Scheinselbständigkeit nach neuer Regelung (§ 7 Abs. 1 SGB IV)

| 7. Mai 2013 15:02 |
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Sozialversicherungsrecht


Beantwortet von


18:23
Ich habe eine 1-Mann-GmbH & Co. KG - also Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft und alleiniger Kommanditist bin ich.

Mein Schwager hat ebenfalls eine 1-Mann-GmbH & Co. KG.

Die Frage ist, ob vor dem folgenden Hintergrund die GmbH & Co. KG meines Schwagers (im Folgenden "Schwager-Firma") nach der neuen Fassung des SGB IV sozialversicherungspflichtig bzw. scheinselbständig ist (nach deer alten Fassung mit den 5 Kriterien war sie das wohl nicht):

1.) Die Schwager-Firma stellt ihre Rechnungen ausschließlich an meine GmbH & Co. KG (im Folgenden "meine Firma"). Sie hat also keine anderen Kunden - nur meine Firma. Zwischen der Schwager-Firma und meiner Firma besteht ein Vertrag, wonach die Schwager-Firma eine umsatzabhängige Provision von meiner Firma erhält. Hierauf wird eine monatliche Abschlagszahlung geleistet. Die Tätigkeit besteht weitestgehend in Kundenbetreuungs- und Organisationstätigkeiten, die die Schwager-Firma für meine Firma (und im Namen meiner Firma) ausführt. Die Schwager-Firma tritt also nicht werbend am Markt auf, hat auch keine eigene Webseite etc.

2.) Die Schwager-Firma hat ein Büro angemietet. Einen Raum davon stellt sie meiner Firma zur Verfügung.

3.) Die Schwager-Firma beschäftigt eine abhängig beschäftigte Arbeitnehmerin.

4.) Zusätzlich zur Provision erhält die Schwager-Firma von meiner Firma die Kosten für Büro, Telefon und Arbeitnehmerin mit einem Handlingaufschlag von 5 Prozent erstattet.

5.) Die Schwager-Firma hat eigene Visitenkarten und eigenes Geschäftspapier, tritt aber nach außen wie gesagt nicht am Markt auf. Das Geschäftspapier wird nur gegenüber meiner Firma verwendet (für die Rechnungstellung).

6.) Der Firmenname der Schwager-Firma unterscheidet sich nur durch einen Zusatz von meiner Firma. Am Büroeingang gibt es ein Firmenschild, das den identischen (prägenden) Fimennamensbestandteil beider Firmen enthält. Das Firmenschild "gilt" somit für beide Firmen.

7.) Die Schwager-Firma übernimmt u.a. die Kundenbetreuung für meine Firma – das heisst, dass nach außen in Emails, Briefen etc. der Schwager und die Angestellte so auftreten, als wären sie bei meiner Firma beschäftigt. Diese Tätigkeit erfolgt weitestgehend selbständig, ohne dass ich bzw. meine Firma sich im Detail darum kümmern muss. Insoweit besteht keine Weisungsbefugnis.

8.) Über die Arbeitszeiten haben wir zwar keine Vereinbarung getroffen. Stillschweigend besteht aber Übereinkunft, dass zu den „normalen Bürozeiten" mindestens entweder der Schwager oder dessen Angestellte anwesend ist, meistens aber beide.

9.) Mein Schwager hat noch nie als Angestellter für meine Firma gearbeitet. Meine Firma hat keine Angestellten.

WICHTIG: Bitte die Frage nach der Scheinselbständigkeit NUR DANN beantworten, wenn die Antwort EINDEUTIG ist. Mit einem Hinweis wie „… müssen Sie damit rechnen, dass dies als scheinselbständig gewertet werden könnte…" ist mir nicht geholfen.

Danke!!

7. Mai 2013 | 16:15

Antwort

von


(132)
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07749 Jena
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Sie benennen neun Punkte. Davon sprechen allein acht Punkte für eine Scheinselbständigkeit. Im Einzelnen.

Sie sind der einzige Auftraggeber der Schwager-GmbH. Weitere Kunden hat die Firma nicht. Soweit nur für einen einzigen Auftraggeber gehandelt wird, ist dies ein starkes Indiz für eine Scheinselbständigkeit.

