Ihre Frage beantworte ich wie folgt:
arbeitsrechtlich handelt es sich meines Erachtens nicht um die Rückzahlung von Fortbildungskosten. Ihre Arbeitgeberin (folgend: ArbG) ist finanziell im Fall Ihrer Kündigung nicht in derselben Lage wie ein Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer unter Fortzahlung des Gehalts eine Fortbildung finanziert hat, also doppelt zahlt. Dies trifft auf Ihre ArbG nicht zu, wenn Sie kündigen sollten und Ihre ArbG die Förderung zurückzahlen müsste. Dann müsste Ihre Arbeitgeberin lediglich indirekt Ihr Gehalt zahlen, da sie die Förderung verliert. Solange Sie nicht kündigen, hat Ihre ArbG faktisch eine Arbeitnehmerin ohne das Gehalt zahlen zu müssen. Damit finden die Maßstäbe für die Rückzahlung von Fortbildungskosten keine Anwendung.
Meiner Einschätzung nach geht es damit tatsächlich um die Rückzahlung von Gehalt, zumal Sie für die ArbG tatsächlich Arbeitsleistungen erbringen und sich sozusagen nebenbei fortbilden. Grundsätzlich ist die Rückzahlung von Gehalt bei erbrachten Arbeitsleistungen rechtlich nicht möglich. Zu bedenken ist allerdings, dass auch Ihre ArbG eine Leistung erbringt, indem sie Sie fortbildet. Auch wenn sie dies tatsächlich nicht tut, ändert dies an der rechtlichen Einordnung nichts, da es schwer zu beweisen, dass Ihre ArbG sich gar nicht oder nur in geringem Umfang um Sie gekümmert hat. Die Übernahme des Gehalts durch die KV ist daher auch eine finanzielle Vergütung für den Fortbildungsaufwand, den Ihre ArbG - zumindest theoretisch -hat.
Dieser Gesichtspunkt spielt eine Rolle bei der Beurteilung der hier in Rede stehenden Klausel. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung orientiert sich u.a. daran, ob eine arbeitsvertragliche Klausel eine Partei einseitig benachteiligt oder bevorzugt.Hier könnte man eine einseitige Bevorzugung Ihrer Arbeitgeberin annehmen, wenn Sie als Arbeitnehmerin das gesamte Gehalt zurückzahlen müssten, obwohl Sie während der Fortbildung Arbeitsleistungen für die Arbeitgeberin erbracht haben. Interessengerecht wäre demnach eventuell eine anteilige Rückzahlungsregelung, die der Höhe nach so bemessen ist, dass Sie noch eine angemessene Vergütung für die von Ihnen erbrachten Arbeitsleistungen erhalten.Dies ist aber in Ihrem Vertrag nicht enthalten.
Im Ergebnis könnte man es meines Erachtens gut vertreten, die Klausel für unwirksam zu halten, da sie den Arbeitnehmer einseitig benachteiligt und eine Rückzahlung von Entgelt trotz erbrachter Arbeitsleistungen darstellt. Das bedeutet, dass Sie im Fall Ihrer Kündigung während der Probezeit nichts zurückzahlen müssten.
Für eine genaue Einschätzung Ihres Sachverhalts wäre die Erstellung eines Gutachtens beim Rechtsanwalt vor Ort oder im Rahmen einer Direktanfrage erforderlich, da die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung im Hinblick auf entsprechende Urteile geprüft werden müsste. Dies ist im Rahmen dieser Erstberatung nicht möglich.
Falls Sie aber zu meinen Ausführungen Fragen haben, können Sie gerne die Nachfragefunktion kostenfrei nutzen. Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine verständliche Ersteinschätzung bieten.
Mit freundlichem Gruß
Schröder
Rechtsanwältin
Herzlichen Dank für Ihre Antwort, die sehr ausführlich und fundiert beantwortet wurde.
Ich habe heute gekündigt, demnach bin ich noch bis 16.9. in der Praxis tätig und erbringe dort Arbeitsleistung.
Meine Chefin hat mich daraufhin auf die Klausel im Vetrag hingewiesen, dass ich die Fördergelder an die KV zurückzahlen muss.
Was raten Sie mir? Soll ich unter Vorbehalt zahlen und die Sache an einen Rechtsanwalt übergeben? Verständlicherweise bin ich etwas unsicher weshalb ich in den nächsten 14 Tagen evtl. unentgeltlich arbeiten soll.
Nochmals vielen Dank für Ihre Mühe!!!
Sehr geehrte Ratsuchende,
aufgrund meiner rechtlichen Einschätzung würde ich Ihnen dringend dazu raten, nicht zu zahlen und sich durch einen Arbeitsrechtler vertreten zu lassen. Sie haben grundsätzlich auch einen Anspruch auf Zahlung Ihres Gehalts bis zum 16.09.. Selbst wenn die vertragliche Klausel wirksam sein sollte, wovon ich nicht ausgehe, darf der Arbeitgeber grundsätzlich nicht gegen Gehaltsansprüche aufrechnen, also das Gehalt einfach einbehalten.Das bedeutet, Sie sollten auch dann zum Anwalt, wenn Ihre Arbeitgeberin Ihnen das Gehalt für September nicht zahlt, weil Sie aufrechnen will.
Falls das Arbeitsklima zu unangenehm werden sollte, haben Sie die Möglichkeit, sich krankschreiben zu lassen. Sie haben dann allerdings leider keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes, da Sie noch nicht vier Wochen ohne Unterbrechung beschäftigt sind.
Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen, mit freundlichem Gruß
Schröder
Rechtsanwältin