vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworten möchte:
Bei der Prüfung dieser Konstellation sollte man sich zunächst vergegenwärtigen, dass das Engagement für die Wiedereinführung des § 175 StGB von der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit gedeckt sein kann. Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass damit keine Diskriminierung erfolgt.
Der Schutz der Meinungsfreiheit ist auch dann gegeben, wenn die Meinung sich gegen einzelne Normen der Länder- bzw. Bundesverfassung stellt (bspw. ein erweiterter Art. 3 GG).
Strafbarkeit im Sinne des Strafgesetzbuches ist solange nicht gegeben, bis durch Art und Weise, in der sein Engagement erfolgt, nicht die Voraussetzungen des § 130 StGB erfüllt sind.
Ein verfassungsfeindliches Verhalten im engeren Sinne ist ebenfalls nicht erfüllt, weil der Ministerpräsident sich nicht gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung und auch nicht gegen das Bestehen seines Bundeslandes wendet.
Da die verschiedenen Länderverfassungen im Wesentlichen den Grundgesetz folgen, bleibe ich im Folgenden beim Grundgesetz:
Ein Amtsenthebungsverfahren (61 GG) müsste vom jeweiligen Landesparlament eingeleitet und vor dem Landesverfassungsgericht durchgeführt werden wird nur dann gelingen, wenn der Ministerpräsident vorsätzlich gegen die Verfassung verstoßen hat.
Dies kann wohl vertreten werden, da das bundespolitische Engagement für die Strafbarkeit der Homosexualität dem verfassungsrechtlichen Leitbild des Bundeslandes in jedem Falle widersprechen dürfte und dem Diskrimierungsverbot wohl in jedem Falle entgegen steht.
Allerdings bedarf ein Amtsenthebungsverfahren i.R. einer Zweidrittelmehrheit.
Eine Organklage (Art. 93 GG) benötigt nur das Vorliegen einer der dort aufgezählten Konstellationen.
Für einen zulässigen Antrag ist es jedoch erforderlich, dass der Antragssteller die Verletzung eigener, aus der Verfassung herleitbarer Rechte hinreichend geltend macht. Das dürfte nicht gegeben sein.
Erfolgsversprechend wäre daher am ehesten das Amtsenthebungsverfahren.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.
Mit freundlichen Grüßen
So wie ich sie verstehe, müsste also ein Ministerpräsident eines Landes im Bundesrat beim o.g Beispiel gegen die Vorlage stimmen, weil er sonst seine eigene Landesverfassung brechen würde.
Sie meinen ferner, dass ein Amtsenthebungsverfahren eine zwei Drittel Mehrheit benötigt.
Ein zweiter Weg wäre die Organklage, sie meinen aber, dass derjenige selbst betroffen sein muss, was meinen sie damit ?
Er wäre ja betroffen, wenn er diese rechte aus der Landesverfassung herleiten kann, gilt denn aber auch bei Landes Organklagen nur das Grundgesetz, wo ja der Diskriminierungsschutz nicht vorkommt ?
Meine zweite Frage wäre, ob selbst wenn bald ein Diskrimimierungsschutz im GG steht, der Antragsteller nur eine Organklage führen kann, wenn seine EIGENEN Rechte verletzt sind ?
Heißt das also in diesem Beispiel das nur ein homosexueller Abgeordneter die Organklage führen könnte ?
Ich persönlich wäre der Meinung, das der Ministerpräsident gegen die Vorlage stimmen müsste. Allerdings ist in solch einer paradoxen Konstellation freilich sehr viel Argumentationsspielraum gegeben. Rechtsprechung zu diesem Thema ist mir bisher nicht ersichtlich.
Das Amtsenthebungsverfahren gem. Art. 61 GG bedarf einer 2/3 Mehrheit. Die Misstrauensvoten, die auch in Landesverfassungen geregelt sind, bedürfen einer einfachen Mehrheit (bspw. Art. 86 Verfassung des Landes Brandenburg). Sie haben auch andere Voraussetzungen.
Bei einem Organstreitverfahren müssen die Rechte des Verfassungsorgans als solches betroffen sein. Die sexuelle Orientierung, Herkunft, Religion des Abgeordneten betreffen nicht das Amt, sondern die Persönlichkeit des Abgeordneten. Daher wird ein Organstreitverfahren insgesamt nicht zulässig sein.
Bitte beachten Sie, dass eine solch paradoxe Problemlage, die so viele Verfassungsgüter und Verfassungsorgane berührt, hier nur im Rahmen einer groben Orientierung beantwortet werden kann.