiner Frage Nr. 2. Da meine Vermieter meine Nachbarn sind und ich diesen leider nich ausweichen kann, ich andererseits aber wie Sie schon sagten "keine schlafenden Hunde wecken" möchte, würde ich gerne wissen ob ich mit einer Antwort mit diesem Satz gut da stehen würde:
"Hiermit nehme ich Ihr Schreiben vom {Datum} zur Kenntnis und bestätige das Ende des Mietverhältnisses zum {Datum X}" - ich würde also gar nicht auf den Punkt mit dem Renovieren eingehen. Wäre das eine Möglichkeit zu Antworten, ohne einer Renovierung zuzustimmen?
Mit freundlichen Grüßen.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 2. Februar 2015 | 10:31

Sehr geehrter Fragesteller,

mit dieser Antwort erkennen Sie nach meiner eigenen, ganz persönlichen Auffassung keine Renovierungsverpflichtung o.Ä. an. Allerdings halte ich es für denkbar, dass einige Gerichte unter Umständen durch Auslegung dahin gelangen, dass Sie im Wege der "Bezugnahme auf das vorausgegangene Vermieterschreiben" eine Renovierungsverpflichtung anerkennen und bestätigen, eben weil der Vermieter um eine entsprechende Bestätigung gebeten hatte. Daher wäre ich mit solchen Schreiben an Ihrer Stelle sehr vorsichtig und würde entweder gar nicht reagieren oder ausdrücklich schreiben, dass Sie sich nicht in der Renovierungspflicht sehen (sofern überhaupt eine Renovierungsfälligkeit noch nicht gegeben ist, siehe dazu meine obigen Ausführungen).

Ich wünsche Ihnen einen guten, gewünschten Ausgang in dieser Angelegenheit! Im Falle eines Vertretungsbedarfs stehe ich Ihnen gerne im Rahmen eines ordentlichen Mandatsverhältnisses zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Daniel Özkara
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 2. Februar 2015 | 10:49

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"Herr Özkara hat sehr schnell geantwortet und meine Fragen, sowie die Nachfrage sehr verständlich beantwortet. Vielen Dank dafür."