Rechtsmittel gegen Pflegerbestellung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren?

| 13. Juni 2012 21:01 |
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Familienrecht


Sachverhalt:

Der rechtliche Vater ficht die Vaterschaft gerichtlich an. Die in Trennung lebende, jedoch noch verheiratete Mutter vertritt den minderjährigen, über 14 Jahre alten Sohn im Anfechtungsverfahren und tritt darin anwaltlich vertreten selbst und für diesen dem Antrag entgegen. Dies blieb zunächst unbeanstandet, weil das Gericht offenbar davon ausging, daß der Mutter für das Verfahren die alleinige Vertretungsbefugnis zuwuchs, wehalb es auch eine Verfahrensbeistandschaft angeordnet hatte. Im Hinblick mutmaßlich auf den Beschluß BGH XII ZB 510/10 vom 21.3.2012 (FamRZ Heft 2012, S. 859) hat das Gericht nun beim Rechtspfleger eine Pflegerbestellung nach §§ 1629 II 1, 1795 I Nr. 3, 1909 BGB angeregt. Die Mutter will sich jedoch die Vertretung des Sohnes nicht entziehen lassen, weil es hierzu an einem ausreichend bestimmten Gesetz und an der Verhältnismäßigkeit fehle.

Fragen:

1. Welche Rechtsmittel hätte die Mutter gegen eine die Verfahrenspflegschaft anordnende Entscheidung aus eigenem Recht (unverhältnismäßiger Eingriff in ihr Elternrecht)? Wo einzulegen? Frist?

2. Welches Rechtsmittel hätte der Sohn aus eigenem Recht (sich von der Mutter vertreten zu lassen)? Wo einzulegen? Frist?

3. Könnte der Sohn das Rechtsmittel aus eigenem Recht selbst einlegen oder bedürfte er zur wirksamen Einlegung eines Ergänzungspflegers? Könnte die Mutter das Rechtsmittel für den Sohn wirksam einlegen?
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Nach dem von Ihnen angeführten Urteil des BGH ist im Verfahren der Anfechtung der Vaterschaft der anfechtende (rechtliche) Vater von der gesetzlichen Vertretung des minderjährigen Kindes kraft Gesetzes ausgeschlossen.

Auch die Mutter des Kindes ist nach Auffassung des BGH in diesen Fällen von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen, wenn sie mit dem (rechtlichen) Vater verheiratet ist. Diese Voraussetzungen liegen nach Ihrer Schilderung vor. Der BGH begründet dies mit § 1705 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Danach kann die Mutter das Kind nicht vertreten bei einem Rechtsstreit zwischen ihrem Ehegatten und dem minderjährigen Kind andererseits.

Sind die Eltern an der Vertretunng eines minderjährigen Kindes verhindert, erhält das Kind einen Ergänzugnspfleger (§ 1909 Abs. 1 BGB)

Nun zu Ihren Fragen:

1.
Welche Rechtsmittel hätte die Mutter gegen eine die Verfahrenspflegschaft anordnende Entscheidung aus eigenem Recht (unverhältnismäßiger Eingriff in ihr Elternrecht)? Wo einzulegen? Frist?

Die Mutter hat das Rechtsmittel der Beschwerde (§§ 58 ff. FamFG). Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat einzulegen (§ 63 FamFG). Sie ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird (§ 64 Abs. 1
FamFG).

2.
Welches Rechtsmittel hätte der Sohn aus eigenem Recht (sich von der Mutter vertreten zu lassen)? Wo einzulegen? Frist?

Auch der Sohn hat ein Beschwerderecht. Die Beschwerde ist ebenfalls innerhalb eines Monats bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird.

3.
Könnte der Sohn das Rechtsmittel aus eigenem Recht selbst einlegen oder bedürfte er zur wirksamen Einlegung eines Ergänzungspflegers? Könnte die Mutter das Rechtsmittel für den Sohn wirksam einlegen?


Da der Sohn nach Ihren Angaben über 14 Jahre alt ist, kann er sein Beschwerderecht OHNE MITWIRKUNG seines gesetzlichen Vertreters ausüben (§ 60 FamFG). Er könnte also zum Gericht gehen und auf der Geschäftsstelle mündlich zur Niederschrift Beschwerde einlegen (§ 64 Abs. 2 FamFG).

Eines Ergänzungspflegers bedürfte es

Die Mutter könnte für den Sohn dagegen nicht wirksam Beschwerde einlegen.




Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Moosmann, Rechtsanwalt
Rückfrage vom Fragesteller 14. Juni 2012 | 09:03

Vielen Dank, bitte erlauben Sie folgende Nachfragen:

1. Entscheidet der Rechtspfleger und ist seine Entscheidung "endentscheidend", so daß hiergegen die Beschwerde gegeben ist, welche der Rechtspfleger dann dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorlegt?

2. Steht der Mutter die Beschwerde auch in dem vorliegenden Fall zu, in dem der Rechtspfleger auf Anregung des Gerichtes entscheidet? Oder fehlt es in diesem Falle an der zur qualifizierten materiellen Beschwer erforderlichen Unmittelbarkeit des Eingriffes?

Auch hierfür im Voraus besten Dank.



Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 14. Juni 2012 | 14:23

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:

1.
Entscheidet der Rechtspfleger und ist seine Entscheidung "endentscheidend", so daß hiergegen die Beschwerde gegeben ist, welche der Rechtspfleger dann dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorlegt?

Ja.
Die fuktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers ergibt sich aus § 3 Nr. 2 a RPflG i.V.m. § 151 Nr. 5 FamFG.
Nach § 3 Nr. 2 RPflG ist der Rechtspfleger zuständig für Kindschaftssachen nach § 151 FamFG. Pflegschaftssachen sind nach § 151 Nr. 5 FamFG Kindschaftssachen.

Nach Einlegung einer Beschwerde sind die Akten dem Beschwerdegericht vorzulegen (§ 68 Abs. 1 FamFG).

2.
Steht der Mutter die Beschwerde auch in dem vorliegenden Fall zu, in dem der Rechtspfleger auf Anregung des Gerichtes entscheidet? Oder fehlt es in diesem Falle an der zur qualifizierten materiellen Beschwer erforderlichen Unmittelbarkeit des Eingriffes?

Die Beschwerde steht nach § 59 Abs. 1 FamFG demjenigen zu, der durch den Beshluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

Dies ist die erforderliche materielle Beschwer. Sie liegt durch die Bestellung eines Ergänzungspflegers bei der Mutter auch dann vor, wenn der Familienrichter die Bestellung eines Ergänzungspflegers angeregt hat.

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Moosmann

Bewertung des Fragestellers 14. Juni 2012 | 15:09

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