Die Schwager-Firma hat zwar ein Büro angemietet, die Kosten hierfür werden lt. Punkt 4 aber von Ihnen gezahlt. Es besteht daher ein Eingebundensein im Betrieb. Offensichtlich wurde der Mietvertrag nur deswegen von der Schwager-Firma abgeschlossen, um die Scheinselbständigkeit zu „verschleiern", da Sie sämtliche Kosten für Büro, Telefon etc. tragen.

Auch die fehlende eigene Werbung, eigener Marktauftritt und eigene Werbung seitens der Schwager-Firma fehlen. Hinzukommt, dass Sie die Kosten für die Arbeitnehmerin tragen, sodass auch hier offensichtlich eine Verschleierung der Scheinselbständigkeit erreicht werden sollte.

Auch wenn vertraglich hinsichtlich der Arbeitszeiten keine Vereinbarung getroffen wurde, stillschweigend aber eine Übereinkunft dahingehend getroffen wurde, dass die Schwager-Firma zu den Bürozeiten anwesend ist, spricht dieses für eine Weisungsgebundenheit. Dass deren Tätigkeit dann selbständig erfolgt, spricht nicht dagegen, da dies auch von einem Arbeitnehmer erwartet wird.

Lediglich der Punkt, dass die Schwager-Firma zuvor nicht bei Ihnen angestellt war, spricht „gegen" eine Scheinselbständigkeit, was jedoch irrelevant ist.

Aufgrund Ihrer Schilderungen ergeben sich folgende Punkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen:
- Arbeitszeiten
- Eingliederung in Ihre Arbeitsorganisation
- Zahlung sämtlicher Kosten (Betriebsmittel, Arbeitnehmerin, Büro)
- nur ein Auftraggeber
- kein Unternehmensrisiko für die Schwager-Firma
- keine Unternehmerinitiative der Schager-Firma

Aus dem Gesamtbild ergibt sich somit das Vorliegen einer Scheinselbständigkeit. Die Schwager-Firma ist in Ihren Betrieb eingegliedert und verrichtet ihre Arbeit ausschließlich für Ihre Belange und nach Ihren Weisungen (Arbeitszeit). Hieran ändert sich nichts, wenn dies die Vertragsparteien nicht wollen oder versuchen, das Arbeitsverhältnis mit bestimmten Vertragsformulierungen zu verschleiern (Übernahme der Kosten für Büro und Angestellte).

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Daniela Weise, Rechtsanwältin


Rechtsanwältin Daniela Weise-Ettingshausen

Rückfrage vom Fragesteller 7. Mai 2013 | 18:08

Hallo,

herzlichen Dank für Ihre schnelle, sehr präzise und damit auch sehr nützliche Antwort!

Wir müssen also zur Vermeidung der Scheinselbständigkeit unser Konstrukt umstellen.

Hierzu bietet sich an, dass die Schwager-Firma einen Teil des bislang von meiner Firma erbrachten Leistungsspektrums ab sofort im eigenen Namen gegenüber den Kunden erbringt.

Die Schwager-Firma würde hierzu eine eigene Webseite programmieren und den Kunden die Leistung direkt in Rechnung stellen.

Hierzu die einmalige Nachfrage: Wenn der Umsatz, den die Schwager-Firma auf diese Weise direkt mit den Endkunden erzielt, größer ist als ein Sechstel ihres Gesamtumsatzes, dann müsste das Thema Scheinselbständigkeit doch vom Tisch sein - oder?

Danke nochmals!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 7. Mai 2013 | 18:23

Es würde in der Tat sinnvoll sein, das Unternehmen umzustrukturieren. Bei dem von Ihnen vorgeschlagenen Weg könnten Sie bereits durch die Leistungserbringung der Schwager-Firma gegenüber dem Endkunden das "Hauptindiz" des einzigen Auftraggebers zu Fall bringen.

Bei einem Umsatz von 1/6 des Gesamtumsatzes wird keine Abhängigkeit mehr vermutet und eine Scheinselbständigkeit nicht mehr angenommen.

Bewertung des Fragestellers 10. Mai 2013 | 09:26

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 10. Mai 2013
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