Krankentagegeld u. BU-versicherung sowie Zumutbarkeit Obliegenheitspflichten
| 23. April 2022 17:02
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Preis:
120,00 €
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Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht
Meine Frau ist bereits seit Januar 2021 ununterbrochen arbeitsunfähig geschrieben und bezieht nach Ende der Lohnfortzahlung Anfang März 2021 Krankengeld der gesetzlichen Versicherung.
Zudem hat sie eine private Krankentagegeldversicherung, die ebenfalls seit Ende der Karenzzeit von 6 Wochen ab Anfang März bezahlt.
Meine Frau hat zudem eine Berufsunfähigkeitsversicherung, die in Ihren Vertragsbedingungen festgelegt hat, dass die Berufsunfähigkeit vorliegt, "wenn die versicherte Person infolge von Krankheit....., die ärztlich nachzuweisen ist, bereits sechs Monate außerstande gewesen ist, ihren versicherten Beruf auszuüben.....
Aufgrund der Versicherungsbedingungen haben wir ebenfalls einen Antrag bei der Berufsunfähigkeitsversicherung gestellt der auch bewilligt wurde. Gemäß den Bedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherung, gilt "der beschriebene Zustand von Beginn an als Berufsunfähigkeit". Aus diesem Grund die Berufsunfähigkeitsversicherung die Rente ab Beginn der Krankschreibung (hier wurde auf den vollen Monat gerundet und ab 1. Februar 2021) bezahlt.
Bei meiner Frau wurde aus medizinischer Sicht weder eine Erwerbsunfähigkeit noch eine Berufsunfähigkeit festgestellt. Auch eine Rehamaßnahme im September 2021 hielt meine Frau noch grundsätzlich für arbeitsfähig, auch wenn sie zunächst noch arbeitsunfähig aus der Reha entlassen wurde.
Nachdem sich der Gesundheitzustand weiterhin nicht verbessert, haben wir jetzt im Februar 2022 einen Antrag auf Erwerbsminderungrente gestellt, über den noch nicht entschieden ist.
Ich habe hier bereits mehrere Artikel gelesen und zur Kenntnis genommen, dass ein Bezug von Krankentagegeld und BU-Rente gleichzeitig sich ausschließen würden.
In der Argumentation und den genannten Gerichtsurteilen stützten sich die Versicherungen jedoch immer auf den Eintritt der Berufsunfähigkeit mit den Ausschlüssen nach § 11 i.V.m §15 der allgemeinen Bedingungen für die Krankentagegelder.
Wie bereits geschrieben, liegt die Berufsunfähigkeit jedoch nicht vor. Die Berufsunfähigkeitsversicherung hat nur bezahlt, weil sie einen Zustand von länger als 6 Monaten Arbeitsunfähigkeit bereits als Berufsunfähigkeit annerkennt.
Muss meine Frau nun mit einer Rückzahlungsforderung ab Beginn der Zahlungen der Krankentageldversicherung rechnen, obwohl gar keine Berufsunfähigkeit vorliegt?
Reicht die Zahlung der Berufsunfähigkeitsversicherung allein als Indiz für die Krankentageldversicherung aus, um das Krankentageld zurück zu fordern? Dies würde die Versicherung ad absurdum führen, da dadurch die Versicherungsleistung immer entfallen würde, sofern eine Krankheit länger als 6 Monate andauert. Das wurde sicher so nicht in der Beitragskalkulation berücksichtigt.
Falls nach Feststellung der Rentenversicherung ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente besteht, dürfte der Rückerstattungsanspruch ab Bewillungszeitpunkt der Rente unstrittig sein.
Wie sieht es hier mit einer Teilerwerbsminderungsrente aus, wenn weiterhin eine vollständige Arbeitsunfähigkeit besteht und nur eine Teilrente bezahlt wird?.
Dann hätten wir noch gerne eine Auskunft zum Thema der Obliegenheitspflichen nach § 9 Abs. 3 (Vertrauensarztuntersuchung). Zu diesem Thema konnte ich leider keine Ausführungen oder Rechtsprechung finden. Da die Regelung sehr allgemein gehalten ist, stellt sich für uns die Frage, ob der Versicherungsnehmer hier absolut vogelfrei und der Willkür der Versicherung ausgeliefert ist, oder ob es Grenzen der Sittlichkeit bzw. Zumutbarkeit gibt?
Meine Frau hat aufgrund ihrer langen Krankheit bereits im November 2021 u. Januar 2022 entsprechende Termine über sich ergehen lassen müssen. Es wurde jeweils die Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Die Versicherung hat uns die "Gutachten" auf Anforderung übersandt. Daraus ergibt sich, dass Nachuntersuchungen in einem Zeitraum von größer 8 Wochen vorgeschlagen werden.
Am 06.04.2022 wurde eine erneute Begutachtung angeordnet, der meine Frau auch gefolgt ist. Da sie aufgrund starker Medikation (morphiumhaltiger Schmerzmittel) nicht fahrtüchtig ist, habe ich sie dorthin begleitet. Leider mussten wir vor Ort feststellen, dass der Arzt nicht zugegen war, weil es wohl ein Abstimmungsproblem zwischen Versicherung und Arzt gegeben hat.
