Räumungsaufforderung städtischer Wohnung

30. Mai 2025 13:14 |
Preis: 100,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


18:13
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich befinde mich mit meinen beiden minderjährigen Kindern (17 und 15 Jahre) in einer akuten mietrechtlichen Notlage. Wir leben derzeit in einer städtischen Wohnung in Gernsheim, die ursprünglich im Rahmen der Unterbringung durch den Kreis Groß-Gerau zur Verfügung gestellt wurde. Obwohl es sich um eine sogenannte "Sammelunterkunft" handelt, wohnen wir dort alleine.

Ich lebe seit 2015 als Flüchtling mit Aufenthaltsgestattung in Deutschland. Meine Tochter kam ein Jahr später nach, mein Sohn erst im letzten Jahr. Der reguläre Mietvertrag für die Wohnung endete zum 01.03.2025. Bereits sechs Monate zuvor wurden wir darüber informiert. Aufgrund einer ordnungsrechtlichen Einweisung durch die Stadt Gernsheim durften wir die Wohnung bis zum 31.05.2025 weiterhin bewohnen.

Laut Auskunft der Caritas war davon auszugehen, dass diese Einweisung verlängert wird. Stattdessen erhielt ich am 20.05.2025 eine schriftliche Aufforderung zur Räumung der Wohnung und zur Schlüsselübergabe am 02.06.2025 um 11 Uhr, ohne Alternativen anzubieten. Als alleinige Begründung wurde angegeben:

„Die Einweisungsverfügung vom Ordnungsamt Gernsheim endet am 31.05.2025. Damit endet auch die Erlaubnis zur Nutzung der Wohnung. Sie sind somit aufgefordert, bis dato die Wohnung zu räumen."

Die Miete wird derzeit vom Jobcenter übernommen und würde auch weiterhin übernommen werden. Seit Januar 2025 bin ich intensiv auf Wohnungssuche. Ich habe über 30 Bewerbungen, u.a. über Immoscout24, verschickt, einen kostenpflichtigen MieterPlus-Account eingerichtet und vollständige Bewerbungsunterlagen (inkl. Einkommensnachweisen und SCHUFA-Auskunft) eingereicht.

Hinzu kommt, dass seit über sechs Monaten ein massiver Schabenbefall in der Wohnung besteht, den ich mehrfach mit Fotodokumentation gemeldet habe. Die Bekämpfung erfolgt bislang größtenteils auf eigene Kosten.

Ich suche dringend rechtlichen Beistand, um gegen die kurzfristige Räumungsaufforderung vorzugehen und eine drohende Obdachlosigkeit meiner Familie abzuwenden.

Mit freundlichen Grüßen
Hafizulah S.
30. Mai 2025 | 14:12

Antwort

von


(1131)
Wiesenstraße 28
90443 Nürnberg
Tel: 015785075264
Web: https://www.kanzlei-ahmadi.de
E-Mail: info@kanzlei-ahmadi.de
Sehr geehrter Fragesteller,



Ihre Situation ist in der Tat sehr ernst und erfordert schnelles Handeln, um eine drohende Obdachlosigkeit zu vermeiden. Basierend auf den Informationen, die Sie bereitgestellt haben, möchte ich Ihnen einige rechtliche Schritte und Überlegungen vorschlagen:



1. Einstweilige Verfügung: Sie sollten umgehend eine einstweilige Verfügung beim zuständigen Amtsgericht beantragen, um die Räumung zu verhindern. Eine solche Verfügung könnte erwirkt werden, wenn Sie nachweisen können, dass die Räumung für Sie und Ihre Kinder eine unzumutbare Härte darstellen würde. In Ihrem Fall könnte die drohende Obdachlosigkeit und die Tatsache, dass Sie intensiv auf Wohnungssuche sind, als Argumente dienen.



2. Härtefallregelung: Prüfen Sie, ob in Ihrem Fall eine Härtefallregelung greifen könnte. Ein Härtefall liegt vor, wenn die Räumung eine erhebliche Gesundheitsgefährdung oder eine unzumutbare soziale Härte zur Folge hätte. Ihre Situation als Flüchtling mit minderjährigen Kindern könnte hier relevant sein.



3. Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe: Da Sie Leistungen vom Jobcenter beziehen, könnten Sie berechtigt sein, Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe zu beantragen. Diese Hilfen würden die Kosten für eine anwaltliche Vertretung und ein mögliches Gerichtsverfahren abdecken.



4. Kontakt mit Sozialdiensten: Setzen Sie sich mit der Caritas oder anderen sozialen Einrichtungen in Verbindung, um Unterstützung bei der Wohnungssuche und bei der rechtlichen Auseinandersetzung zu erhalten. Diese Organisationen können oft auch bei der Vermittlung von Wohnraum helfen.



5. Dokumentation des Schabenbefalls: Der Schabenbefall in Ihrer Wohnung könnte ebenfalls ein Argument gegen die Räumung sein, insbesondere wenn er Ihre Gesundheit und die Ihrer Kinder gefährdet. Stellen Sie sicher, dass Sie alle Beweise für den Befall und Ihre Bemühungen zur Bekämpfung dokumentiert haben.



Es ist wichtig, dass Sie schnell handeln und alle verfügbaren rechtlichen Mittel ausschöpfen, um Ihre Situation zu verbessern.



Mit freundlichen Grüßen

Dr. Milad Ahmadi
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 30. Mai 2025 | 18:07

Vielen Danke für ihre Antwort! ich war bereits heute beim Amtsgericht, dort wurde ich leider nur zum Kreis verwiesen, die sich dafür auch nicht als zuständig sahen. Nachdem das Amtsgericht geschlossen war, kam per Post die Räumungsverfügung von der Stadt. Ich bin im Kontakt mit der Caritas und dort wurde versucht auf die Stadt einzuwirken, die Räumungsanweisung zurückzuziehen/aufzuschieben. Am Mittwoch wurde mir dann mündlich mitgeteilt, dass das nicht geklappt hat. Ich habe seitdem keinen Anwalt erreicht. (Feiertag, Brückentag und jetzt kommt das Wochenende.) Ihre Antwort bezieht sich auf Maßnahmen, die ich erst ab Montag ergreifen kann, wenn ich die Wohnung räumen soll. (Ich weiß nicht, ob ich eine Einstweilige Verfügung ohne Anwalt stellen kann und wieviel Zeit mir dafür noch bleibt) Ich stehe unter extremen Stress, weil ich nicht weiß, was ich am Montag machen soll. Ob dann die Polizei kommt und mich und meine Familie aus der Wohnung wirft mit unseren Sachen. Ich will nicht aus der Wohnung, weil ich meine Rechte verletzt sehe und will natürlich mit Unterstützung eines Anwaltes dagegen vorgehen, wie sie es gesagt haben. Mit der Aussage "Ich suche dringend rechtlichen Beistand, um gegen die kurzfristige Räumungsaufforderung vorzugehen und eine drohende Obdachlosigkeit meiner Familie abzuwenden." wollte ich auch wissen, ob ich am Montag, die Sicherheit habe, in der Wohnung zu bleiben, ohne etwas befürchten zu müssen. In der Räumungsverfügung von heute 14:00 Uhr steht übrigens "Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach dessen Bekanntgabe Widerspruch eingelegt werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zu Niederschrift bei dem Magistrat der Stadt ... einzureichen" Heißt das ich hab mehr Zeit, oder heißt das ich muss trotzdem aus der Wohnung kann aber trotzdem gerichtlich dagegen vorgehen?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 30. Mai 2025 | 18:13


In Ihrer Situation ist es wichtig, schnell und gezielt zu handeln, um eine drohende Obdachlosigkeit zu vermeiden. Die Tatsache, dass in der Räumungsverfügung steht, dass Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen können, bedeutet nicht automatisch, dass die Räumung bis zur Entscheidung über den Widerspruch ausgesetzt wird. In der Regel hat ein Widerspruch gegen eine Räumungsverfügung keine aufschiebende Wirkung, wenn die sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Das bedeutet, dass die Räumung trotz eines eingelegten Widerspruchs vollzogen werden kann.



Um die Räumung zu verhindern, sollten Sie folgende Schritte in Betracht ziehen:



1. Einstweilige Anordnung beantragen: Sie können versuchen, beim zuständigen Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zu beantragen, um die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Dies kann auch ohne Anwalt erfolgen, ist jedoch rechtlich komplex. Sie müssen darlegen, dass die Räumung für Sie und Ihre Kinder eine unzumutbare Härte darstellt und dass Sie ernsthafte Bemühungen unternommen haben, eine neue Wohnung zu finden.



2. Widerspruch einlegen: Legen Sie fristgerecht Widerspruch gegen die Räumungsverfügung ein. Dies sollte schriftlich oder zu Protokoll bei der Stadt geschehen. Der Widerspruch selbst verhindert die Räumung nicht, ist aber ein notwendiger Schritt, um Ihre rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen.



3. Kontakt mit sozialen Diensten: Bleiben Sie in engem Kontakt mit der Caritas oder anderen sozialen Einrichtungen, die Ihnen möglicherweise kurzfristig eine Unterkunft oder weitere Unterstützung anbieten können.



4. Dokumentation: Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen, die Ihre Bemühungen um eine neue Wohnung und die besonderen Umstände Ihrer Situation belegen. Dies kann bei einem späteren Verfahren hilfreich sein.



5. Notfallplan: Überlegen Sie, ob es kurzfristige Alternativen gibt, falls die Räumung tatsächlich vollzogen wird, wie z.B. bei Freunden oder Verwandten unterzukommen.



Es ist verständlich, dass Sie sich in einer sehr belastenden Situation befinden. Versuchen Sie, so schnell wie möglich rechtlichen Beistand zu finden, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Milad Ahmadi
Rechtsanwalt

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