Scheidung, Forderung nach § 430

18. Oktober 2010 10:07 |
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Familienrecht


Hallo,
Scheidungsfall. Heirat 2004, Frau aus Russland, heute 2 Kinder im Alter von 4 und 5;
Frau möchte Eigentumswohnung; wir treten 2007 einer Baugemeinschaft bei und ziehen 2008 in die neue Wohnung; ich habe 100.000 EUR, die ich vor der Ehe schon hatte, in die Wohnung investiert; meine Frau gar nix, obwohl sie eine Eigentumswohnung in Russland hat (Wert 50.000 EUR, auch schon vor der Ehe); Kosten der Wohnung 250.000 EUR; Eigenheimzulage wurde gewährt; mit Finanzierung der Wohnung hat Frau überhaupt nix zu tun außer dass sie die Kredite und beim Notar mit unterschreibt;

im Juni 2010 geht Frau wegen Scheidung zum Anwalt und ich bekomme Briefe vom Anwalt, dass ich aus der Wohnung ausziehen und Unterhalt für sie und die Kinder zahlen müsse; mache ich jetzt auch: mein Einkommen: 2400 EUR, Unterhaltszahlung zur Zeit 1200 EUR; ich ziehe zum 1.11 in eine 1-Zimmer-Wohnung;
Frau ist auch seit 2008 teilzeit berufstätig (Einkommen 600 EUR), obwohl sie auch Vollzeit hätte arbeiten können, weil die Kinder bis 17 Uhr im Kindergarten sind; getrennte Konten;

jetzt fordert der Anwalt meiner Frau auch noch 7500 EUR nach § 430 (die Hälfte der Eigenheimzulage von 2008,2009,2010 sowie die Hälfte einer Rückerstattung der Baugemeinschaft –wurde beides auf mein Konto überwiesen- sowie 600 EUR Rechtsanwaltsvergütung), mit der Drohung, dass es wegen der gerichtlichen Kosten sonst sehr teuer werden würde

meine Frau hat sich wie gesagt an den Kosten für die Wohnung nie beteiligt;
außerdem haben wir von der EHZ dieses Jahr einvernehmlich einen Urlaub gemacht (Kosten 2000 EUR) sowie habe ich (ohne sie speziell zu fragen) Sondertilgungen i.H.v. 1900 EUR jährlich geleistet;

Ist die Forderung rechtens bzw. sollte/muss ich ihr nachgeben ?
Sehr geehrter Fragesteller,

aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage zusammenfassend wie folgt:

Grundsätzlich sieht § 430 BGB eine Ausgleichspflicht der Gesamtgläubiger vor, so daß durchaus eine Forderung nach der hälftigen Eigenheimzulage sowie der Rückerstattung der Baugemeinschaft in Betracht kommt, da beide Summen auf Ihr Konto geflossen sind und somit Ihre Frau keine Leistung erhalten hat.
Es spricht jedoch einiges dafür, daß diese Forderungen dennoch keinen Bestand haben können. Zum einen handelt es sich bei den Eigenheimzulagen zumindest teilweise um Leistungen für die vergangenen Jahre. Hier könnten Sie meines Erachtens geltend machen, daß die Abzahlung der Kredite durch Sie erfolgte und Sie insofern eine Abmachung mit Ihrer Frau hatten, daß alles, was hierzu erforderlich ist, auch durch Sie veranlaßt wird. Die Eigenheimzulage könnte dann unter diese „innergemeinschaftliche Aufgabenverteilung" fallen, wenn Sie damit tatsächlich (und am besten auch nachweisbar) Sondertilgungen des gemeinsamen Kredites vorgenommen haben.
Darüber hinaus kommt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) unter Umständen eine Ausgleichspflicht nach § 430 BGB dann nicht in Betracht, wenn ein Ehegatte dem anderen die beiden gemeinschaftlich zustehende Wohnung zur alleinigen Nutzung überlassen hat. Auch aus dem in dieser Entscheidung ausgesprochenem Grundgedanken könnte sich für Sie ein Nutzen ziehen lassen.

Bei der Rückzahlung der Baugemeinschaft könnte ebenfalls argumentiert werden, daß dies in Ihren „innergemeinschaftlichen Aufgabenbereich" gefallen ist, da Sie für die Rückzahlung des Kredites verantwortlich waren und hierzu von Ihrer Frau quasi beauftragt waren.

Die vom Anwalt Ihrer Frau geforderten Anwaltsgebühren müssen Sie nur dann zahlen, wenn der Anspruch tatsächlich besteht und Sie sich im Verzug mit der Leistung befunden haben, wenn Sie also vor der anwaltlichen Geltendmachung bereits zur Zahlung aufgefordert worden sind.

Ich rate Ihnen auf Grund der Komplexität der hier in Frage stehenden gegenseitigen Ansprüche einen Anwalt Ihrer Wahl aufzusuchen und die gesamte Situation zu beleuchten. Hierbei sollten Sie auch die Unterhaltsverpflichtungen überprüfen lassen, insbesondere darauf hin, ob Ihrer Frau auch ein sogenannter Wohnwert für das alleinige Wohnen im gemeinsamen Haus angerechnet wurde.
Auch kann hier überprüft werden, ob Ihrer Frau Unterhalt zusteht oder ob diese auf eine Vollzeittätigkeit verwiesen werden kann.

Ich hoffe, dass meine Antworten für Sie hilfreich gewesen sind und darf zusätzlich auf die kostenfreie Nachfragefunktion verweisen.


Mit freundlichen Grüßen

Jochen Bauer
(Rechtsanwalt)


Rückfrage vom Fragesteller 18. Oktober 2010 | 13:31

Hallo Herr Bauer,
vielen Dank für die Antwort;
fallen denn die 50.000 EUR ihrer Wohnung in Russland nicht auch unter 430 § Ausgleichspflicht ?

nochmals vielen Dank

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 18. Oktober 2010 | 13:42

Sehr geehrter Fragesteller,

die Eigentumswohnung Ihrer Frau fällt, da sie sie bereits mit in die Ehe gebracht hat, mit ihrem Wert von 50.000 € in das sogenannte Anfangsvermögen. Das Anfangsvermögen wird (zusammen mit dem Endvermögen) benötigt, um den Zugewinn jedes Ehepartners auszurechnen.
§ 430 BGB bezieht sich auf die sogenannten Gesamtgläubiger, § 428 BGB:
„Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, daß jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung erhoben hat."
Es geht bei § 430 BGB also nur um Forderungen, die Ihnen und Ihrer Frau gemeinsam zustehen, die letztlich vom Schuldner aber an jeden von Ihnen ausgezahlt werden dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

Jochen Bauer
(Rechtsanwalt)

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