Wir haben daraufhin die Versicherung davon sowohl direkt vor Ort als auch schriftlich darüber informiert, dass aus unserer Sicht der Termin stattgefunden hat und das keinesfalls zu Lasten meiner Frau gehen kann.
Die Versicherung hat nun nur rund 3 1/2 Wochen später einen Ersatztermin angeordnet.
Wir haben bereits um Terminverschiebung gebeten, da zum einen ich an diesem Termin meine Frau nicht begleiten kann und zum zweiten meine Frau selbst zeitgleich einen Krebsvorsorgetermin vereinbart (bereits Monate im Voraus) hat.
Das alles interessiert die Versicherung jedoch nicht und besteht auf den Termin.
Hier stellt sich für uns die Frage, wann überschreitet die Versicherung die Grenze der "guten Sitten", ab wann kann man sich dagegen wehren? Gegen die Anordnungen an sich lässt sich nicht aussetzen. Wir stören uns aber an folgenden Punkten:
- Die Terminfestsetzung erfolgt oft mit wenigen Tagen Ankündigungsfrist (jetzt sind es 7 Werktage), wodurch es schwerfällt den Termin zu "organisieren" (wir haben unseren Versicherer deshalb bereits erlaubt, trotz Verstoß gegen das BDSG, den Schriftverkehr per Mail unverschlüsselt zu senden, um die Postlaufzeiten nicht zu verlieren (wir wohnen im grenznahen Ausland und haben daher Postlaufzeiten von 1 bis 5 Werktagen länger als im innerdeutschen Postversandt).
- Der Termin vom 06.04. soll kurzfristig jetzt am 02.05. nachgeholt werden, obwohl das Verschulden beim Versicherer lag. Meine Frau ist ihren Obliegenheiten nachgekommen. Außer einer Entschuldung gab es kein Entgegenkommen von der Versicherung. Immerhin ist es auch die Zeit die für uns (auch für mich, da ich ja meine Frau fahre) verloren geht.
- In den Ankündigen heißt es immer "Die Untersuchungs- sowie etwaige Fahrtkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln übernehmen wir". Ist dies überhaupt mit dem Verbraucherrecht vereinbar. Erst auf aktives Nachfragen wird die Kostenübernahme der Fahrt mit dem eigenen PKW zugesagt. Das hat dazu geführt, dass wir für den ersten Termin gar keine Fahrtkosten abgerechnet haben, weil wir das nicht wussten (haben wir zwischenzeitlich aber nachgefordert und erhalten). Falls dies aus Verbraucherrechtssicht bedenklich ist, würde ich das gerne bei einer Verbraucherzentrale oder der Bafin einreichen, da wir uns darüber zwar schon schriftlich beschwerd hatten, die Versicherung aber ihre "Standardbriefe" nicht geändert hat (wenn das Hunderten von Versicherten so geht, dann sparen die sich einen Haufen an Fahrtkosten).
- Die Arzttermine finden in einer Entfernung von 50km statt, tw. am späten Nachmittag (18:30, 17:00), so dass wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln den Termin gar nicht erreichen können, da wir auf dem Land und dann noch im benachbarten Ausland wohnen. Auch das erreichen an sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln würde eine Reisedauer von mindestens 2 Stunden erfordern (einfacher Weg) und wäre für einen kranken Menschen eine erhebliche Belastung.
- beim letzten Termin wurde eine Dokumentation des behandelnden Arztes verlangt und hierfür ein Fragekatalog ausgehändigt. Einen Hinweis darauf, wer die Kosten für das Ausfüllen des Fragekatalogs übernimmt, gab es in dem Schreiben nicht. Wir vermuten nun, dass es der behandelnde Arzt mit der gesetzlichen Krankenkasse als Leistung abgerechnet hat. Auch diese Vorgehensweise halten wir für bedenklich, da durch fehlenden Hinweis, der Versicherer eine Menge Geld spart.
Einsatz editiert am 25.04.2022 14:46:43
Einsatz editiert am 26.04.2022 08:27:21
Eingrenzung vom Fragesteller
25. April 2022 | 11:44
1. Frage:
Kann ein Krankentagegeld u. Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente gleichzeitig erfolgen, wenn der Bezug der Berufsunfähigkeitsrente aufgrund einer AU-Klausel im Vertrag erfolgt (Zahlungen ab 6 Monate AU) und bisher gar keine Berufsunfähigkeit festgestellt wurde.
2. Frage:
Wo liegen die moralischen und sittlichen und ggf. juristischen Grenzen für sogenannte Vertrauensärztliche Untersuchungen die nach § 9 Abs. 3 der allgmeinen Bedingungen für das Krankentagegeld angeordnet werden in Bezug auf:
- Ankündigungsfristen
- Festlegung von Ersatztermin, wenn ein festgelegter Termin durch Verschulden des Versicherers nicht zustande kam
- Hinweispflichten bezüglich der Kostenübernahme für die Fahrtkosten (hier nur Hinweis auf Erstattung mit öffentlichen Verkehrsmitteln) und Kosten von etwaig vom behandelnden Arzt auszufüllenden Fragebögen
- Entfernungen zum Wohnort und Unerreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln (wichtig da eingeschränkte Fahrtüchtigkeit)