12. August 2017
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14:38
Antwort
vonNotar und Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Bertha-von-Suttner-Straße 9
37085 Göttingen
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ein Arbeitnehmer ist nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses wie ein Beauftragter verpflichtet, dem Arbeitgeber alles, was er zur Ausführung der ihm übertragenen Arbeit erhalten und was er aus dem Arbeitsverhältnis erlangt hat, herauszugeben; zur Ausführung der übertragenen Arbeit erhalten hat der Arbeitnehmer alles, was ihm zum Zwecke der Durchführung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden ist (siehe nur Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.03.2014 - 6 Sa 514/13 -, juris). Danach sind Sie grundsätzlich verpflichtet, den Schlüssel zurückzugeben.
Andererseits müssen Sie das Hausverbot beachten. Seine Missachtung ist strafbar. Sie dürfen das Betriebsgelände daher nicht betreten.
Der Arbeitgeber wiederum darf es nicht verhindern, dass Sie Ihre Sachen aus dem Spind wieder in Ihren Besitz nehmen. Dazu wäre es aber nicht zwingend erforderlich, das Betriebsgelände zu betreten; der Arbeitgeber kann Ihnen Ihre Sachen auch an der Pforte übergeben. Dazu ist er auch verpflichtet, will er sich selber nicht dem Verdacht einer Unterschlagung aussetzen.
Die rechtliche Lösung dieses scheinbaren Dilemmas setzt bei § 273 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an. Dessen Absatz 1 lautet: "Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht)." Das wird in der Praxis so aufgelöst, dass Sie dem Arbeitgeber vor Ort (etwa am Empfang oder beim Pförtner) die Schlüssel übergeben, wenn der Arbeitgeber Ihnen gleichzeitig Ihre Sachen herausgibt (ggf. müsste ein Vertreter des Arbeitgebers erst mit dem Spindschlüssel den Spind öffnen und Ihre Sachen holen). Das nennt der Jurist Leistung Zug-um-Zug und ist in § 298 BGB geregelt.
Sie sollten versuchen, einen solchen Übergabetermin telefonisch zu vereinbaren. Sie können dabei ruhig darauf hinweisen, dass es auch eine Unterschlagung wäre, wenn Ihnen der Arbeitgeber die Sachen im Spind nicht wiedergibt.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht