Prozessunfähigkeit

| 7. März 2008 17:09 |
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Urheberrecht, Markenrecht, Patentrecht


Hallo,

ich habe jemanden auf Unterlassung verklagt. Im Vorfeld wurd emir von dem Anwalt der Gegenseite mitgeteilt, dass nicht der jetzige Beklagte die Handlungen begangen hat, sondern seine Tochter. Mir lagen jedoch eindeutige Beweise vor, dass der die Tat begangen hatte. Vor Gericht wurde nunmehr Beweis erhoben, dass der Beklagte prozessunfähig ist. Nun möchte ich nicht auf den Kosten sitzenbleiben und möchte gerne seine Tochter mit ins Boot nehmen. Wie komme ich da besonders kostengünstig wieder raus. Klagerücknahme kommt nicht in Frage. Eine Klageerweiterung wohl auch nicht, da die Tochter wohl sofort anerkennen würde.
Sehr geehrter Fragesteller,

vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern ausschließlich den Zweck hat, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten.

Nun zu Ihrer Frage bzw. Ihrem Anliegen.

Die ZPO sieht nur einen abschließenden Kanon von prozessualen Handlungsmöglichkeiten vor. Diese gilt es zu prüfen. Wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen, können Sie eben nicht "besonders kostengünstig" aus der Sache herauskommen und bleiben auf den Kosten sitzen. Das vorab.

Zunächst besteht hier nach Ihrer Schilderung das Problem, dass der Beklagte nach § 52 ZPO prozessunfähig ist. Da Prozesfähigkeit eine Prozessvoraussetzung ist, führt das Nichtvorliegen zu einer Abweisung der Klage als unzulässig.
Um dem zu entgehen, bliebe prozessual die Möglichkeit der Klagerücknahme nach § 269 ZPO mit der entsprechenden Kostenfolge (Eigene Kosten plus Kosten der Gegenseite, jedoch Gerichtsgebühr reduziert).
Ansonsten sieht die ZPO noch die Möglichkeit der Erledigungserklärung vor. Diese kann einseitig erfolgen. Dann läge eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO vor oder die Klage wird nach § 91a ZPO übereinstimmend für erledigt erklärt . Dann würde der Richter über die Kosten entscheiden. Beide Möglichkeiten kommen jedoch meiner Meinung nach Ihrer Schilderung folgend nicht in Betracht. Zur abschließenden Klärung bedürfte es der Einsichtnahme in Ihre Unterlagen.
Die Klageänderung ist in § 263 ZPO geregelt. Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Da eine Einwilligung nicht naheliegend erscheint, bedürfte es der Sachdienlichkeit.
Ob Sachdienlichkeit vorliegt, ist daran zu messen, ob hier eine sogenannte subjektive Klageänderung zulässig ist. In einem solchen Falle tritt ein neuer Beklagter an die Stelle der bisherigen Partei. Für den Fall der Prozessunfähigkeit findet sich eine Regelung in § 241 ZPO. Danach wird der Prozess unterbrochen, wenn eine Partei prozessunfähig wird, bis der gesetzliche Vertreter oder ein neuer Vertreter von seiner Bestellung dem Gericht Anzeige macht oder der Gegner seine Absicht, das Verfahren fortzusetzen, dem Gericht angezeigt und das Gericht diese Anzeige von Amts wegen zugestellt hat. D.h., dass Sie möglicherweise abwarten müssen, ob sich ein gesetzlicher Vertreter zu dem Prozess meldet.
Ansonsten bliebe nur der sogenannte Parteiwechsel, da Sie ja im Grunde einen neuen Beklagten nicht neben dem bisherigen sondern an seiner Stelle in den Rechtsstreit ziehen wollen.
Dieser Parteiwechsel ist jedoch nicht sachdienlich im Sinne des § 263 ZPO. Ihnen bliebe nur die Möglichkeit der Klagerücknahem mit der entsprechenden Kostenfolge und die Einreichung eines weiteren Schriftsatzes, welcher dann an die Tochter zugestellt würde. Ob diese die Möglichkeit hätte, nach § 93 ZPO sofort anzuerkennen müßte geprüft werden. Hierzu gibt Ihre Sachverhaltsschilderung keine Anhaltspunkte.
Insgesamt kann ich Ihnen nur raten, sich durch einen Kollegen vor Ort vertreten und beraten zu lassen. Ich hoffe Ihnen einen Überblick über die Rechtslage gegeben zu haben und bedaure, Ihnen keine günstigere Antwort geben zu können. Bei Nachfragen machen Sie bitte von der Möglichkeit Gebrauch, mir eine E-Mail zu schicken.

Mit freundlichen Grüßen
Carsten Dreier

Anhang

ZPO

§ 52 Umfang der Prozessfähigkeit
(1) Eine Person ist insoweit prozessfähig, als sie sich durch Verträge verpflichten kann.

§ 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache
(1) 1Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. 2Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) 1Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. 2Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. 3Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

§ 93 Kosten bei sofortigem Anerkenntnis
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

§ 241 Unterbrechung durch Prozessunfähigkeit
(1) Verliert eine Partei die Prozessfähigkeit oder stirbt der gesetzliche Vertreter einer Partei oder hört seine Vertretungsbefugnis auf, ohne dass die Partei prozessfähig geworden ist, so wird das Verfahren unterbrochen, bis der gesetzliche Vertreter oder der neue gesetzliche Vertreter von seiner Bestellung dem Gericht Anzeige macht oder der Gegner seine Absicht, das Verfahren fortzusetzen, dem Gericht angezeigt und das Gericht diese Anzeige von Amts wegen zugestellt hat.
(2) Die Anzeige des gesetzlichen Vertreters ist dem Gegner der durch ihn vertretenen Partei, die Anzeige des Gegners ist dem Vertreter zuzustellen.
(3) Diese Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn eine Nachlassverwaltung angeordnet wird.

§ 256 Feststellungsklage
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

§ 263 Klageänderung
Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

§ 269 Klagerücknahme
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) 1Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. 2Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. 3Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. 4Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) 1Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. 2Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. 3Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss.
(5) 1Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. 2Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
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