Kostenübernahme Rohrreiniger durch Tiefbauer nach vergessenem Toilettenanschluss

| 26. Juli 2025 11:17 |
Preis: 35,00 € |

Vertragsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Guten Tag,

beim Neubau unseres Einfamilienhauses wurde vom Tiefbauer 1 Toilette nicht angeschlossen.

Dies bemerkten wir erst 1 Monat nach dem Einzug, als diese überlief. Um die vermeintlich verstopfte Toilette frei machen zu lassen beauftragten wir einen Rohrreiniger.

Der Tiefbauer war nach Feststellung des Schadens bzw. der Ursache schnell vor Ort und schloss die Toilette ordnungsgemäß an, weigert sich aber die Kosten des Rohreinigers zu übernehmen (2.200 EUR).

Seine Versicherung lehne den Schadensfall ab, da wir nicht direkt einen Rohrreiniger sondern zuerst den Tiefbauer hätten kontaktieren müssen.

Als Laie ist diese Begründung für mich völlig unverständlich, da ich dazu ja direkt davon ausgehen hätte müssen, dass die Toilette nicht angeschlossen ist. Wenn eine Toilette nicht abläuft, ist es für mich der logische nächste Schritt einen Rohrreiniger zu beauftragen, und nicht zu vermuten, dass das beauftragte Fachunternehmen einfach vergessen hat, sie anzuschließen.

Anbei die Antwort des Tiefbauers auf unsere Forderung:

(...)
Zunächst möchten wir festhalten, dass uns zu keinem Zeitpunkt eine Information über den von Ihnen behaupteten Mangel erreicht hat, noch erfolgte eine Aufforderung zur Mangelbeseitigung. Unser Unternehmen – bzw. mein Ehemann, der das Projekt betreut hat – wurde zu keiner Zeit über den vermeintlichen Anschlussfehler in Kenntnis gesetzt. Stattdessen haben Sie unmittelbar externe Dritte beauftragt, ohne uns Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben.

Sie haben selbst veranlasst, dass Ihre Gemeinde in Abstimmung mit Ihrer Seite bereits umfassende Ursachenforschung betrieben, die sich über mehrere Stunden hinzog. Wir dagegen hätten, wären wir ordnungsgemäß informiert worden, die Ursache in kurzer Zeit und mit geringem Aufwand selbst identifiziert.

Insofern liegt ein klarer Verstoß gegen Ihre Verpflichtung zur Mangelanzeige gemäß § 13 Abs. 5 VOB/B bzw. § 634 Nr. 1 i.V.m. § 636 BGB vor. Eine eigenmächtige Beauftragung eines Rohrreinigungsunternehmens ohne vorherige Information an uns, verbunden mit der Geltendmachung von Kosten, die wir weder beeinflussen noch kontrollieren konnten, ist rechtlich nicht haltbar. Wir sehen uns daher nicht verpflichtet, die Rechnung zu übernehmen.
(...)

Vielen Dank für eine Beurteilung!
MFG CR
26. Juli 2025 | 11:55

Antwort

von


(2757)
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
E-Mail: info@jan-wilking.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Nach Ihrer Schilderung liegt der Fall so, dass beim Neubau Ihres Einfamilienhauses eine Toilette durch den Tiefbauer nicht angeschlossen wurde. Sie bemerkten dies erst nach einem Monat, als die Toilette überlief. In der Annahme einer Verstopfung beauftragten Sie einen Rohrreiniger, der die Ursache nicht beheben konnte. Erst nach Einschaltung des Tiefbauers wurde der Anschluss fachgerecht hergestellt. Der Tiefbauer verweigert nun die Übernahme der Kosten für den Rohrreiniger mit der Begründung, Sie hätten ihn zuerst zur Mangelbeseitigung auffordern müssen.



Rechtliche Einordnung:



1. Werkvertrag und Mängelrechte

Zwischen Ihnen und dem Tiefbauer besteht ein Werkvertrag (§ 631 BGB). Wird das Werk mangelhaft hergestellt, stehen Ihnen die Mängelrechte nach § 634 BGB zu. Dazu gehört insbesondere das Recht auf Nacherfüllung (§ 635 BGB), aber auch Schadensersatzansprüche (§ 634 Nr. 4, § 280 BGB).



2. Obliegenheit zur Mangelanzeige und Nachbesserung

Grundsätzlich muss dem Unternehmer (hier: Tiefbauer) die Möglichkeit zur Nacherfüllung gegeben werden, bevor Sie auf eigene Kosten Mängel beseitigen lassen und Ersatz verlangen können. Dies ergibt sich aus § 634 Nr. 1 i.V.m. § 636 BGB.

Allerdings gibt es Ausnahmen:

Wenn Sie als Auftraggeber den Mangel nicht erkennen konnten und zunächst von einem anderen, naheliegenden Defekt (hier: Verstopfung) ausgehen mussten, ist es Ihnen nicht zumutbar, sofort den Tiefbauer zu informieren. Vielmehr ist es nachvollziehbar, dass Sie zunächst einen Rohrreiniger beauftragen, um die vermeintliche Verstopfung zu beseitigen. Erst als sich herausstellte, dass die Toilette gar nicht angeschlossen war, wurde der Tiefbauer eingeschaltet.



3. Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Ursachenforschung

Nach der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur sind die Kosten, die zur Feststellung der Schadensursache erforderlich und angemessen sind, grundsätzlich erstattungsfähig.


Auch die Kosten für die Ermittlung des Mangels sind nach § 635 Abs. 2 BGB erstattungsfähig, soweit sie angemessen sind.



4. Angemessenheit der Beauftragung eines Rohrreinigers

In Ihrem Fall war es für einen Laien nicht erkennbar, dass die Toilette nicht angeschlossen war. Das typische Schadensbild (Toilette läuft über) spricht zunächst für eine Verstopfung. Die Beauftragung eines Rohrreinigers war daher sachgerecht und angemessen.

Erst nachdem der Rohrreiniger die Ursache nicht beheben konnte, wurde der eigentliche Mangel (fehlender Anschluss) festgestellt.

Die Kosten für die Beauftragung des Rohrreinigers sind daher als notwendige Aufwendungen zur Feststellung und Beseitigung des Mangels anzusehen und vom Tiefbauer zu ersetzen.



5. Kein Ausschluss des Anspruchs wegen unterlassener Mangelanzeige

Ein Anspruchsausschluss wegen unterlassener Mangelanzeige greift hier nicht. Sie haben nicht bewusst den Tiefbauer von der Mangelbeseitigung ausgeschlossen, sondern sind einem naheliegenden Irrtum (Verstopfung) aufgesessen.



6. Höhe der Kosten

Die Erstattungsfähigkeit bezieht sich auf die "erforderlichen" und "angemessenen" Kosten. Es empfiehlt sich, die Angemessenheit der Rechnung (2.200 EUR) ggf. durch Vergleichsangebote oder Sachverständigengutachten zu belegen, falls der Tiefbauer die Höhe bestreitet.



Fazit:

Sie haben gegen den Tiefbauer einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Rohrreiniger, da diese zur Feststellung und Beseitigung des Mangels erforderlich und angemessen waren. Die Tatsache, dass Sie nicht sofort den Tiefbauer informiert haben, steht dem Anspruch nicht entgegen, da Sie als Laie zunächst von einer Verstopfung ausgehen durften. Die Argumentation des Tiefbauers und seiner Versicherung ist daher rechtlich nicht haltbar.



Sie sollten Ihre Forderung unter Hinweis auf die oben genannten Grundsätze und die einschlägigen Vorschriften (§§ 634 Nr. 4, 280, 249 BGB) sowie die Erstattungsfähigkeit von Feststellungskosten (vgl. Dokument 1 und 8) nochmals schriftlich geltend machen. Fordern Sie den Tiefbauer auf, die Haftung dem Grunde nach anzuerkennen


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

Bewertung des Fragestellers 28. Juli 2025 | 23:10

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